Cinquante-Sept - Des cadeaux

449 32 6
                                    

Im Esszimmer setzte ich mich wieder neben Harry und nahm einen vollgeladenen Teller entgegen. «So, wir sind wieder vollzählig und Eric, Elaine und Dennis wollen etwas sagen!» Ich streichelte Chico, dessen Kopf sich auf meine Beine geschmuggelt hatte, und schaute auf, als sich jemand räusperte. Sie alle drei sahen mich direkt an und ich verschluckte mir einen Kommentar zu Tick, Trick und Track.

«Wir wollten uns bei dir, Sofia, und bei dir, Harry, entschuldigen. Wir wollten euch nicht verletzen.» - «Wir sind neugierig und wollen Harry vor falschen Schlampen schützen.» - «Keine solche Worte in meinem Haus», warnte Anne scharf und Elaine schloss sofort den Mund, während Harry die Augen rollte. «Ihr hattet kein recht dazu, immer noch nicht. Es ist meine Sache, mit wem ich etwas anfange und mit wem nicht. Ihr kennt weder ihre Geschichte noch auch nur einen Teil UNSERER Geschichte. Ihr wisst nicht, wieso sie sich durch mehrere Operationen quälen musste, oder wieso im Gericht war. Ihr urteilt, ich weiss das. Lasst das einfach, sonst habt ihr nichts mehr bei mir zu suchen.» - «Harry!», zischte Anne, während Gemma zufrieden grinste.

«Ist okay», sagte Dennis kleinlaut und setzte sich rasch wieder hin. Das Essen verlief fortan ziemlich harmonisch und als wir uns noch etwas zum Christbaum setzten, fand ich, dass etwas Rache gestattet sei. Deshalb schickte ich Chico los – und er klaute heimlich ihre Handys, die er mir brachte. Harry hatte bemerkt, was ich tat, doch er schüttelte nur den Kopf und half Chico sogar, die Handys im Sofa zu verstecken. Mein Hund stolzierte von da an mit geschwellter Brust durch den Raum und holte sich überall Streicheleinheiten ab, ehe er sich dran machte, mit der Katze Freundschaft zu schliessen.

Während Robin und Mike die Kerzen anzündeten machten Harry und ich es uns zusammen bequem auf dem Sofa; Gemma und Michal setzten sich neben uns. «Was für ein Abend», seufzte Gemma und zwickte ihren Bruder in die Nase, woraufhin der schnaubte und ihre Hand wegschlug. Ich hob eine Augenbraue, ehe ich Gemma in den Bauch piekste. «Lass mein Harold-Baby in Ruhe», scherzte ich und sie hob eine Augenbraue. «Harold? Das darf nur Louis sagen.» - «Und Fee.» - «Woher kommt der Name Fee?», wollte Michal interessiert wissen.

«Louis. Naja, wir haben... Sofia brutal versetzt und sie war zurecht stocksauer, hat uns auf einem Ausflug eine Nacht lang ignoriert, obwohl wir im selben Zelt geschlafen haben und sie fast verfroren ist, doch am nächsten Morgen stritten wir offen weiter und Louis wurde ebenfalls wütend und lief weg. Sie wollte sich entschuldigen und folgte ihm, kippte dann aber fast in einen Bach, wovor Louis sie aber bewahrte – und schon war wieder alles gut. Dort gab Louis ihr den Spitznamen und sie nennt ihn... Louveteau, richtig?» - «Korrekt», nickte ich und lächelte leicht. «Das ist französisch für ... Wolf?» - «Wolfswelpen», korrigierte ich und schaute Michal erstaunt an. «Du sprichst Französisch?» - «Ich hab's mal ein Semester lang sogar an der Uni belegt.» - «Oh, das freut mich», grinste ich und wurde von zwei Armen nach hinten gezogen. «Ich bin dein Freund und du musst mit mir reden», schmollte Harry und vergrub seine Nase hinter meinem Ohr. Ich runzelte belustigt die Stirn. «Riecht's da hinten besonders gut, oder wie?» - «Hm.»

Meine Augenbraue wanderte in die Höhe und ich musste lachen, ehe ich mich an ihm anlehnte. «Du bist manchmal ein Idiot», flüsterte ich ihm zu und er streckte mir die Zunge raus, ehe er mir einen Kuss auf die Stirn gab. Zusammen beobachteten wir, wie sich die Leute gegenseitig Dinge zusteckten – Harry hatte seine Geschenke einfach angeschrieben und hingelegt. Die faule Variante. Der Tannenbaum war leider nicht echt, auch die Kerzen nicht – doch in England war das hier üblicher und vielleicht auch umweltfreundlicher. Wahrscheinlich wollte man auch einfach nicht halb England leerholzen.

«Jetzt singen wir! Wer spielt Gitarre?» - «Harry!»

Ich drehte mich amüsiert zu Harry um, der das Gesicht verzog und grunzte. «Können wir nicht Sofia ans Klavier setzen? Geht einfacher.» - «Du spielst Klavier?» - «Ja, naja, so ein bisschen halt.» - «Sie spielt sehr gut und hätte es sogar studieren können», petzte Gemma und ich funkelte sie an. «Na los, spiel uns etwas, Schätzchen!», rief Harrys Grossmutter und lächelte mich erwartungsvoll an. Ich zögerte kurz, da schob Harry mich sanft in die Höhe, erhob sich ebenfalls und schob mich, die Hände in meiner Taille, zu einem Klavier, das in der Ecke stand.

Kursänderung Where stories live. Discover now