Sechsundzwanzig

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Jin

Zufrieden schlenderte ich nach Hause. Ich hatte es nicht eilig, mein Termin bei BigHit war erst am Abend und außerdem hatte ich beschlossen, die kleinen Dinge im Leben mehr wert zu schätzen. Das hieß nicht nur, sich zeit zu lassen, sondern auch zu essen, wenn mir etwas angeboten wurde und es auch drin zu behalten. Darum hatte ich mich bis jetzt noch erfolgreich drücken können. Ich hatte einfach alle menschlichen Kontakte so gut es ging gemieden, und war soweit glücklich damit.

Völlig in Gedanken versunken bemerkte ich die fremde Person erst, als es fast zu spät war und ich beinahe in sie reingelaufen wäre. Vor mir stand ein junger Mann und ich musste hochschauen, um ihm ins Gesicht sehen zu können. Ich murmelte eine Entschuldigung und wollte mich an ihm vorbei dängen, doch er hielt mich grob am Arm fest.

„Du siehst aus wie ein Schüler. Weißt du zufällig, wer Namjoon ist?" Skeptisch betrachtete ich sein Gesicht. Er hatte eingefallene Wangen, tiefe Augenringe und generell sah er ziemlich kränklich aus. „Warum?" fragte ich. Er schien mir suspekt. Woher kannte dieser Mann Namjoon? „Also ja. Wo wohnt er?" Perplex starrte ich ihn an. „Warum..." - „Wo er wohnt frage ich!" Ängstlich versuchte ich meinen Arm zu befreien. „Ich weiß es nicht!" log ich und hoffte, er würde es schlucken. Genervt seufzend wandte er sich von mir ab.

Als hätte man ihn ausgetauscht lächelte er plötzlich und sah mich wieder an. „Tut mir leid, meine Nerven sind mit mir durchgegangen. Ich habe ihn schon so lange nicht gesehen, da wollte ich ihn mal wieder besuchen. Er wohnt doch hier in der Nähe, richtig?" Er lockerte seinen Griff ein wenig, ließ mich aber nicht los. Verunsichert brachte ich nur ein Nicken zustande. „Sehr schön! Und du bist...?" Fragend sah er mich an. „M...Min Yoongi." platzte es aus mir heraus und ich fühlte mich, als hätte ich meinen besten Freund verraten. Ich schwor mir, mich sofort bei Yoongi zu entschuldigen. Ich wollte diesem Kerl einfach nicht verraten, wie ich hieß. „Und du?" fragte ich schüchtern. „Kang Sangwoo." sagte er mit einem lieben lächeln, das mir meine Unsicherheit ein wenig nahm. „Es tut mir noch mal aufrichtig leid, was gerade passiert ist. Es ist nur so, dass meine Nerven..." traurig sah er zu Boden. „Ich habe Namjoon so lange nicht gesehen, weißt du. Er war mein ein und alles, mein Fels in der Brandung. Ich liebe ihn und er liebt mich. Die Zeit hat uns leider auseinander gebracht..."

Was? Liebe? Geschockt wich ich etwas zurück. „Ihr seid zusammen?" quiekte ich erschrocken. Er nickte. „Ich bin hergekommen, um das zu klären. Entweder wir werden uns trennen, oder für immer zusammen sein." Er lächelte verträumt und gab meinen Arm endgültig frei.

Eine kleine Welt brach in mir zusammen. Ich wusste nicht, was mich mehr mitnahm. Die Tatsache, dass Namjoon schwul war, oder, dass er einen Freund hatte. Das schlimmste war aber, dass ich nicht mal wusste, warum.

Schnell und vollkommen verwirrt suchte ich das Weite. Es kostete mich viel Kraft, noch einmal einen Blick zurück zu werfen, doch als ich die Straße nach dem Fremden absuchte, war er nicht mehr zu finden.

Heißhunger | Namjin✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt