Kapitel 6

4.8K 241 4
                                    

"Sam! Wie lange brauchst du denn noch?", rief meine Mutter die Treppe zu mir hoch. Es war bereits 20 Uhr und ich hatte erst ungefähr die Hälfte fertig. Dieser dämliche Raum war so riesig und voll gemüllt!

"Dauert noch", stöhnte ich als Antwort.

"Komm runter und iß was.", sagte sie und ich gehorchte mit dem größten Vergnügen.

"Ich denke, du hast deine Lektion gelernt", meinte sie, als ich hungrig meine Nudeln in mich rein stopfte. Das Jannis eigentlich auch mit runter hätte kommen müssen, bedachte sie wohl nicht.

Aber plötzlich, als könnte sie Gedanken lesen: "Wo ist eigentlich dieser Junge?"

"Nachdem er mich belästigt hat, ist er aus dem Fenster geklettert", erwiderte ich wahrheitsgemäß. Schockiert sah sie mich an, aber ich zuckte nur meine Schultern und stellte mein Geschirr in die Spülmaschiene.

"Ich geh mal in mein Bett", sagte ich und streckte mich gähnend. "Nacht". Langsam schlurfte ich die Treppe hoch und in mein Zimmer. Das ganze Aufräumen war anstrengender als man denken konnte. Müde sackte ich auf mein Bett und schloss die Augen. Schon nach wenigen Minuten sank ich in einen Traum losen Schlaf.

xxxxxxxxxxxxxxxxx

"You took my hand. You showed me how. You promisted me you'll be around. Aha, that's right...", sang Pink mich wach. Verschlafen rieb ich meine Augen, schnappte mir von dem Lied weiter begleitet meine Unterwäsche und ging duschen. Das warme Wasser prasselte angenehm auf meine Haut und ich schloss die Augen. Nach einer Weile drehte ich das Wasser ab, trocknete mich ab und schlüpfte in meine schwarze Unterwäsche. Im Spiegel sah ich wieder den Knutschfleck von Jannis, wie auf Kommando brannte er auf einmal wieder. Shit, den durfte niemand sehen! Mit schnellen Schritten tapste ich zu meinem Schminktischchen und schnappte meinen Abdeckstift. Den Schmerz unterdrückend, schmierte ich mir das Zeug um den Hals und hoffte, dass es half. Zehn Minuten später begutachtete ich stolz mein Werk. Man sah ihn zwar noch ein bisschen, aber mit einem dünnen Tuch, sollte es zu verdecken sein. Ich lief zu meinem Kleiderschrank, es sollte heute warm werden, also schlüpfte ich in dunkle Jeans Hot Pens und ein weißes Top. Meinen Hals verdeckte ich mit einem dünnen türkisem seidigen Tuch, das die letzten Ränder abdeckte. Dann schnappte ich mir meine Tasche und lief die Treppe runter.

"Guten Morgen", begrüßte ich Mama lächelnd und nahm mir einen Apfel.

"Warum so gut drauf?", fragte sie misstrauisch.

"Ich habe absolut keine Ahnung", strahlte ich, gab ihr einen Kuss auf die Wange und verließ das Haus. Auf dem Weg zur Schule summte ich eine kleine Melodie und guckte ob ich eine neue Nachricht auf meinem Handy hatte. Meine gute Laune verflog schlagartig, als ich sie sah. Es waren zwei Smsen. Eine von Jannick und eine von unbekannt. Ich öffnete erst die unbekannte: "Du siehst scharf aus, wenn du in Unterwäsche versuchst meinen Knutschfleck zu verdecken" . Ein kalter Schauer lief mir den Rücken runter. Spannerte der jetzt auch noch bei mir? Und noch wichtiger: Was hatte er schon gesehen? Leicht zittrig öffnete ich die Nachricht von Jannick, ich brauchte etwas positives, was ich leider nicht fand: "Komm bitte vorm Unterricht hinter die Kunsträume, wir müssen reden"

Wir müssen reden. Dieser Satz brachte nie was gutes mit sich. Wir kannten uns keine Woche und waren nur einmal ausgegangen, er konnte mich doch nicht jetzt schon abschießen! Als ich an der Schule ankam ging ich zu dem Platz, an den Jannick mich bestellt hatte und fand diesen dort vor Wut rauchend stehen.

"Was ist denn mit dir los?", fragte ich unsicher, aber er antwortete nicht, sondern kam nur auf mich zugestürmt und zog mir mein Tuch vom Hals.

"Was soll den das?", fauchte ich ihn an und riß mein Tuch wieder an mich, um es wieder um den Hals zu wickeln.

"S-sorry", stammelte er und sah zu Boden. "Jannis kam gestern hämisch nach Hause und hat mir erzählt, ihr hättet wild rum gemacht. Als Beweis solle ich mir den Knutschfleck an deinem Hals ansehen. Mir ist klar, dass wir uns noch nicht lange kennen, aber ich mag dich zu sehr, als dass ich dich von meinem Bruder weg nehmen lassen könnte. Er war so überzeugend, ich.. ich.."

"...du hast ihm natürlich mehr geglaubt", beendete ich den Satz für ihn. Zögernd sah er auf und nickte verlegen.

"Kann ich verstehen", meinte ich. "Immerhin kennst du mich wirklich noch nicht lange, ich könnte auch irgendein Flittchen sein, das dich nur ausnutzt." Als er schwieg fuhr ich nach kurzem Zögern fort: "Aber ich muss auch ehrlich sein, da ist ein Knutschfleck."

"Was?!", schockiert starrte er mich an.

"Aber der kommt nicht von irgendwelchem Rumgemache mit Jannis", sagte ich, aber er ließ mich nicht ausreden, sondern verschwand so schnell es ging. Shit!

"Jannick!", rief ich ihm hinterher, aber er drehte sich nicht um und rannte weiter. Nicht zur Schule sondern anscheinend nach Hause.

"Was regte der sich so auf? Wir sind nur einmal ausgegangen und haben uns doch nicht die ewige Treue geschworen!", versuchte ich mich leise zu beruhigen, aber ich hatte ein schreckliches Gewissen. Nachdenklich auf der Lippe nagend, ging ich langsam in die Schule.

"Ah, Samanta, schön dass du uns auch mit deiner Anwesenheit beehrst.", sagte Herr Walner, als ich in den Klassenraum lief.

"Jaja", murmelte ich und ließ mich auf meinen Platz fallen.

"Was bist du heute aber gut drauf!", grinste Jannis sarkastisch.

"Halt deine dämliche Fresse!", fuhr ich ihn an, Wut gegen ihn loderte heiß in mir auf. "Du bist so ein Arschloch!", dass meine Stimme immer lauter wurde und ich von allen in der Klasse und unserem Lateinlehrer angegafft wurde, war mir sowas von egal, ich musste meinem Ärger Luft machen. "Von Anfang an musstest du mich belästigen, es gibt doch genug Mädchen, die ohne Hemmungen mit dir in die Kiste springen würden, warum lässt du dann mich nicht in Ruhe? Ich bin mit Sicherheit eine der wenigen, die es nicht tun würden, also lass gefälligst mal von mir ab! Du gehst mir so extrems auf den Geist und sabotierst auch noch das Verhältnis zwischen Jannick und mir! Du hast es echt fertig gebracht, dass ich dich innerhalb von nicht mal einer Woche abgrundtief und unwiderruflich hasse! Ich hasse dich und will nicht eins deiner Betthäschen sein, schnall es doch mal!". Schwungvoll schwang ich meine Tasche über die Schulter und wollte dramatisch den Raum verlassen, wie in schlechten Filmen, in denen es Lehrern völlig egal war, ob die Schüler einfach schwänzen. Aber leider war ich in keinem schlechtem Film.

"Samanta Lop! Bleib sofort stehen!", befahl die Stimme meines Lehrers auf einmal, kaum war ich an der Tür angelangt. Ich schoss widerwillig herum.

"Setz dich auf deinen Platz und ich möchte, dass du nach der Stunde noch hier bleibst!", sagte Herr Walner streng und fuhr mit seinem Unterricht fort. Seufzend sank ich auf den Stuhl und ließ meine Tasche wieder neben mir auf den Boden knallen. Von der Seite spürte ich Jannis' Blick auf mir.

"Was?!", fauchte ich. "Hab ich dir meine Meinung noch nicht klar genug gemacht?" Er sagte nichts, sondern starrte mich nur weiter an. Genervt wandt ich meinen Kopf und sah angestrengt zur Tafel, konnte mich aber nicht konzentrieren, meine Gedanken schweiften immer wieder zu Jannick und der Frage, wie ich mich mit ihm vertragen konnte. Dazu kam mein immer noch wachsenser Hass auf Jannis, irgendwie musste ich mich an ihm für alles rächen! Aber wie? Ich überlegte lange, doch da klingelte es schon zur Pause.

The Bad Boy TwinsWhere stories live. Discover now