30. Kapitel📚

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Als die Dämmerung vorüber ist und die Nacht einsetzt, kommt Tyran zurück. „Wir müssen gehen, Ayla", murmelt er und weist zur Türe. Ich schlucke meine Furcht herunter und erhebe mich vom Bett. Ich habe gar nicht gemerkt, wie nervös ich inzwischen geworden bin. Ich habe zittrige Knie und es ist mir flau im Magen. Was erwartet mich jetzt?

Schweigend gehe ich neben Tyran die Treppenstufen hinab, Kyle ebenfalls stumm hinter mir. Es ist verdächtig still in der Burg und das Einzige, das etwas Leben vermittelt, sind die Kerzenflammen, die unruhig flackern.

Als Tyran die Türe zum königlichen Saal öffnet, wird mir klar, warum man in der Burg keinen Ton gehört hat. So wie es aussieht, hat sich der gesamte Satariclan hier versammelt. Sogar Kinder sind anwesend und starren mich jetzt unverhohlen aus ängstlichen Augen an. Was haben ihre Eltern ihnen wohl erzählt? Tyran scheint recht zu behalten: Hier wird ein Exempel statuiert ...

Ich löse mich aus meiner starren Haltung und schreite mutig zwischen den Versammelten hindurch. Hunderte Augenpaare sind auf mich gerichtet und es fühlt sich an, als ob alles in Zeitlupe abläuft.

In der Masse erkenne ich Kyras trauriges Gesicht. Sie ist den Tränen nahe, versucht mir aber zuzulächeln, um mir zu zeigen, dass sie zu mir steht. Er herrscht gespenstische Stille in dem riesigen Saal. Alle schienen den Atem anzuhalten und darauf zu warten, was als Nächstes passiert. Ich löse meinen Blick von Kyra und sehe nach vorne zum Thron.

Da sitzt er, König Achytos II., seine wunderschöne Gattin Ylina neben sich. Unter ihren hellblonden langen Haaren starrt sie mich leer und völlig geistesabwesend an. Sie sieht mir direkt ins Gesicht und doch durch mich hindurch, als wäre meine Gestalt ein Fenster in eine andere Welt.

Der Vampirkönig hingegen nimmt mich ganz genau in Augenschein und mustert mich kalt. Ich habe ihn noch nie zuvor so aus der Nähe gesehen. Er hat schwarzes leicht gewelltes Haar und trägt einen kurzen Bart, hinter dem sein Mund beinahe verschwindet.

Das Auffallendste an seiner Erscheinung sind jedoch seine Augen. Sie haben keine definierbare Farbe, aber es wirkt, als würden sie glühen. Dementsprechend fühlt man sich Achytos' Blick vollkommen ausgeliefert. Noch nie habe ich mich so klein und unbeschützt gefühlt wie in diesem Moment.

Ich schreite tapfer an den stummen Gesichtern vorbei, und als ich nur noch wenige Meter vom Königspaar entfernt bin, bleibe ich stehen und versuche, Achytos Blick standzuhalten.

Doch als dieser sich elegant erhebt, schrecke ich dennoch leicht zusammen. Er ist von wuchtiger Gestalt und hat eine schrecklich einschüchternde Ausstrahlung.

„Du weißt, warum du hier bist, Ayla?", fragt er in die Stille des Saales hinein und lässt mich dabei keinen Augenblick aus den Augen. Seine Worte echoen von den Wänden zurück und bohren sich in meinen Kopf.

„Ich ... ich ... ", stottere ich, „ich denke schon."

Achytos, der vor seinem Thron langsam auf und ab gegangen ist, bleibt abrupt stehen.

„Nun wärst du dann so nett und würdest uns allen mitteilen, was du dir hast zuschulden kommen lassen?"

Die Anspannung im Raum ist greifbar und wieder wirkt es, als ob alle Anwesenden an meinen Lippen hängen. Mein Brustkorb hebt und senkt sich vor Aufregung, aber ich reiße mich zusammen und murmle: „Ich habe mich mit einem Vulpari angefreundet."

Man hört einige Vampire nach Luft schnappen und hie und da kann man leises Getuschel vernehmen.

„Ruhe im Saal!", ruft der König und sofort wird es wieder mucksmäuschenstill.

„Dann ist es also tatsächlich wahr. Ich konnte, nein ich wollte es zuerst ja gar nicht glauben! Und wenn ich richtig gehört habe, ist es nicht einfach nur irgendein Vulpari. Es ist der Sohn von Elyos, ihrem Anführer! Dachtest du, nur ein einfacher Vulpari wäre noch nicht ketzerisch genug? Einmal abgesehen von der Ekelhaftigkeit einer solchen Verbindung wäre es zudem völlig dumm von dir, dich darauf einzulassen. Hältst du dich für dumm, Ayla?"

Ayla - Unsterbliche Liebe |abgeschlossen 📓 (Leseprobe)Where stories live. Discover now