Kapitel 69

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Charlettes Sicht:

Die Woche war schlimmer als ich es erwartet hatte. Jeden morgen musste ich mich aus dem Bett zwingen, Nachts konnte ich nicht einschlafen und immer wieder schreckten mich böse Träume aus dem Schlaf. Das hatte zu Folge das ich morgens aussah wie eine verquollene Leiche und nur schwer meine Augen aufhalten konnte.

Jason bekam ich, wenn nur wie ein Schatten zu Gesicht. Sobald ich ihm folgen wollte war er verschwunden. Ich war kurz davor einfach nicht mehr in der Schule zu erscheinen. Das einzige was mich dazu brachte, zu kommen, waren die Meetings für den Ball, bei denen ich nicht fehlen konnte, da dieser immer näher rückte und die Organisation heiß lief.

Wenigstens ließ mich Ashley und ihre dummen Gören in Ruhe, sie hatten wohl gemerkt das es zwischen mir und Jason nicht grade gut lief und sie nichts zur befürchten hatten. Vielleicht hatten sie wirklich kein Grund zur Sorge, denn so wie es aussah, würde mich Jason für den Rest seines Lebens ignorieren.

Es schmerzte so sehr.

Ich saß grade mit Marlen auf dem Pausenhof und kaute auf meinem Schulbrot herum. Ich wusste das mich Marlen beobachtete, während sie an ihrem Smoothie sog. Ich konnte ihrem Blick nicht stand halten. Ich wollte das alles nicht mehr, wieso hatte ich nur so Mist gebaut?

Plötzlich erblickte ich Jason. Er hatte seinen Rucksack lässig über einer seiner Schultern gehängt und trat mit schnellen Schritten aus dem Schulgebäude. Er blickte stur grade aus und lief in Richtung Parkplatz. Das war meine Chance. So schnell ich konnte, warf ich all mein Zeug in die Schultasche und rannte ihm hinterher.

"Jason", rief ich grade in dem Moment wo er sein Auto öffnete. Er erstarrte blitzartig. Dann ließ er mit einem seufzen den Rucksack von seiner Schulter gleiten.

"Jason hör mir doch bitte nur für fünf Minuten zu", versuchte ich es, doch wieder kam nur ein genervtes seufzen von Jason. "Bitte", flehte ich.

"Du hast fünf Minuten", sagte er mit fester Stimme und blickte mich so plötzlich an das ich von der Macht seiner Augen beinahe vergessen hätte zu atmen. Sie hauten mich einfach um und ich bekam kein Ton aus mir heraus. In seinen Augen glitzerte eine Wut die nicht zu beschreiben war.

Ich versuchte ein Ton aus mir heraus zu bekommen, doch es gelang mir nicht. Ich spürte wie ich anfing zu zittern. Nicht weinen, versuchte ich mich zu zwingen, doch all das half nichts. Ich spürte wie eine Träne sich aus meinen Wimpern löste. Schnell versteckte ich mein Gesicht hinter meinen Händen, er sollte nicht sehen das ich weinte, doch es war zu spät. So war ich wenigstens geschützt ihm weiterhin in die Augen zu schauen.

Was ich jetzt brauchte war eine Umarmung. Ich wollte das er mich festhielt und tröstete. Doch stattdessen hörte ich einen tiefen Seufzer.

"Charlett so kommen wir hier nicht weiter", raunte er und öffnete dann die Tür seines Autos, warf seinen Rucksack hinein und wollte grade einsteigen.

"Jason es tut mir so leid", schluchzte ich so gut ich konnte.

"Mir tut es auch leid Charlett", wieder seufzte er "Mach es gut, es ist besser für alle wenn wir das hier einfach beenden"

Mit diesen Worten stieg er in sein Auto und war verschwunden. Ich konnte mich nicht mehr halten und brach, wie so oft in dieser Woche, in Tränen aus und ließ mich auf den Asphalt fallen. Marlen kam zu mir und versuchte mich zu trösten, doch es hatte keinen Sinn. So schnell konnte man mich nicht trösten. Es war aus. Alles war vorbei. Vorbeigezogen wie ein Traum.

Ich fühlte mich so elend und kaputt, ich hielt kein weiteren Moment in diesem Schmerz aus.

Noch lange versuchte Marlen mich zu trösten und noch lange verweilten wir in einander verschlungen auf dem Parkplatz.

"Ich kann das alles nicht mehr", schluchzte ich während Marlen mir über die Haare strich.

"Glaub mir Honey das geht vorbei", versuchte sie es auf ihre Art.

Ich schüttelte den Kopf.

"Ich liebe ihn", wimmerte ich.

"Ich weiß", seufzte Marlen.

Wenig später fuhr mich Marlen zu mir nach hause. Mein Bruder öffnete uns die Tür, weil ich nicht dazu im Stande war in meiner Tasche nach meinem Schlüssel zu suchen. Er ignorierte Marlen und schaute besorgt zu mir. Marlen stützte mich und ich war wie ein Klappergestell, welches jede Sekunde drohte zusammenzuklappen.

"Was ist passiert?", fragte er Marlen besorgt und half ihr mich in mein Zimmer zu stemmen.

"Liebeskummer", antwortete sie ihm.

Ich spürte wie sie mich in mein Bett legten und mir die Schuhe und die Jacke abstreiften. Dann legten sie mir eine Decke über und verließen den Raum. Ich konnte leises Flüstern außerhalb meines Zimmers vernehmen. Sofort versuchte ich zu lauschen. Ich konnte die Stimmen jedoch nicht verstehen, meine Kraft reichte ebenfalls nicht aus mich zu bewegen und sie zu belauschen, stattdessen rollte ich mich in eines der Kissen und weinte mich in den Schlaf.

Als ich aufwachte roch es neben meinem Bett nach heißem Tee und Vanille Kekse. Ich war wirklich eingeschlafen. Ich hatte so tief geschlafen, dass ich nicht gemerkt hatte, wie der Tee und die Kekse es in mein Zimmer geschafft hatten. Schlaftrunken rekelte ich mich.

Im Haus war nichts zu hören außer der Fernseher im Wohnzimmer. Ich wickelte mich in eine riesige Wollstrickjacke, goss mir eine Tasse Tee ein, kostete einen Keks und lief hinunter ins Wohnzimmer.

Als ich ins Wohnzimmer kam, rechnete ich damit, Cory vorzufinden der eine Sportsendung schaute, doch dem war nicht so. Cory und Marlen lagen auf dem Sofa, Marlen lag in Corys Armen, beide schliefen. Am liebsten wär ich wie ein kleines Kind auf und ab gesprungen, doch dazu fehlte mir die Kraft. Ich lächelte, nippte dann an meinem Tee und verschwand wieder in meinem Zimmer.

Draußen stürmte es und graue Wolken legten sich über die Stadt. Ich schnappte mir mein Buch und verkroch mich in mein Bett, zu etwas anderem war ich schwer im Stande.

Jasons Sicht:

In mir kochte die Wut. Wieso machte mein Bruder immer alles in meinem Leben kaputt. Kaum taucht er auf, war alles nicht mehr so wie es war. Er zerstörte alles. Ich konnte das nicht mehr verkraften, das schlimmste war das er jeden Menschen wie ein Faden um den Finger wickelte und alles in der Hand hielt wenn er es wollte.

Er hatte es sogar geschafft Charlett näher zu kommen. Ich wollte gar nicht wissen was zwischen den Beiden vorgefallen war. Bei dem Gedanken explodierte meine Geduld ich ließ mein Fuß auf das Gaspedal fallen und sauste den Highway hinunter.

Eigentlich hatte ich mich ja auf die Klassenfahrt gefreut, es stand einfach ein verdammt riesiger Auftritt vor uns und in mir kochte die Aufregung. Doch ich wusste nicht wie ich es aushalten sollte Charlett jeden Tag zu Gesicht zu bekommen.

Ich liebte dieses Mädchen, ich liebte sie so sehr, das ich das einfach beenden musste. Sie war meine Familie gewachsen, sie war meinen Bruder nicht gewachsen. Er war ein Monster.

Es schmerzte so sehr sie unglücklich zu sehen, doch ich wusste nicht wie ich es anders lösen sollte. Ich würde es nicht aushalten wenn mein Bruder sie in seinen Bann ziehen würde, ich wüsste nicht wozu ich im Stande wäre. Ich würde die Beherrschung verlieren.

Ich raste die Straße herunter, sodass das Wasser in den Pfützen hoch spritzte. Die Straße war rutschig und der Regen prasselte auf meine Windschutzscheibe. Ich wusste das ich besser meinen Fuß vom Gaspedal nehmen sollte, doch ich tat es nicht. Ich flog die Straße hinunter und überholte alle Autos die in meiner Fahrbahn auftauchten. Das diese hupten und wie verrückt mit den Armen wedelten war mir egal. Ich brauchte diesen Adrenalin kick. Ich brauchte ihn so sehr.

Wie in Trance flog ich die Straße hinunter. 

Plötzlich quietschte es und ich erschrak. Mein Auto war urplötzlich hell erleuchtet von Scheinwerfern. Dann ein dumpfer Aufprall. Stille.

***

Ich weiß ich bin mies aber das musste ich machen. Geht aber bald weiter versprochen.


RockstarWhere stories live. Discover now