sechs

3.9K 194 27
                                    

❁ ❀ ✿ ✾❁ ❀ ✿ ✾❁ ❀ ✿ ✾

Ich hatte einen anstrengenden Vormittag hinter mir und lief mit einem Kaffeebecher aus Pappe durch die Schulflure.
Gerade hatte es zur Mittagspause geklingelt und jetzt lagen noch drei weitere Unterrichtsstunden vor mir.
Die wohltuende Hitze meines Getränks füllte meinen Magen aus, nachdem ich einen großen Schluck getrunken hatte und nicht zum ersten Mal wurde mir bewusst, wie abhängig ich von Kaffee war.
Zum Glück besaß unsere Schule, wenn es hier sonst schon nichts tolles gab, wenigstens einen Kaffeeautomaten.
Ein leiser Seufzer entfuhr mir, während ich an die vergangenen Schulstunden zurück dachte.
Lukas hatte mich den ganzen Tag über nicht aus den Augen gelassen, in jeder kurzen Pause zwischen den einzelnen Stunden nach meiner Hand gegriffen und mich sogar einmal auf dem Schulhof umarmt.
Ich hätte gerne lautstark dagegen protestiert, aber die ganze Schule hatte seine Umarmung gesehen und ich wollte nicht noch mehr Aufmerksamkeit auf mich ziehen, als ich deswegen sowieso schon bekam.
Mittlerweile redeten nicht nur Thara und Mika über Lukas und mich, sondern unsere gesamte Klasse schien davon Wind bekommen zu haben, dass er sich für mich interessierte.
Thara gefiel die Vorstellung von Lukas und mir als Paar offenbar ziemlich gut, denn sie schwärmte ständig strahlend davon, wie toll wir beide doch zusammenpassten und dass sie sich wünschte, wir würden so richtig offiziell zusammenkommen.
Mika hingegen stand meistens mehr oder weniger unbeteiligt daneben, kommentierte die Situation nur selten und hielt sich eher zurück. Mir schien, als würde sie sich weniger dafür interessieren und ich entschied, dass ich das als gut empfand, da mir Tharas Schwärmereien schon reichten und ich nicht noch mehr Menschen brauchte, die Lukas und mich am liebsten gleich verheiraten wollten.
Auch wenn ich ihm während der Pausen nur selten entkommen konnte, da er mit tatsächlich auf Schritt und Tritt folgte und meine Hand hielt, als wären wir schon längst zusammen, hatte ich es geschafft Lukas während der Mittagspause abzuschütteln und war nun auf dem Weg nach draußen, wo Mika auf mich warten würde.
Sie hatte mich gefragt, ob wir mal alleine miteinander reden könnten und ich war nicht nur neugierig, was sie mir wohl zu sagen hatte, sondern die Möglichkeit vor Lukas zu flüchten hatte ich - so schräg das auch klingt - gerne ergriffen. Seit unserem Date klebte er an mir wie ein alter Kaugummi, den man nur schwer wieder los wurde und aus irgendeinem Grund fühlte ich mich nicht begehrt dadurch, sondern belästigt.
Mittlerweile war ich mir was unser zweites bevorstehendes Date anging nicht mehr sicher und wollte am liebsten irgendeine Ausrede finden, warum ich keine Zeit für ihn hatte. Aber jedesmal, wenn ich ihm sagen wollte, dass mir seine plötzliche, ständige Anwesenheit unangenehm war, stiegen Schuldgefühle und Unsicherheit in mir auf und ich wusste, dass ich zu feige war um ihm die Wahrheit zu sagen.
Ich war dabei zu begreifen, dass meine Aufregung die jedesmal in mir aufstieg, wenn ich mit ihm alleine war, nichts mit Verliebtheit zutun hatte. Es war einfach das ungewohnte Gefühl, dass mich jemand interessant fand, welches mein Herz schneller schlagen ließ, doch da waren keine Gefühle für Lukas.
Am liebsten hätte ich mir selbst eine Ohrfeige verpasst dafür, dass ich so naiv war, das nicht früher gemerkt hatte und mich nicht traute ihm davon zu erzählen, dass ich nicht bereit war für eine Beziehung mit ihm. Ich wollte und konnte ihn einfach nicht verletzen. Also spielte ich weiterhin das falsche Spiel und lächelte ihn jedesmal an, wenn er mir näher kam. Die Schuldgefühle plagten mich deswegen schon den ganzen Tag, doch nun lenkte mich Mika davon ab, denn ich war wirklich gespannt, worüber sie mit mir reden wollte.
Am Morgen waren wir wieder zusammen mit der Bahn gefahren und hatten uns über alles mögliche unterhalten und viel miteinander gelacht. Ich war unglaublich froh, dass ich mich mit der Neuen so gut verstand und jede Information, die ich von ihr erfuhr, nahm ich wissbegierig in mich auf.
Während der Bahnfahrt hatte ich erfahren, dass sie zwei Brüder hatte und ihre Eltern ebenfalls getrennt waren. Ihren älteren Bruder hatte sie flüchtig bei unserer ersten Begehung in der Bahn ja schon einmal erwähnt, weswegen ich wusste, dass er außerhalb studierte. Ihr kleinerer Bruder hieß Anton und war erst drei, was ich interessant fand, da er genauso alt war wie meine kleine Schwester Mia.
Noch interessanter fand ich allerdings, dass sowohl ihre Mutter als auch ihr Vater aus Russland stammten und sie zweisprachig aufgewachsen war.
Beeindruckt hatte ich sie pausenlos ausgefragt und von ihr verlangt, deutsche Wörter ins Russische zu übersetzen.
Ihre Stimme hatte einen schönen, angenehmen Klang und wenn sie irgendetwas auf Russisch sagte, hätte ich ihr ewig zuhören können, auch wenn ich rein gar nichts verstand, einfach weil ich ihr so gern zuhörte.

Since our fate has decided (girlxgirl)Where stories live. Discover now