Was ist Kultur?

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Es gibt viele unterschiedliche Ansätze, um Kultur zu verstehen und zu beschreiben. Das holistische Paradigma, eine mittlerweile veraltete und in der Ethnologie stark umstrittene Theorie zur Erklärung von Kultur, nennt diese eine geschlossene Einheit. Damit sind aber einige Probleme verbunden, wie Beispielsweise die Xenophobie. Wenn Kulturen sehr klar versucht werden, voneinander abzugrenzen, entsteht da "Wir-Ihr" Gefühl. Kulturen versuchen sich über andere zu stellen oder diese von dem eigenen Gedankengut fernzuhalten. 

In seiner Abhandlung "Zur Reformierung eines sozialanthropologischen Grundbegriffs" prangert   Andreas Wimmer eben dies an. Ebenso kritisiert er, dass dieser Ansatz von Homogenität innerhalb von Kulturen ausgeht. Einzelne Personen mit unterschiedlichen Lebensstilen sind jedoch kaum vergleichbar - die Lebenswelt eines Rentners und die eines Jugendlichen, eines Studenten und eines Bauern unterscheiden sich gravierend. Dies betrachtet der Ansatz nicht. Auch lässt er bestehende Machtstrukturen innerhalb einer Kultur außen vor. Es gibt immer benachteiligte Gruppen, die hart für ihre Rechte kämpfen müssen und für Bewegung innerhalb einer Kultur sorgen, aber auch dies sieht der holistische Ansatz nicht. Darüber hinaus wird der Mensch als übersozialisiertes Wesen angenommen, welches sich der Kultur völlig anpasst. Dies ist einerseits abwegig, da der Mensch rational und (zumindest teilweise) frei denken kann, andererseits wäre Kultur somit stagnierend. Das ist aber nicht der Fall. 

Mit einem pragmatischen Ansatz wird Kultur eher als prozesshaftes Aushandeln von Werten und Normen gesehen, wobei ein Teil der Kultur verinnerlicht ist. Kultur ist also ein Prozess zwischen Individuen und der Gesamtheit. Dieser geschehe in mehreren Schritten: 

Zu allererst würde der Mensch beginnen, durch seine Eltern, seine Umgebung und seine soziale Lage bestimmte Werte und Normen zu internalisieren und auf den Erfahrungen aufbauend Handlungs- und Denkmuster zu entwickeln - sogenannte Schemata. Schemata bleiben meistens im Unterbewusstsein verankert und kommen nur schwer ans Licht.  Dies stellt die Kultur da, die jeden Menschen durchdringt, sich aber auch bei jedem unterscheidet. Keiner macht die Selben Erfahrungen, niemand nimmt die selben Dinge mit. Der zweite Aspekt seines Kulturbegriffs ist danach der symbolische Gesellschaftsvertrag, also der kulturelle Kompromiss. Es werden Normen der Gesellschaft verhandelt und festgelegt, es entsteht dabei quasi der bewusste Teil der Kultur. Dabei müssen diese Normen im Interesse aller festgelegt werden. Konsequenzen daraus sind unter anderem die Prozesshaftigkeit und Veränderlichkeit von Kultur, jedoch geht er auch auf Untergruppen wie Subkultur und Gegenkultur ein. Mithilfe des Schemata-Ansatzes ist Kultur sehr greifbar geworden. Herausragend ist zudem die Erläuterung von kulturellem Wandel durch Machtgefüge. Benachteiligte Untergruppen sind in der Kompromissfindung nicht mit einbezogen, wodurch sich Konflikte im Laufe der Zeit zuspitzen. Damit erklärt er die Regelmäßigkeiten in kulturellen Entwicklungen.

Kultur ist beweglich, individuell, prozesshaft, verbindend und entzweiend. All dies wird mit dieser Theorie abgebildet. Innerhalb einer Kultur befinden sich Subkulturen, die sich durch ihr Auftreten, Kleidung und Praktiken voneinander abgrenzen. 

Was denkt ihr dazu? Wie empfindet ihr die deutsche Kultur, oder andere Kulturen mit denen ihr in Kontakt steht? Denkt ihr, Kultur ist in euch verankert? 

 


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