,, Ich habe das bedrückende Gefühl, dass du mir aus dem Weg gehst, Baby.", murrt eine mir allzubekannte Stimme in mein Ohr. Seine Arme sind links und rechts neben mir aufgestemmt und sein Körper wird leicht an meinen gedrückt.
Ich drehe mich nicht um, bleibe wie erstarrt vor meinem geöffneten Spind stehen und starre mit aufgerissenen Augen vor mich hin.
,, Nenn mich nicht so, Aves.", gebe ich selbstbewusst von mir, verdrehe meine Augen und schließe meinen Spind mit einem lauten Knall.
,, Ach, was denn? Bist du immer noch wütend auf mich?", fragt er sichtlich amüsiert.
Nun drehe ich mich zu ihm um. ,, Ich habe ehrlich gesagt darauf gehofft, dass du für immer im Knast verrottest.", zische ich ihn an und schubse ihn von mir weg.
Damit hat er nicht gerechnet und stolpert einige Schritte nach hinten. Normalerweise könnte ich ihn nichtmal leicht nach hinten schubsen, so wie er gebaut ist.
Aves lacht emotionslos auf und schüttelt seinen Kopf. ,, Oh, Violet, du hast ja keine Ahnung.", lacht er und schaut mich durchdringend an.
,, Ich hasse dich.", zische ich fassungslos über sein Verhalten und schaue mich im Flur um.
Gespielt geschockt legt er sich die rechte Hand auf die linke Brust und verzieht sein Gesicht zu einer verletzten Fratze. ,, Das trifft mich jetzt aber."
,, Lässt du mich nicht in Ruhe, werde ich meinen Eltern sagen, dass du hier bist. Pack einfach deine Sachen und verschwinde.", gebe ich mutig von mir und verschränke die Arme vor der Brust.
Aves kommt auf einmal wieder auf mich zu und drängt mich mit den Rücken an die Schließfächer. Sein Gesicht senkt er so nah an meines, dass ich die kleinen Sommersprossen auf seiner Nase erkennen kann.
Sommersprossen, die ich früher niedlich an ihm gefunden habe.
,, Denkst du, dass mich das Abschrecken kann?", fragt er heiser und starrt mir direkt in die Augen.
,, Nein, aber wenn du dich nicht sofort von ihr entfernst, muss ich dir wohl oder übel ganz doll weh tun.", droht Devin wütend und zerrt Aves von mir weg. Beschützerisch stellt er sich vor mich und baut sich auf.
Amüsiert mustert Aves Devin und zieht die rechte Augenbraue hoch. ,, Ist das dein Neuer?", fragt er an mich gewandt und versucht zu mir zu schauen. ,, Ich muss schon sagen, dass es mich zutiefst verletzt."
,, Ich sage es dir noch einmal, verzieh dich.", knurrt Devin genervt. Ich kann an seinem Rücken erkennen, dass er angespannt ist.
,, Naja, du hast mir eigentlich noch gar nicht gesagt, dass ich mich verziehen soll.", bemerkt Aves besserwisserisch und lacht auf. ,, Aber gut, ich bin dann mal weg. Wir sehen uns, Baby." Provozierend zwinkert er mir zu und grinst Devin an.
Kaum war er um die nächste Ecke verschwunden, entspannt sich Devin wieder und dreht sich mit einem besorgten Gesichtsausdruck zu mir um.
,, Ist alles okay?", fragt er und streicht mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Wow, was für ein Klischee.
,, Ja.", lüge ich und setze ein Lächeln auf. ,, Wie viel hast du mitbekommen?"
,, Fast das ganze Gespräch.", gibt er zu und entfernt sich einige Schritte von mir. ,, Du musst mir nichts genaueres Erzählen. Nur glaube ich, dass ich dir eher helfen kann, wenn ich es weiß."
Ich lege meinen Kopf leicht schief und ziehe die Augenbrauen zusammen. ,, Ich hab mich vorhin umgeschaut und hab niemanden gesehen.", murmel' ich irritiert.
,, War hinter der Ecke.", sagt er und zuckt mit den Schultern. ,, Komm mit." Er streckt die Hand aus und schaut mich abwartend an.
Da ich weiß, dass Widerworte nichts nützen, ergreife ich seine warme Hand und verschränke unsere Finger ineinander. Grinsend dreht er sich nach vorne und läuft los, sodass er mich hinter sich her schleift.
Er zieht mich durch die Schule nach draußen und dann quer über den Pausenhof bis zu seinem Motorrad. Als wir davor stehen bleiben, lässt er meine Hand los und öffnet den Sitz, um seinen schwarzen Helm herauszuholen.
,, Warte, was hast du vor? Ich werde mich nicht auf dieses Ding setzen!", rufe ich panisch aus und gehe einige Schritte zurück.
Devin dreht sich mit einem Grinsen auf den Lippen wieder zu mir um. ,, Komm schon. Ich fahre auch ganz vorsichtig und wenn irgendwas passiert, darfst du all meine Pullover haben.", bietet er mir an und hält mir den Helm hin.
,, All deine Pullover?", frage ich irritiert und muss unwillkürlich grinsen.
Er zuckt mit den Schultern, hält den Helm immer noch vor mich. Ich frage mich, wie lange er seinen Arm so ausgestreckt halten kann.
,, Moon würde den Deal sofort annehmen.", sagt er und ergreift mit seiner anderen Hand nach meinem Handgelenk, um mich an sich zu ziehen. ,, Hab ich dich.", raunt er als ich an seiner Brust abpralle.
,, Und jetzt?", frage ich gespielt provokant und schaue ihn in die Augen. Auf seinen Lippen liegt immer noch ein riesiges Lächeln, doch in seinen Augen funkelt etwas gefährliches.
,, Vielleicht mag ich es, wenn du so nah bei mir bist.", murrt er verführerisch und gibt mir einen kurzen Kuss auf die Nasenspitze, ehe er den Helm auf meinen Kopf setzt und ihn zu macht.
Leicht überrumpelt trete ich einen Schritt zurück und öffne das Visier. ,, Clever.", sage ich und verschränke die Arme. Sein Arm liegt immer noch um meiner Taille.
,, Können wir langsam los, ich will ungern erwischt werden.", gibt er gehetzt von sich und schaut mich auffordernd an.
,, Können wir nicht laufen oder mit dem Bus fahren?", frage ich jammernd und lasse meine Arme wieder fallen.
,, Nein."
Zehn Minuten später hält Devin das Motorrad in der Einfahrt seiner Eltern, ich schlüpfe so schnell ich kann vom Sitz und lasse mich auf den Boden fallen.
,, Ich war noch nie so froh festen Boden unter meinen Füßen zu haben.", rufe ich und drehe mich auf den Rücken.
,, Hey, so schlimm fahre ich nicht.", Devin verschränkt die Arme vor der Brust und fängt an zu Schmollen. ,, Komm, steh auf. Der Boden ist kalt." Kaum hat er die Worte ausgesprochen, macht er sich auf den Weg zur Haustür.
Wiederwillig stehe ich auf, klopfe den Dreck von meiner Hose und spaziere gemütlich den kleinen Weg zur Haustür entlang. Im Haus angekommen folge ich den Geräuschen ins Wohnzimmer, wo ich Devin auf der Couch mit der Fernbedienung in der Hand finde.
,, Schwänzen wir wirklich die Schule, um Fern zu sehen?", hinterfrage ich und lasse mich neben Devin auf das Polster fallen.
,, Was auch immer dich ablenkt.", erwidert er grinsend und dreht sich zu mir, um mich näher an ihn zu ziehen. Lachend versuche ich mich aus seinem Griff zu winden, schaffe es nicht und gebe nach einigen Sekunden auf, sodass ich halb auf ihm liege und er seine Arme um mich geschlungen hat.
,, Aves ist mein Ex.", durchbreche ich die Stille zwischen uns auf einmal.
,, Du musst nicht darüber reden.", erinnert mich Devin noch einmal und streicht mir über den Arm.
,, Ich will aber, denn ich glaube, die Geschichte wird sich wiederholen und ich möchte, dass alle, die ich liebe, sicher sind."
,, Was meinst du damit?"
,, Aves hätte beinah meine Eltern umgebracht."
,, Müsste er dann nicht im Gefängnis sein?", hinterfragt Devin irritiert.
Ich zucke mit den Schultern. ,, Sein Vater hat ihn wohl rausgekauft."
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Violet ✔
ChickLit» Du kannst dich nicht vor deiner Vergangenheit weglaufen, geschweige den verstecken.«