Er ist wirklich hier

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POV: Taddl

Fast den ganzen Film durch haben wir nur gelabert. Nach und nach fühlte sich alles wie damals an, aber eine leichte Zurückhaltung haben wir uns beide bewahrt. Wir sind keine zwanzig mehr, die sich nach einem Streit fast sofort wieder ausnahmslos vertragen. Aber es ist lustig und ehe ich gegangen bin, habe ich ihm ernsthaft versprochen, den Kontakt nicht wieder einfrieren zu lassen. Es tut so gut, sich mit einem alten Freund wieder zu treffen und zu lachen und obwohl er jetzt doch anders ist, ist er irgendwie immer noch der gleiche. Irgendwann meinte er, dass ich hier pennen könnte. Ich musste nur fix Ardy Bescheid geben, dann war das kein Problem. Warum auch immer, aber seine Couch war gleichzeitig ein Schlafsofa.

Jetzt stehe ich in der Küche und habe aus den Sachen, die ich finden konnte, etwas zusammengepanscht, das wie Essen aussieht. Manu ist dabei, den Tisch zu decken und summt vor sich hin, wenn er glaubt, dass ich es nicht höre.

„Du hast deine Box ja immer noch", reisse ich ihn aus seinen Gedanken und er sieht mich verwirrt an.

„Von was für einer Box laberst du jetzt?"

„Dieses TubeClash, weisst du noch?" Seine Reaktion verwirrt mich. Keine Widerworte, kein Nachhaken, kein Ausrufen von „Achso das meinst du", nichts. Er hat mir den Rücken zugewandt und legt Besteck hin.

„Alles okay bei dir?" Den Herd hinter mir lassend, gehe ich zu ihm und sehe, dass er tatsächlich rot ist. Ich grinse. „Das ist ja richtig niedlich."

„Hau ab mit niedlich!", fährt er mich an und wird noch roter im Gesicht.

„Du bist also immer noch Fan davon, hm?"

„Fan nicht, aber hey, cooles Ding", gibt er knapp von sich.

Irgendwann ist aber auch Zeit zum Pennen. Obwohl er im Schlafzimmer direkt nebenan liegt und pennt, fühle ich mich seltsam und irgendwie alleine. Wie lange habe ich die dunkle Decke jetzt angestarrt, zugedeckt mit einer Decke, die nach ihm riecht? Er hat unzählige Bücher herumstehen, die mehr oder weniger zerlesen aussehen. Immerhin kein Weiberquatsch. Aber warum ist er immer noch Single? Oder wieder? Ach, ich weiss es doch auch nicht. Bei mir hält es nie lange genug, dafür ist mein Leben einfach irgendwie zu turbulent und darauf kommen die meisten nicht klar.

Ich drehe mich zur Seite, starre die Wand an, die uns trennt und

Warum liege ich alleine hier, warum nicht bei ihm?

Fuck. So vieles kommt wieder hoch. Das liebe ich daran, immer noch mit Ardy zusammen zu wohnen. Da ist immer was los und wenn wir ins Bett fallen, dann weil wir so müde und kaputt sind und ich direkt wegpenne und mir keine Gedanken machen muss. Es ist so fucking weird, jetzt hier zu liegen, so nahe und doch so fern von ihm, dass ich fast durchdrehe. Mein erster Impuls ist es, Ardy zu schreiben oder anzurufen, aber ich widerstehe. Davon weiss er nichts, darüber habe ich noch nie mit jemandem geredet und damit rücke ich nicht mitten in der Nacht an einem blöden Telefon heraus.

Manu war mir nie egal, im Gegenteil. Aber der unnahbare, sarkastische, humorvolle und schräge Typ wirkte damals so fern von allem, nur an einer Freundschaft interessiert, die mir so wichtig war und irgendwie immer noch ist. Er benimmt sich immer noch seltsam, aber das ist einfach Manu. Was will er schon von einem Kerl wie mir?

Irgendwann muss ich eingepennt sein, denn als ich wieder aufwache, ist es taghell. Mit einem Schlag bin ich wach. Manu ist hörbar in der Küche zugange und ich werfe mir eines meiner übergrossen T-Shirts über, denn nur in Unterwäsche fühle ich mich einfach zu nackt.

„Auch schon wach, Dornröschen?", kommt es von ihm und ich grinse.

„Hab schon lange nimmer so gut pennen können", brumme ich nur und er dreht sich um, drückt mir eine Tasse Tee in die Hand.

„Ausser du willst jetzt doch Kaffee."

„Ne, Tee is super." Seine grünen Augen mustern mich.

„Ne Dusche würde dir auch guttun. Du müffelst."

Ich pruste fast in meine Tasse und er verzieht einen Mundwinkel nach oben.

„Nicht durch die Blume, was? Hast du mir n Handtuch oder so? Hab nur Duschzeug mit."

„Im Schrank rechts vom Bad hat es welche, nimm was du brauchst."

Wir sitzen am Küchentisch, trinken schweigend, ehe ich mich ins Bad verziehe und mich wasche. Minutenlang lasse ich das Wasser einfach über meinen Kopf fliessen und versuche, ebendiesen etwas klar zu bekommen.

Reiss dich einfach zusammen, Mann! Du bist keine siebzehn mehr! Kein fucking Teenager, der im Hormonchaos untergeht!

Erst beim Verlassen der Dusche geht mir auf, dass ich keine frischen Klamotten mitgenommen habe und der Mut verlässt mich. Ja super, also im Handtuch durch die Wohnung hüpfen. Wenigstens davon habe ich zwei mitgenommen. Das eine davon binde ich mir so fest um die Hüften, dass sicher nichts verrutscht. Manu sieht mich nur skeptisch an.

„Kriege ich jetzt ne Stripshow als Dank oder was?", fragt er bloss, während er mich mustert. „Immer noch so tätowierfreudig?"

Schnaubend lache ich. „Alles, was mir gerade in den Kram passt, ja. Du also immer noch gänzlich ohne?"

„Ist dein Ding, nicht meines." Einen Moment lang sieht er mich noch immer an, ehe er sich leise räuspernd wegdreht und den Raum verlässt, damit ich mich umziehen kann. Hastig krame ich alles aus der Tasche, ziehe mich an und suche ihn dann.

„Bock, was zu unternehmen oder so?", frage ich betont lässig. Natürlich ist mir nicht entgangen, dass sämtliche Fenster zugeklebt waren, das war immer noch beim Alten.

„Ähm, n-nein, lieber nicht", sagt er leise und meidet meinen Blick. „Bin nicht so gerne da. Zur Arbeit, wieder nach Hause, ab und an einkaufen und das wars."

„Oh, achso. Also immer noch..."

„Ja." Wir verstehen uns. Diesmal dreht er sich um und sieht mich an.

„Sorry, Taddl, es liegt nicht an dir, es ist mir einfach zu viel Stress", sagt er entschuldigend und sieht kleiner aus, als er es wirklich ist.

„No stress deswegen, mach dir keinen Kopf." Ich grinse ihn aufmunternd an. „Komm, lass uns was machen. Irgendwas spielen oder so, wenn wir schon drinnen bleiben. Auf Film habe ich keine Lust mehr."

Gesagt, getan. Wir spielen Mario Kart und es fühlt sich alles an wie damals, als wir noch jung waren.

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So, lange will ich nicht warten lassen (Kranksein nervt), darum hier Kapitelchen 4. Fröhliche Weihnachten und besinnliche Festtage euch allen!

Zwischen Masken und MusikWhere stories live. Discover now