~ Wichteln 2017 ~ Kakaotrinken im Eberkopf

396 18 1
                                    

Diesen Oneshot widme ich fortassis auf Fanfiktion.de anlässlich des Weihnachtswichtelns 2017. Ich hoffe, er gefällt dir.
Euch anderen Lesern ebenfalls frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr schonmal.

___


Der Wind heulte ohrenbetäubend und zerrte an ihren Kleidern. Obwohl sie mehrere Lagen davon trugen, war die Kälte ihnen bis in die Knochen gekrochen. Der Schnee erschwerte ihnen die Sicht und prasselte ihnen halb gefroren auf die blassen Gesichter, die nunmehr Erfrierungsstellen zierten.
Hermine hielt sich den Arm schützend vor die Augen, während sie sich mit der anderen Hand an Harry festgekrallt hatte, um ihn im Schneesturm nicht zu verlieren.
Es war seine Idee gewesen, sich nach Hogsmeade zu flüchten. Er hatte es nicht mehr ansehen können, wie Hermine jedes Mal die Tränen herunterschlucken musste, wenn sie Ron und seine neue Flamme Lavender zusammen sah. Für diese Aktion war Hermine ihm sehr dankbar, auch wenn es dadurch nicht wirklich besser wurde. Schließlich konnte sie sich denken, wie das Paar die Zeit nutzen würde, in der das Schloss viel leerer war als sonst.
Gemeinsam kämpften sie und Harry sich voran bis zum Eberkopf, der zwielichtigen Kneipe, die seit dem letzten Jahr besonders oft von Schülern genutzt wurde.
Harry drückte die dicke Holztüre auf und ein köstlicher Duft nach Plätzchen und Tannennadeln wallte ihnen entgegen.
Erstaunt sahen sie sich um. Dieses Jahr schien sich der Wirt dazu herabgelassen zu haben, aufgrund der Schüler ein wenig in Weihnachtsdekorationen zu investieren. An den Balken, die das nächste Stockwerk stützten, hatte er Tannen- und Mistelzweige angebracht und einige Kerzen in der Schenke verteilt. Auf jedem Tisch befand sich ein Plätzchenteller.
Allerdings waren die Preise auch um fast ein Viertel gestiegen, wie Hermine mit einem Blick auf die klapprige Tafel neben der Theke feststellte.
„Mädchen, mach die verdammte Tür zu!", raunzte der Wirt da auch schon. „Wir frier'n uns hier sonst den Hintern ab!"
Harry bedachte ihn mit einem finsteren Blick, sagte jedoch nichts. An statt seiner besten Freundin leistete er der Anweisung Folge. Kaum hatte er die Tür hinter sich zugezogen, war bis auf stetes Gemurmel und hier und da Gelächter nichts mehr zu hören.
Ein paar Besucher warfen ihnen vorwurfsvolle Blicke ob der Kälte zu, die sie hereingelassen hatten, was Hermine betreten zu Boden sehen ließ. „Tut uns leid", sagte sie, gerade noch so laut, dass es alle hören konnten.
Der Wirt war wieder hinter die Bar getreten. „Was soll's 'n sein?", grummelte er schlecht gelaunt in seinen langen weißen Bart. Er kam Hermine wie eine absurde Kopie des Weihnachtsmanns vor. Aber das tat auch Dumbledore. Und der war da definitiv die bessere Besetzung.
„Einen Kakao", bestellte Harry recht einsilbig und kramte in seiner Jackentasche nach ein paar Knuts.
„Mir auch, bitte", ergänzte Hermine, das schmutzige Gedeck auf der Theke kritisch betrachtend.
Während die Getränke gezapft wurden, schwiegen sie. Dann wurden ihnen die zwei Kakaos schwungvoll über die Theke geschoben. Hastig griff Hermine nach ihrem Glas, ehe noch ein Unglück geschehen konnte.
Harry tat es ihr schnaubend nach. „Unverschämtheit", knurrte er, nur für sie hörbar, als sie am nächstbesten Tisch gegenüber Platz nahmen. „Wir hätten woanders hingehen sollen, Mine."
Sie zuckte mit den Schultern und sah sich betont fröhlich um. „Ist doch nicht so schlimm. Ich finde es toll hier." Demonstrativ nahm sie sich ein Plätzchen vom Probierteller und steckte es sich in den Mund.
Er zwang ein ironisches Lächeln auf sein Gesicht. „Jaah, ich habe den hervorragendsten Gasthof der ganzen Zaubererwelt ausgesucht, um mit dir Heiligabend zu feiern", verspottete er sich selbst und rang die behandschuhten Hände.
Hermine legte ihre kalten Finger beruhigend auf seine geballte Faust und sah ihm entschlossen in die Augen: „Harry, bitte. Es ist warm hier. Wir sind nicht alleine. Es gibt Plätzchen. Kakao." Sie schluckte schwer beim Gedanken, der ihr nun kam. „... Nirgendwo ein knutschender Ronald mit seiner Lav-Lav."
Harry schenkte ihr einen mitleidigen Blick. „Ich wünschte, wir könnten mit ihm feiern. Am besten ohne seine nervige Freundin." Bevor die Granger einen beipflichtenden Kommentar abgeben konnte, fragte er: „Soll ich zu dir rüber kommen?"
Erst wirkte sie irritiert, dann nickte sie. „J-ja, klar. Warum denn nicht?" Zum Ende hin war sie immer leiser geworden, denn der Gryffindor war bereits mit seinem Stuhl um den halben Tisch gerutscht.
Und dann saßen sie nebeneinander.
Während Harry noch fieberhaft überlegte, über was sie nun sprechen könnten, sah er, wie seine beste Freundin ihm den Teller herüberschob.
„Nimm dir auch was."
Doch er achtete gar nicht wirklich auf ihre Worte, denn ihm war etwas anderes aufgefallen. Etwas Winziges. Eine Kleinigkeit, an die er sich klammerte. Ihre Hände zitterten – trotz der Wärme in der Gaststätte. An der Kälte konnte es nicht liegen. Nervosität? Oder bildete er sich das bloß ein? Und warum interessierte ihn das so dermaßen?
„Harry?" Hermines Stimme hatte einen beunruhigten Ton angenommen.
Er sah nachdenklich zu ihr hin. Schließlich nahm er all seinen Mut zusammen: „Du, was würdest du davon halten, wenn wir zusammen wären?" Ihm wurde ein verschreckter Blick seiner besten Freundin zuteil, was in ihm sofort Schuldgefühle weckte. Hatte er Hermines Verhalten so falsch gedeutet? „Also... ich meine... nur falls..." Ihm war klar, dass es nicht mehr zu retten war, was er da von sich gab. Mit einem Seufzen gab er auf. „Ich hab es versaut, oder?"
Sie schien sich mittlerweile von dem leichten Schock erholt zu haben. „Nein, warte... okay, schon ein bisschen." Ihr stieg das Blut in den Kopf. Sie versuchte, ihrer Stimme wieder Herr zu werden. „Ich weiß nicht. Ron..."
Harry senkte den Blick betreten auf die Tischplatte. „'Tschuldige." Er begann, einen Splitter herauszupulen.
Ein paar peinliche Sekunden war es still.
Hermines Gedanken rasten. Sie wusste, dass sie nicht ewig auf Ron warten wollte. Wenn er nicht bald die Chance nutzte, sie zu bekommen, würde es zu spät sein. Sie wartete schon seit dem letzten Jahr, dass er merkte, dass sie etwas von ihm wollte. Aber er schien partout nicht darauf zu kommen.
Eigentlich war es nur eine Frage der Zeit gewesen, dass Harry derartige Gedanken geäußert hatte. Und warum sollte sie dem Ganzen nicht eine Chance geben? Schließlich waren sie ja sowieso befreundet.
„Lass es uns probieren", sagte sie fest. Im selben Moment war sie erschrocken über ihre eigene Courage. So kannte sie sich gar nicht. Zumindest nicht, was Zwischenmenschliches betraf.
„Was?", hakte Harry völlig verblüfft nach.
Sie spürte, wie ihre Wangen wieder heiß wurden, wiederholte aber dennoch. „Lass uns versuchen, zusammen zu sein."
Auf Harrys Gesicht breitete sich langsam ein Strahlen aus. „Wirklich?", fragte er mit leuchtenden Augen.
Und irgendwie ließ der Anblick ihres überglücklichen Freundes ihr Herz höher schlagen. Vielleicht war sie doch ein ganz kleines bisschen in ihn verliebt.
Als sie eine halbe Stunde später den Eberkopf verließen und in den kalten Abend hinaustraten, hatte sich der Schneesturm gelegt. Der Schnee knirschte unter ihren Stiefeln. Wie eine dicke, weiche Decke hatte er sich über die Ländereien gelegt.
Sie hatten sich jeweils am Arm des anderen eingehakt und stützten sich so, um nicht einzusinken in der weißen, hellen Masse, die sich um ihre Beine schloss.
Schon bald sahen sie die Umrisse des Schlosses, die sich nur mühsam erkennbar vor dem dunklen Nachthimmel abhoben.
Auf einmal blieb Harry stehen.
Verwirrt blickte Hermine zu ihm hin. Stimmte etwas nicht? Sie suchte den Waldrand nach möglichen Gefahren ab.
„Nein, nein, es ist alles in Ordnung", versicherte er ihr, als er ihren besorgten Blick bemerkte. „Es ist nur so... Wo wir jetzt zusammen sind... Nein, ich habe wieder ganz falsch angefangen."
Er holte tief Luft, um sich zu sammeln, doch Hermine hatte bereits begriffen. Mit einem Lächeln nahm sie sein Gesicht in die Hände.
Irgendwo hörte sie eine Eule schuhuhen. Vielleicht Hedwig. Oder ein anderer Vogel, der in die Eulerei zurückkehrte.
„Manchmal ist es einfach besser, nichts zu sagen", flüsterte sie und legte ihre Lippen auf seine. Sie konnte noch den Kakao schmecken.

Harry Potter - Oneshots [2017]Where stories live. Discover now