Kapitel 13

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Obwohl ich mich am liebsten dem Wunsch hingegeben hätte, überall in der Weltschicht herumzulaufen und immer wieder Zayns Namen zu rufen, biss ich die Zähne zusammen und blieb mit gesenktem Kopf inmitten der Gruppe aus Touristen, die allesamt in irgendeiner anderen Sprache fröhlich plauderten. Sie hatten im Moment keine Probleme. Dafür hatte ich umso mehr. Machte ich jetzt auch nur einen klitzekleinen Fehler, der mich auffallen ließ, hätten die beiden neuen Leute meines Vaters, die zweifelsohne irgendwo hier herumgurkten, mich gleich am Kragen.

Erst als wir an der Straße, aus der Zayn und ich vorher gekommen waren, vorbeikamen, löste ich mich nach einigen vorsichtigen Blicken von der Gruppe und huschte in den Schatten des ersten Hauses. Ich kannte Zayn, er würde nicht einfach so in unser vorübergehendes Quartier zurückkehren, ohne mich in Sicherheit zu wähnen. Zähneknirschend versuchte ich meinen schmerzenden Knöchel zu ignorieren, der mich am schnelleren Gehen hinderte, und ließ meinen Blick aus zusammengekniffenen Augen über die Menschen, dunklere Ecken und Sträuchergruppen am Straßenrand schweifen. Mit Sicherheit versteckte er sich hier irgendwo, wo ihn die Einsatzteammitglieder nicht vermuten würden – also wahrscheinlich irgendein so offensichtliches Versteck, dass es ihnen gar nicht würdig erschien, dort nachzusehen. An der Abzweigung zu „unserer" Straße blieb ich unschlüssig stehen. Wo steckte er nur? Wenn ich nun begann, Büsche zu durchsuchen, würde ich damit zu hundert Prozent alle Aufmerksamkeit auf mich ziehen. Bevor ich jedoch umkehren konnte, um die Straße von der anderen Seite aus nochmal zu scannen, stach mir ein Spalt zwischen zwei alten Häusern ins Auge – nicht allzu breit, aber doch groß genug, dass ein erwachsener Mann ohne sich seitwärts zu drehen hindurchpassen könnte. Entschlossen hinkte ich darauf zu und wäre dabei fast von einem dieser nervigen, immer viel zu schnell fahrenden Lieferwägen überfahren worden, dessen Fahrer mich wütend anhupte. Ich widerstand dem Drang, dem Typen den Mittelfinger zu zeigen (womit wir wieder beim Thema „Aggressionen" wären), und setzte meinen Weg über die Straße unbeirrt fort, mein Ziel fest im Blick. In dem Versuch, nicht allzu auffällig zu sein, schob ich mich um die Ecke und wäre daraufhin beinahe sogleich über etwas auf dem Boden gestolpert. Einen Fluch unterdrückend sprang ich zurück – und hätte im nächsten Moment vor Erleichterung zu singen beginnen können. „Zayn!" Mit einem einzigen Satz saß ich neben ihm am Boden und schlang die Arme um ihn, bebend vor Fassungslosigkeit, ihn wirklich gefunden zu haben. „Meine Güte! Ich suche dich schon seit Ewigkeiten! Wie bist du ihnen entkommen? Und was ..." Mein Redefluss unterbrach sich von selbst, als ich den dunklen, rötlichen Fleck an seiner Jacke sah – als ob etwas von innen hindurchgesickert war. „Nein." Hektisch versuchte ich die Stelle genauer zu orten. „Nein-nein-nein-nein! Bitte sag nicht, dass ..."

„Niall!", brachte Zayn mich mit einem Lächeln zum Schweigen. „Es ist alles okay. Es ist nur ein mickriger Streifschuss am Arm. Eine Woche Verband und fertig."

Ich starrte ihn an, mit dem Gefühl, gleich in Tränen ausbrechen zu müssen, und suchte nach Worten, doch als ich beim besten Willen keine fand, zog ich ihn ein weiteres Mal an mich. „Ich kann dir gar nicht sagen, wie heilfroh ich bin, dass du in einem Stück bist! Ich hätte es mir nie verzeihen können, wenn dir etwas passiert wäre. Es tut mir so leid, dich für jede Scheiße verantwortlich zu machen, die passiert ist. Ich weiß gar nicht, wieso ich immer so unnachgiebig war. Es ..."

„MIR tut es leid, Ni!" Zayn schob mich von sich, um mir in die Augen sehen zu können. „ICH war derjenige, der sich wie der letzte Idiot benommen hat. Du hattest jeden Grund dazu, nichts mehr von mir wissen zu wollen."

Ich brachte ein Lächeln zustande. „Ach was. Dazu bräuchte es viel mehr." Zaghaft strich ich über die dunkle Stelle an seinem Arm, an der die Jacke durchnässt war. „Was ist passiert?"

Revenge (Ziall)Nơi câu chuyện tồn tại. Hãy khám phá bây giờ