Kapitel 18

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- Manchmal kann der kleinste Zweifel den festen Glauben ins Schwanken bringen -

Rey
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In dem Hangar herrschte eine unkontrollierte Hektik. Durch den schmalen Durchgang, die X – Wing Jäger passten nur mit Kontrolle eines geübten Piloten hindurch, fiel das helle Sonnenlicht in die kleine überschaubare Halle. Hier und dort hantierten Mechaniker an den Schiffen; schweißten, bohrten und kontrollierten die Bordcomputer. Rebellen putzen ihre Waffen, überprüften ihre Rüstungen und nahmen ihre Waffen neuerlich auseinander, um sie wieder zusammenzusetzen.
In den frühen Morgenstunden, der Himmel noch durch die Nacht benetzt, hatte ein Späher Kontakt zu uns aufgenommen. Sein Hologramm war schlecht gewesen, die Statik hatte die Qualität gemindert. Doch war die Aussage klar verständlich gewesen: die Erste Ordnung war auf dem Weg zu uns. Sie wussten genau wo wir uns befanden. Kurz hatte mich die Vermutung beschlichen, dass es sich um mein eigenes Verschulden handelte, dass sie uns so schnell gefunden hatten – Kylo Ren war trotz allem noch ein Feind. Ich konnte nicht mit Gewissheit sagen, dass er nicht etwas von meinem Umfeld erkannt hatte und zuordnen konnte. Er war lang genug der Sohn von Lady Organa gewesen, um ihre verzweifelten Verstecke zu kennen.
Die plagenden Gedanken vertreibend richtete ich meine Aufmerksamkeit wieder auf das Geschehen. Die Anspannung war erdrückend – sie alle hatten Hoffnung. Hoffnung, Hoffnung. Das Wort klang unendlich falsch. Der Widerstand hegte Hoffnung dem ein Ende zubereiten. Wollten die Demokratie zurück erlangen und waren dabei genauso korrupt wie Politiker. Der einzige Unterschied waren die Waffen. So benutzten die Senatoren Wörter und Gesten, der Widerstand griff zu Blaster und Kanonen. Mir missfiel die offensichtliche Tatsache und es schürte nur weiter meine Wut. Diese Wut war weitaus gefährlicher, als alles andere. Meister Skywalker hatte mich gewarnt, dass dieser Ausbruch an Gefühlen die dunkle Seite nährte. Ich konnte dieses Durcheinander nicht gebrauchen. Nicht jetzt, wo die Lage ohnehin brenzlig und dürftig war. Nicht jetzt.
Poe Dameron trat neben mich, stemmte die Hände in die Hüften und gierte den X – Wing entgegen. Sein Leben definierte sich allein in rasanten Flügen durch die Luft und wenn er damit etwas bewirken konnte: umso besser. Jedoch besaß er einen unstillbaren Hunger alles für den Widerstand zu tun. Alles zum Wohle der neuen Republik. Selbst töten.
»Das wird ein großer Tag«, sprach er hitzig und seine dunklen Locken wackelten, als er mit dem Kopf kräftig und begeistert nickte. »Und eine lange Nacht.« Ich stimmte ihm zu. Der Tag würde sich in die Länge ziehen, blutig und grausam werden. In dem Gesang des Windes würde sich das Zischen von Motoren mischen, die Schreie der Sterbenden und die Schüsse der Blaster.
»Warum gieren die Wesen so nach Macht?« Der Krieg ergab keinen Sinn – gab es bei so etwas überhaupt einen Sinn? Ich sank meinen Blick, konnte die pure Begierde nach dem Gewinnen nicht länger ertragen und wollte bereits kehrt machen.
Poe zuckte nur mit den Achseln. »Danach haben wir es geschafft. Wir werden der neuen Republik aus der Wiege helfen und ihr neue Stärke verleihen.« Ich sah ihn nur nichtssagend an. Wir hatten so viel versucht, hatten gekämpft und hatten alles für den Widerstand geopfert. Obwohl ich nichts besaß, hatte ich an das Große geglaubt, wenn die Erste Ordnung erst einmal ausgemerzt war. Jetzt kam es mir albern vor.  Töricht und undurchdacht.
Sie alle waren nicht in der Lage allein zu handeln. Sie alle lobten einen Mann, der nichts außer Desinteresse äußerte. Sie alle glaubten daran, dass ich der Schlüssel zu ihrer Befreiung war. Es gab unendlich viele Parallelen zwischen dem Widerstand und der Ersten Ordnung, doch sie waren – beiderseit – zu blind, um dies zu erkennen. Das Streben nach Macht, untersetzt mit ihren Idealen und einer Idee der Zusammenkunft. Sie widersprachen sich in den Feinheiten, mehr jedoch nicht.
»Es wird nicht enden, wenn die Erste Ordnung an Macht verliert«, gab ich zu bedenken und schöpfte ein bisschen Geduld, gegenüber dem Gefühl alles klein zu schlagen, damit die Vorgesetzten endlich anfingen das Bild zu betrachten, welches sie blind begutachteten. »Wo Licht ist, gibt es auch Schatten. Wo einst durch Blut gesät wurde, wird der Krieg gedeihen.«
»Nein. Mit Kylo Ren wird alles sterben!«, knurrte Poe ganz und gar überzeugt, dass das der einzige Weg zur Heilung war. Der Tod eines Mannes, der genauso eine Figur in diesem Spiel war, wie auch ich.  Es gab etwas Böses, mit der Macht vertraut und es musste den Tod finden. Ob es nun die Schuld an allem trug interessierte nicht. Kylo Ren war nicht unschuldig. Er war ein Monster, lebte mit dem Tod und kostete das Blutbad aus, doch er war nicht böse.
»Du liegst damit falsch.« Kopf schüttelnd wandte ich mich ab. Ich hatte mich ebenfalls auf einen Kampf vorzubereiten. Im Herzen wusste ich, dass es kein Frieden geben konnte, wenn Kylo Ren weiterleben würde. Doch suchte ich verzweifelt nach einem anderen Ausweg, der nicht von Gewalt getränkt war.
Wie konnte die Hoffnung erlöschen, wenn am Ende der Reise noch ein Licht leuchtete?

»Bist du bereit?«, fragte Organa und schenkte mir ein aufmunterndes Lächeln. In ihren Augen lag dieselbe Dunkelheit, die ich in meiner Seele verspürte. Es wäre leicht, mich jetzt der dunklen Seite zu zuwende: den Widerstand den Rücken kehrend und an Kylos Seite stehend. Aber beides wäre falsch. Ich war ganz und gar nicht bereit, dennoch nickte ich und schloss die Jacke, welche mich vor der Kälte schützen sollte. Das Lichtschwert griffbereit. In meinem Gesicht ein entschlossener Ausdruck. Organa tätschelte meine Wange und trat dann einen Schritt zurück. »Sag ihm, dass ich ihn noch immer liebe«, wisperte sie und eine einzige Träne verschwand aus ihrem Gesicht.
»Nein. Wenn du ihn noch lieben würdest, würdest du nicht von mir verlangen, dass ich ihn töte.« Meine Stimme war hart, ich nahm keine Rücksicht auf Höflichkeitsformen und bedachte die Generälin mit einem strengen Blick. Ihre Worte waren geheuchelt – sie war ebenso vernarrt in die Macht, wie es all die anderen auch waren.
»Er ist ein Monster«, verteidigte Organa sich und konnte nicht glauben, was sie da aus meinem Mund hörte.
Sie verstand es noch immer nicht. »Nein, er ist das, was dieses Zeitalter aus ihm machte. Der Krieg entstand durch die Hartnäckigkeit der alten Generation. Die meisten, die das Imperium und die alte Republik erlebten sind tot. Nun kämpfen die Jüngeren euren Krieg und können nur zusehen, wie die alten Fehler wiederholt werden.« Die Worte sprudelte aus mir heraus, als hätten sie lang genug geschlummert, um jetzt ihre Wirkung zu entfalten.
»Kylo Ren ist ein Fanatiker, der seinem Großvater hinterher jagt. Etwas zu Ende bringen will, das längst sein Ende gefunden hat. Warum hasst du ihn nicht Rey? Er wollte dich töten.«
»Wir sind alle Fanatiker. Ein Junge, stets allein, wird von seinen Eltern fort geschickt. Der eigene Onkel wollte den Jungen töten – verängstigt wie jener war ließ er den einzigen Ausweg zu. Die dunkle Macht. Ich urteile nicht. Ich empfinde kein Mitleid. Jedoch sehe ich eine Ungerechtigkeit. Ich habe Kylo Ren gehasst, so sehr. Ich wollte ihn töten und all dem ein Ende bereiten. Aber ich kann nicht, die Macht hindert mich. Ich kann Ben Solo nicht töten«, erklärte ich ohne jeglichen Ton. Ich verstand selbst nicht, was in mir vorging. Doch konnte ich nicht leugnen, dass es die Macht war, die meinen Weg von dem Tod des Mannes abwendete. Sie flüsterte mir zu, bestätigte mich und ließ mich fühlen. Ich war ihr Sprachrohr, wie es auch Kylo Ren war. Auf zwei unterschiedlichen Wegen, um endlich ein Gleichgewicht herzustellen.
Zwei Leben würde es noch fordern. Zwei. Das eine voller Licht, das andere ertränkt in Dunkelheit. Zwei Leben.
Lady Organa verneigte sich, äußerte nichts mehr zu dem Thema und schien sich nicht von ihrem Plan abringen zu lassen. »Möge die Macht mir dir sein.«
»Möge die Macht mit dir sein«, wiederholte ich und verschwand in dem Schnee.

Die Suche nach dem Licht Where stories live. Discover now