Kapitel 1

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Der Wecker klingelte. Ich schlug die Augen auf. Nein, ich will noch nicht aufstehen. Ich wollte die Zeit anhalten, oder jedenfalls die Zeit so weit wie möglich hinauszögern. Ich wollte nicht, dass dieser Tag beginnt, denn ich hatte furchtbare Angst davor. Okay, vielleicht klang das ein bisschen kindisch, immerhin war heute nur der erste Tag an meiner neuen Schule. Doch trotzdem, ich wollte einfach nicht. Neue Bekanntschaften zu machen war einfach nicht mein Ding, mich vor allen lächerlich zu machen schon gar nicht. Es klopfte an meiner Zimmertür. „Schatz, du musst jetzt aufstehen, du willst doch nicht zu spät kommen." Oh doch, genau das wollte ich. Denn würde ich zu spät kommen, hätte ich bestimmt nicht den Mut dazu, hineinzugehen. Und dann müsste ich mich dem Ganzen erst morgen stellen. Ein bisschen mehr Zeit, mehr brauchte ich gar nicht... Nein, das konnte ich nicht tun, das wäre genau die Art Blamage, die ich mir nicht leisten konnte. Ich zwang mich aufzustehen um mich fertig zu machen. Obwohl mir mein Vater Pancakes mit Schokoladenmousse gemacht hatte, bekam ich keinen Bissen runter. Mir war schlecht vor Aufregung. Während ich mich anzog wiederholte ich immer wieder den gleichen Satz. Ich muss nur den heutigen Tag überstehen. Nur heute. Morgen wird schon alles einfacher. Wie konnten mir das meine Eltern auch antun? Mich mitten im dritten Jahr am Gymnasium aus meinem dortigen Leben reissen? Alles war perfekt, ich hatte die coolsten Freunde, einen Freund, mit dem ich vor sieben Monaten zusammenkam, ich war als Trainerin tätig, kurz, mein Leben war super. Doch dann verlor meine Mum ihren Job, weshalb meine Eltern sich eine Alternative überlegen mussten. Und so geschah es, dass wir aus der Schweiz nach Paris zogen. Ausgerechnet nach Frankreich! In meiner alten Klasse war ich die schlechteste in Französisch, ich konnte mit Sprachen einfach nicht klarkommen. Natürlich, Englisch war da etwas anders. Da ich in einer Immersionsklasse war, wurde ich quasi gezwungen, zu reden. Aber mein Französisch war wirklich furchtbar. Meine Eltern versuchten mich zu ermutigen, sagten mir, dass ich so wenigstens die Sprache richtig lernen würde, doch ich hatte nur die Prüfungen vor Augen. Wie um Himmelswillen sollte ich die bestehen? Ich würde in der Klasse die Ausgestossene sein, die, die nie versteht was die anderen sagen. Und heute war es soweit, heute würde sich mein Leben für immer ändern. Ich wusste, wie es war, die Unbeliebte zu sein, die Mittelschule war nicht leicht für mich. Ich stand nun vor dem Spiegel und betrachtete mein Outfit. Ich hatte einen schwarzen enganliegenden Pullover an und eine einfache Jeans. Nein, das war nicht gut. Zu langweilig. Und langweilig war schlecht, langweilig bedeutete, dass die coolen Mädchen Sprüche ziehen würden und die Jungs einen nicht beachten. Andererseits müsste ich so weniger reden... Nein, trotzdem war das keine Option. Schnell zog ich einen leicht rosafarbenen Rock hervor, den mir meine Tante erst kürzlich geschenkt hatte. Dazu schwarze Pumps und einen rosa Haar Reif. Noch etwas Wimperntusche, so, schon viel besser. Ich sah nun viel eleganter aus, trotzdem war das Outfit nicht kindisch oder schlampig. Zumindest hoffte ich das. Meine hellbrauen, fast kupferfarbenen Haare liess ich offen, so wie ich sie fast immer trug. Naja, das war so ein Tick von mir, da ich vor ein paar Jahren nicht die schlankste Person war und mir mein Gesicht mit den Haaren nach oben pummelig vorkam. Doch seitdem ich mit Louis zusammenkam, habe ich die überschüssigen Kilos schnell verloren. Trotz allem war dieser Tick geblieben.

In Gedanken versunken machte ich mich auf den Schulweg. Ich hatte Glück, denn die Schule war nur ein paar Blocks von mir entfernt, dazwischen lag nur ein kleiner Park und ein Café. Plötzlich stand ich dann vom Schultor und war wie gelähmt. Ich konnte mich keinen Zentimeter bewegen, ich stand nur da und starrte in die Leere. Einige Schüler gingen an mir vorbei, beachteten mich gar nicht, sondern quasselten fröhlich von ihrem Wochenende. Nur noch zehn Minuten bis zur ersten Stunde. Ich versuchte, die Gesprächsfetzen in meinem Kopf zu übersetzten, doch alle redeten so schnell. Ich bekam Panik und wollte schon umdrehen und nachhause rennen, als mich jemand an der Schulter packte. Erschrocken drehte ich mich um und blickte in die Augen eines blonden, zuversichtlich lächelnden Kerls. „Hi, ich bin Nathaniel, der Schülersprecher. Du musst die Neue sein, Lydia, richtig?" Ich nickte nur. „Nett dich kennenzulernen. Du weisst nicht, wo du hinmusst, stimmts? Du starrst schon gut drei Minuten auf die Schule..." Ich nickte wieder, obwohl ich eigentlich ganz genau wusste, wo ich welche Stunde hatte. Nur, wie will man schon gestehen, dass man eine riesen Angst vor der neuen Schule hat. „Hey, kein Problem, du bist mit mir in einer Klasse, wir können zusammen hin. Ich muss nur noch kurz zu meinem Spind." Schnell, du musst etwas sagen, komm schon Lydia. Ich stammelte etwas herum, schliesslich folgte ich ihm einfach. Unterwegs gab Nathaniel mir eine kleine Führung, was ich ziemlich süss von ihm fand. Es schien ihn auch nicht gross zu stören, dass ich im Ganzen etwa drei Wörter von mir gab. Vor dem Klassenzimmer im dritten Stock blieben wir dann stehen. „Ich glaube, du musst kurz hier draussen warten, die Direktorin wollte dich noch sprechen. Ich geh dann schon mal rein", sagte er mit einem netten Lächeln und stiess schon die Tür auf, als ich ihm nachrief. „Hey Nathaniel!" Er sah mich fragend an. Ich lächelte ihn schüchtern an. „Danke". Er nickte mir freundlich zu und ging schliesslich rein.

Ich musste ein, zwei Minuten warten, da kam auch schon die Direktorin. Nachdem sie mich begrüsst und mir ein paar Fragen gestellt hatte, begleitete sie mich ins Klassenzimmer. Ich liess dem Blick über meine neuen Mitschüler schweifen. Die meisten sahen mich interessiert an, einige tuschelten miteinander und wieder andere warfen mir gelangweilte Blicke zu. „Liebe 3A, das hier ist eure neue Mitschülerin, Lydia. Sie kommt aus der Schweiz und hat noch einige Probleme mit unserer Sprache, seit also rücksichtsvoll." Oh. Mein. Gott. Musste das jetzt sein? Ich wäre am liebsten im Erdboden versunken. „Lydia, setz dich doch bitte neben Rosalia." Ich schaute etwas ratlos herum, bis ich ein Mädchen mit langen weisslichen Haaren wild winken sah. Schmunzelnd ging ich in ihre Richtung und setzte mich neben sie. Rosalia plauderte sofort drauf los, erklärte mir, dass sie schon immer mal in die Schweiz wollte und dass sie die Sprache extrem lustig fand. Sie stellte mir ein paar Fragen, liess mich aber gar nicht antworten, sondern redete gleich weiter. Ich hörte ihr aufmerksam zu und musste ein zweimal fast laut auflachen. Den Lehrer, Mr. Faraize, schien es nicht weiter zu stören, dass so gut wie keiner aufpasste, vielleicht hatte er die Klasse aber auch schon aufgegeben. Jeder tuschelte mit seinem Banknachbarn, ein Paar drehten sich auch nach hinten, um mit den anderen zu reden. Ja, das Wochenende schien für alle sehr gut verlaufen zu sein. Ich stoppte Rosalia kurz in ihrem Redefluss und fragte, wie die anderen aus der Klasse hiessen und wie sie so waren. „Ach ja stimmt, du kennst hier ja noch gar niemanden. Also, ganz vorne links sitzen Carla und Melody. Carla solltest du lieber meiden, mit ihr lohnt es sich nicht wirklich, befreundet zu sein. Glaub mir, ich spreche aus Erfahrung. Melody ist die Streberin der Klasse. Daneben sitzen Nathaniel und Peggy. Nathaniel ist der Schülersprecher, ihn kennst du ja schon ein bisschen, ich habe gesehen, wie ihr euch unterhalten habt. Peggy, naja, ihr würde ich keine Geheimnisse anvertrauen. Sie leitet die Schülerzeitung und tut alles für eine gute Story, selbst, wenn sie jemandem damit Schaden zufügt. Ganz rechts sitzen Kim und Viola. Mit ihnen habe ich nicht wirklich viel zu tun aber Viola zeichnet unglaublich gut. Okay, nächste Reihe. Armin und Alexy, sie sind Zwillinge. Die wirst du mögen. Dann Kentin und Pia, Iris und Li. Direkt hinter Li sitzen Amber und Charlotte. Sie bilden die Zickenclique der Schule, halt dich bloss fern von ihnen, wenn du keinen Bock auf unnötigen Ärger hast. Der Weissschopf hinter mir ist Lysander, sein Bruder ist mit mir zusammen und sein liebenswerter Kumpel heisst Castiel." Ich blickte kurz nach hinten und drehte mich abrupt wieder um. Verdammt, ich kannte ihn. Castiel.

How you changed my life... {Castiel Fanfiction}Where stories live. Discover now