I - Gebieterin

951 29 2
                                    

Dunkelheit. Das einzige was Hermine die letzten Tage gesehen hat. Sie hat Hunger, ihr ist kalt. Nicht nur die Kälte bringt sie zum zittern. Auch diese unbeschreibliche Angst vor dem, was jetzt passieren wird, macht ihr schwer zu schaffen.

Harry ist in Askaban, Ron und die anderen hat sie seit Tagen nicht mehr gesehen. Hermine fragt sich, ob sie ihre beiden besten Freunde jemals wieder sehen wird. Bei diesem Gedanken muss sie anfangen zu weinen. Ich muss stark bleiben, denkt sie sich und wischt sich ihre Tränen aus dem Gesicht.

Ihre Handgelenke tun weh. Die Todesser, die sie gefangen genommen haben, haben den Strick wohl etwas zu fest gezogen. Hermine möchte sich gar nicht vorstellen, wie rot und blutig ihre Gelenke sein müssen. Die ständigen Versuche, sich von ihren Fesseln zu befreien, tragen nochmal ihren Teil zum Schmerz bei. Selbst wenn sie es schaffen würde sich zu befreien, würde es aufgrund der tiefen Dunkelheit nichts bringen, denn Hermine hat ohne Licht keine Chance einen Ausweg zu finden.

Sie schließt ihre Augen und denkt an den Krieg, der sich vor ein paar Tagen ereignet hat. Das einzige was übrig geblieben ist, sind Scherben. Bruchteile ihrer Erinnerung. Vieles hat sie verdrängt. Es muss wirklich grausam gewesen sein, denkt sie sich.

Plötzlich hört Hermine das klicken einer sich öffnenden Tür. Sie erschrickt und beginnt wieder stärker zu zittern. Der Raum wird von einem grellen Licht erleuchtet. Vermutlich kommt es ihr aufgrund ihres langen Aufenthaltes im Dunkeln so hell vor.

Sie muss sich erstmal an den Lichtwechsel gewöhnen. Sie kneift die Augen zu, sodass sie nicht sehen kann, wer sie auf einmal an ihren Armen auf die Beine zieht.

"Komm," sagt eine tiefe Stimme, welche Hermine einen kalten Schauer über den Rücken laufen lässt.
Es ist die eisige Stimme von Fenrir Greyback und seine Hand auf ihrem Rücken, die sie hinausführt. In das Licht hinein.

Hermine bekommt Kopfschmerzen. Ihr Schädel dröhnt, sie fällt zu Boden. Kurz vor der Ohnmacht, spürt sie plötzlich einen stechenden Schmerz im Rücken. Greyback tritt sie, sodass sie nach vorne fällt.
"Beweg dich du dummes Schlammblut," keift er.

Hermine versucht aufzustehen, doch es erscheint ihr als unmöglich. Ihr Kopf und zu allem Überfluss jetzt auch noch ihr Rücken schmerzen so stark, dass sie ein schmerzhaftes Stöhnen nicht mehr verhindern kann. Doch sie versucht es weiter. "Zeig keine Schwäche," murmelt Hermine vor sich hin. Mit einem Ruck steht sie wieder auf den Beinen, leicht eingesackt aber mit erhobenem Kopf.

"Geht doch," spottet der Werwolf hinter ihr.

Die beiden kommen in einen nicht mehr allzu hellen Raum mit einem dunklen Fußboden, dunklen Tapeten, einem hölzernen großen Tisch in der Mitte des Raumes, an welchem jeder einzelne Todesser seinen Platz findet und wo Hermines Freunde gefesselt hinter verschiedenen Todessern stehen.

Greyback setzt sich auf den Stuhl hinter welchem Lavender mit einer eisernen Fessel um den Hals steht. Sie lebt. Sie hat tatsächlich überlebt. Aber es ist nicht mehr viel von ihr übrig. Überall hat sie Kratzspuren im Gesicht, ihre Augen sind mehr tot als lebendig. Sie sind glasig und schauen an Hermine vorbei. Was hat er nur mit ihr gemacht, fragt sie sich, dabei liegt die Antwort klar auf der Hand, aber die braunhaarige will es sich nicht eingestehen. Niemand sollte auf so eine Art und Weise missbraucht werden.

Hermine schaut sich weiter um und erblickt Luna bei Snape. Sie allerdings, ist nicht gefesselt, aber sieht leicht erschöpft aus. Allerdings merkt man, dass sie lediglich erschöpft von der Arbeit als Dienerin bei den ihm ist. Er scheint sie nicht sexuell missbraucht zu haben. Zumindest hofft Hermine das.

Weiter vorne im Raum steht Ron. Bei den Malfoys. Doch er scheint noch relativ bei Sinnen zu sein, denn als er realisiert, dass Hermine gerade den Raum betreten hat, möchte er auf sie zustürmen. Durch seine Fußfesseln fällt er hin.

Alle Anwesenden fangen an, hämisch zu lachen. Hermine läuft zu ihm, hilft ihm auf. Seine Hände sind mit langen Narben übersäht. Auch er hat schon das ein oder andere mitgemacht.

Wie aus dem nichts ertönt eine nur allzu bekannte, schrille Lache. Der ganze Saal wird still. Die Augen der Anwesenden weiten sich. Aus dem Dunkel des angrenzenden Raumes betritt eine recht dürre, und nicht gerade hässliche Gestalt den Raum. Ihre zerzausten, lockigen Haare lassen erkennen, um wen es sich handelt. Bellatrix Lestrange.

„Wie süß. Euer Ende ist da und wir könnten euch für jeden Fehltritt töten. Dennoch erlaubt ihr euch, euch einfach so euren Gebietern zu widersetzen?", sagt sie relativ ruhig. Hermine schüttelt den Kopf. „Ich habe keinen Gebieter und ich werde auch nicht zu einer eurer Sklaven."

Die Todesser, die an dem großen Tisch sitzen, sind schockiert. Hermine hat sich gerade mit Bellatrix Lestrange angelegt. Noch nicht einmal ihre Schwester Narzissa würde das tun.

Bella geht langsam auf Hermine zu. Ron dreht durch. „Lass sie in Ruhe!" Er rennt auf sie zu, doch Lucius zieht an der Kette der Fußfesseln. Ron fällt erneut auf den Boden und schlägt sich dieses Mal den Kopf auf. Er bleibt liegen.

„Nein," sagt Hermine mit Tränen in den Augen. Sie möchte sich zu ihm auf den Boden setzen, aber Bellatrix hält sie davon ab. „Untersteh dich," sagt die dunkle Hexe, immer noch in einem verhältnismäßig ruhigen Ton. Danach geht sie weiter auf die junge Hexe zu, steigt über den bewusstlosen Körper von Ron hinweg und steht schließlich direkt vor ihr. Bella nimmt Hermines Kinn zwischen Zeigefinger und Daumen und zwingt sie, ihr direkt in die Augen zu sehen.

„Du willst also nicht hören ja? Das werden wir sehen," sagt sie in einer bedrohlichen Flüsterstimme. Hermine bekommt davon Gänsehaut.

Nun lässt Bella sie los und wendet sich den Anwesenden zu. „Vorschläge?", fragt sie glücklich in die Runde und setzt sich vor Kopf an den Tisch.

„Ich will sie," kommt es von Alecto Carrow.
„Ich wäre auch nicht abgeneigt," meint Greyback.
Carrow ist empört. „Du hast doch schon eine."
„Und? Die bekommt eh nichts mehr mit."
Sie schüttelt den Kopf. „Das ist unfair Greyback. Ich nehme sie," beschließt sie mit sicherer Stimme. Der Werwolf lacht laut auf. „Ach ja? Tust du das? Wer sagt-"

Bellatrix unterbricht das Gespräch, indem sie sich wieder von ihrem Stuhl erhebt. „Wisst ihr was?" Alle starren sie ergeben an. Sie hingegen blickt mit einem zweideutigen Grinsen zu Hermine rüber. „Ich nehme sie. Jemand sollte dem Schlammblut Manieren beibringen."

Alecto Carrow erhebt sich ebenfalls. Bella wird darauf aufmerksam. „Warum darfst du eigentlich bestimmen? Wer entscheidet, dass du das sagen hast und dir einfach nehmen kannst, was du willst?"

Bellatrix' Miene verdunkelt sich. Ihr Ausdruck hegt puren Hass. Zu spät bemerkt Carrow, was sie getan hat. Sie entfernt sich vom Tisch, als Bella immer weiter auf sie zukommt. Carrows Augen sagen alles. Sie hat Angst. Todesangst.

„Okay warte, das wollte ich nicht- Also das war nicht so gemeint ich-" Die Todesserin ist an der Wand angekommen. Sie kann nicht mehr weiter zurückweichen. Bellatrix läuft weiter auf sie zu. Es dauert nicht lange, bis sie endlich direkt vor ihr steht, ihren Zauberstab auf Alectos Hals gerichtet und bereit für den Todesfluch ist.

„Bitte." Obwohl Bella fast einen ganzen Kopf kleiner als ihr gegenüber ist, schafft sie es, sich durchzusetzen. So wie immer.

„Ich denke, das ist Antwort genug auf deine Frage?"
„Ja, natürlich."
Carrows Atem setzt eine Weile aus. Schließlich fällt sie in Ohnmacht. Bellatrix schüttelt den Kopf. „Zu nichts zu gebrauchen." Sie dreht sich wieder zu den anderen. „Sonst noch Einwände?" Die starrenden Todesser wenden den Blick ab. Sie blicken allesamt auf die Tischfläche direkt vor ihnen, keiner sagt etwas.

„Gut." Sie wendet sich Hermine zu.

„Tja, jetzt hast du eine Gebieterin."

Captured - FearWhere stories live. Discover now