Die Wiederkehr

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Die restlichen Tage des Trainingscamps vergingen ohne weitere Zwischenfälle. Kira hatte die Verabschiedungen relativ schnell hinter sich gebracht um nicht daran erinnert zu werden das sie die Anderen spätestens als Gegner wiedersehen würde. Auch die Busfahrt über konnte sie ihre kreisenden Gedanken durch die Gespräche mit ihrem Team in eine andere Richtung lenken, doch jetzt saß sie im Rollstuhl vor ihrer Haustür und hatte ihrer Mutter eine Menge zu erklären. Sie atmete tief durch und wollte die Tür aufmachen als Tanakas Schwester, Saeko, herausgerannt kam. Ihr Blick traf auf Kira und sie wich ihr holpernd aus.
"Hab keine Zeit für Spenden, kommen Sie wann anders wieder und machen Sie die Tür zu!" rief sie und verschwand auch schon. Kira sah ihr etwas verdutzt hinterher, ehe sie mit dem Rollstuhl mühselig die Treppen hochholperte.
"Bin wieder da" rief sie mit einem verunsichertem Unterton. Sie rollte langsam ins Wohnzimmer und sah ihre Mutter auf der Couch schlafen. Ein Lächeln legte sich auf ihre Lippen. Kira machte den laufenden Fernseher aus und wollte gerade gehen um ihre Taschen im Zimmer abzustellen, als Lilien sie davon abhielt.
"Kira? Bist du schon wieder da?" Sie öffnete langsam ihre Augen und richtete sich auf.
"Ja" wisperte Kira und senkte den Kopf.
"Wie war das Trainingscamp? Hat es Spaß gemacht?" Kira biss sich auf die zitternde Unterlippe. In ihrem Hals bildete sich ein großer Kloß. Es würde nur wenige Sekunden brauchen bis die Sicht ihrer Mutter sich wieder klärte.
"Ja, ich hab eine Menge gelernt" Eine kleine Weile des Schweigens verging, bis Lilien diese unterbrach.
"Kira?" Langsam hob diese ihren Kopf. In ihren Augen hatten sich bereits Tränen gesammelt.
"Es tut mir Leid" wisperte sie, doch entgegen ihrer Erwartungen machte Lilien nicht den Anschein von Wut oder Trauer. Ganz im Gegenteil. Ihre Gesichtszüge waren sanft, selbst ein Lächeln lag auf ihren Lippen.
"Was ist passiert?" fragte sie mit einer ruhigen Stimme. Kira zog schniefend ihre Nase hoch und begann zu erzählen, als sie endete war das Lächeln auf Liliens Lippen noch immer nicht verschwunden.
"Ich verstehe" war alles was sie daraufhin antwortete. Kira sah sie verwundert an.
"Bist du nicht wütend? Oder enttäuscht?" Doch Lilien legte bloß eine Hand an Kiras Wange und wischte ihr die herunterkullernden Tränen weg.
"Ich bin besorgt um deine Gesundheit" flüsterte sie dann mit einer hauchzarten Stimme. Das versetzte Kiras Herz den endgültigen Hieb und sie schluchzte leise auf.
"Es tut mir Leid" schluchzte sie immer wieder, in der Hoffnung ihre Schuldgefühle würden verschwinden, doch sie blieben. Mit der Zeit nahm Lilien sie in den Arm und begann ihr über den Kopf zu streichen, was Kira dazu veranlagte sich in ihrem Hemd festzukrallen.
"Wie kannst du nur so ruhig bleiben?" Liliens Lächeln wurde breiter.
"Dein Vater kam mal mit einer ähnlichen Verletzung zurück. Er hatte sich das Bein verstaucht und in den ersten Tagen habe ich ihn keine Sekunde aus den Augen gelassen. Ich war wirklich über fürsorglich. Bei ausnahmslos allem. Er hatte sich zwar ähnlich wie bei dir für einen Kameraden geopfert aber in meinem Kopf hatte ich mir schon ausgemalt wie wir das Haus verkaufen. Doch am 5ten Tag hat er mir dann etwas gesagt das ich bis heute in meinem Herzen behalten habe" Kira sah langsam auf. Ihre verweinten Augen blickten hoffnungsvoll zu ihrer stark wirkenden Mutter hinauf.
"Es ist nicht die Luft die uns am Leben hält, auch nicht die Nahrung, das Wasser oder das Dach über dem Kopf. Sondern der bloße Wille. Ohne den Willen zu leben würden wir weder atmen, noch arbeiten, essen, trinken oder unseren Hobbies nachgehen. Ich habe beschlossen zu leben und zwar so das ich nichts bereue. Das hier ist Teil davon" Kira riss die Augen auf. Das kam ihr bekannt vor und ehe sie sich versah huschte eine längst verschollene Erinnerung durch ihren Kopf.

Eine schwarze Silhouette beugte sich zu Kira hinunter und wuschelte ihr durch die schwarzen Haare.
"Viel Spaß in der Schule" Die Person lächelte gequält, doch entgegen seiner Erwartungen ging Kira nicht. Sie nahm den Ärmel des Mannes und verhinderte so das er gehen konnte.
"Ich will nicht gehen" murmelte sie dann. Der Mann sah sie fragend an.
"Warum nicht?" Kira sah zur Seite.
"Die Anderen sind gemein. Die meinen das ich komisch bin und mein Kopf wie ein Volleyball aussieht" gab sie schließlich zu und wurde plötzlich hochgehoben. Die durchdringenden grünen Augen, die sie von ihm geerbt hatte, sahen sie ernst an.
"Macht dir Volleyball Spaß?" Kira nickte eifrig.
"Dann hör nicht auf sie. Du bist einzigartig und das ist gut so. Du hast ein Talent und den Willen zu lernen, das wird dich weiter bringen als sie es je schaffen werden" Er gab ihr einen Kuss auf die Stirn und setzte sie wieder ab.
"Hör mir zu. Wenn du Volleyball auch in Zukunft vernünftig spielen willst, dann ist hier die Regel Nummer 1"
"Noch wichtiger als Regel Nummer 7?"
"Viel wichtiger!" Mit großen Augen sah Kira ihren Vater an, der sich gekünstelt räusperte.
"Solange du dich noch bewegen kannst besteht die Chance auf den Sieg. Aufgeben ist keine Option!" Sie nickte eifrig, während sie versuchte sich die Worte ihres Vaters einzuprägen. Dieser streichelte ihr erneut über den Kopf und lächelte.
"Du wirst in Zukunft sicherlich oft vom Leben in die Knie gezwungen werden, aber ich will das du vorwärts gehst. Trainier das was ich dir bisher beigebracht habe und entwickle eigene Taktiken. Halte dich an die 7 Regeln und sei nett zu deiner Mutter. Freunde dich mit Leuten an die dich wirklich mögen und zwar so wie du bist. Nimm keine Drogen, Rauchen ist ohne weitere Diskussion verboten und Alkohol erst ab 18 und nur in kleinen Mengen!" Ein sanftes Funkeln tauchte in seinen Augen auf als er das verwirrte Gesicht seiner Tochter sah, die vermutlich nicht einmal wusste wovon er sprach. Er konnte nicht anders und nahm sie in den Arm.
"Ich hab dich lieb, Kira" Diese lächelte fröhlich und unbesorgt.
"Ich dich auch" Sie sah dabei zu wie er die Autotür aufmachte.
"Viel Spaß bei der Arbeit" rief sie ihm hinterher und ein wehleidiges Lächeln tauchte auf seinem Gesicht auf. Er atmete tief durch und startete den Motor. Sein Blick wanderte zu der in die Grundschule laufende Kira. Eine Träne rann seine Wange herunter.
"Genieße dein Leben in vollen Zügen und versuche so wenig zu bereuen wie möglich" flüsterte er. Seit diesem Tag hatte Kira ihn nicht wieder gesehen. Auch ihre Mutter nicht.

(Haikyuu FF) Volleyball ist ihr Leben!Where stories live. Discover now