6. Ja zu sagen. Einfach nur ja. Zu dem, was passiert. Zu dem, was ist.

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Als Karle ein paar - viel zu wenige - Stunden später wach wird, realisiert er, dass er nicht in seinem Bett liegt und vor allem ist er nicht alleine. Jemand liegt hinter ihm, hat einen Arm um seinen Bauch geschlungen und liegt dicht an ihn gekuschelt. Okay, es könnte ja Eisei sein, der hat keine Berührungsängste und würde ihn wenn nötig in den Arm nehmen. Aber die Person ist viel größer als Eisei. Karle versucht seine Erinnerungen zu sortieren aber ein doofer Kopfschmerz macht es ihm schwer. Er kann sich an die Bar erinnern, viel Alkohol und warte... hat er nicht mit Wanki getanzt? Irgendwas schlägt da an in seinen Gedanken, er dreht sich um, vorsichtig, bemüht denjenigen, der mit ihm in Bett liegt nicht zu wecken. Er ist erleichtert, als er dann sieht, dass es wirklich Wanki ist, der da mit ihm im Bett liegt. Karle beobachtet ihn, er ist ein hübscher Mann, ganz entspannt liegt er da. Die Decke ist ein bisschen runtergerutscht und so merkt Karle, dass Wanki nicht mehr an hat als Boxershorts, genau wie er selbst. Ganz beunruhigend, weil er sich nicht ganz erinnern kann warum sie so wenig anhaben. War er so betrunken, dass er nicht weiß was passiert ist? Das ist nicht gut, ist ihm nie passiert und das bringt ein bisschen Panik in ihm hoch.

Auf einmal sind seine Gedanken wieder bei Eisei. Er weiß ja gar nicht wo Karle ist. Er muss bemerkt haben, dass er die ganze Nacht nicht da gewesen war. Was wenn er ein großes Ding daraus gemacht hat? Er musste sich wundern, wo Karle steckt und hat sicher versucht ihn zu erreichen. Blöd nur dass er sein Handy in ihrem gemeinsamen Zimmer gelassen hat, als er rausgerannt ist. Wenn es rauskommt, dass Karle die ganze Nacht weg war, dann ist er sowas von am Arsch. Dann wird er aus dem Team fliegen und kann seinen Olympiatraum vergessen. Er versucht sich aus der Umarmung zu lösen ohne Wanki zu wecken, aber sofort als er es versucht zieht Wanki ihn näher an sich. So ein Klammeraffe, denkt sich Karle, aber gleichzeitig ist es auch schön so im Arm gehalten zu werden. Wenn er nur wüsste, was passiert ist. Es wird ihm wohl nichts anderes übrig bleiben und er muss ihn wecken. Er muss dringend in sein Hotelzimmer zurück bevor jemand merkt, dass er fehlt. Er fängt vorsichtig an Wanki zu wecken, was aber nicht so leicht ist. Und böse wecken will er ihn wirklich nicht. Also versucht er stattdessen sich erneut aus den Armen zu befreien und dieses Mal gelingt es ihm auch. Aber gerade als er sein T-Shirt in dem Haufen Klamotten auf dem Boden gefunden hat, wird Wanki wach.

„Wo willst du hin? Es ist viel zu früh zum Aufstehen!" sagt der müde und klopft einladend neben sich. „Komm wieder ins Bett."

„Ich muss zurück ins Zimmer, Eisei wundert sich bestimmt wo ich bin" sagt Karle und versucht seine Socken zu finden. Doch gleichzeitig brennen ihm so viele Fragen auf der Zunge, aber Prio eins ist jetzt in sein Zimmer zu kommen. Eisei zu beruhigen und er betet, dass er niemandem erzählt hat dass Karle fehlt.

„Ich habe Eisei schon gestern eine SMS geschrieben, dass du bei mir pennst. Kommst du jetzt wieder?" fragt Wanki ihn und reibt sich müde über die Augen. „Es ist echt viel zu früh."

Karle muss leicht lachen. Er sieht so müde aus und er selbst ist auch müde. Also legt er sich wieder ins Bett, hält aber ein bisschen Abstand zu Andi. Er muss halt ein paar Antworten bekommen bevor er sich ganz entspannen und ein paar Stunden mehr Schlaf bekommen kann. Er selbst darf zwar nicht springen, aber Wanki schon und er will ihn nicht wach halten, aber er möchte schon wissen was eigentlich passiert ist.

„Also..." fängt er an, fühlt dass er rot wird und es ist ihm total peinlich. „Aaalso ich, also iich..." Verdammt denkt Karle und schluckt. Es ist nur Wanki, du kannst ihn schon alles fragen. Aber bevor er wieder anfangen kann, fängt Wanki an zu reden.

„Du weißt nicht so ganz was passiert ist, oder?" fragt er und streicht beruhigend durch Karls Haare.

„Nicht so ganz" antwortet er leise, „ich kann mich an die Bar erinnern. Wie haben getanzt und wir haben uns geküsst, so weit bin ich voll dabei. Danach nicht mehr so ganz." sagt er und blickt ihn unsicher an. Hat er jetzt alles versaut? Er mag ihn, er will ihm nicht wehtun oder ihn enttäuschen.

„Bereust du es?" fragt Wanki und schaut ihn unsicher an.

„Nein." sagt Karle schnell, „ich kann mich zwar nicht an alles erinnern, aber ich bereue nichts. Ich wollte es, das weiß ich. Ich würde sonst nie was machen. Ich weiß wir haben hier auch geknutscht aber ich kann mich leider an sonst nichts erinnern. Ich hoffe ich habe dich zu nichts gedrängt?" fragt er und jetzt ist er es, der unsicher schaut.

„Nein hast du nicht. Ich wollte es auch, und ich kann dich beruhigen, wir haben nicht mehr gemacht als ziemlich heiß geknutscht. Aber du warst so besoffen und so müde, dass du angefangen hast abzudriften und dann haben wir es beendet und haben nur geschlafen." sagt er. Karle atmet erleichtert aus und schwört sich selbst nie mehr so viel zu trinken. Er hat echt Glück dass es Wanki war, den er in der Bar getroffen hat. Aber eine Frage brennt ihm auf der Zunge, er muss es wissen bevor er ans Schlafen denken kann.. Aber er weiß auch nicht, ob er sich traut es zu fragen. Wieder bricht Andi seine Gedanken ab.

„Spuck es aus. Ich sehe, dass du was hast, was du rauslassen musst." sagt er und Karle wundert sich, wie es sein kann dass er ihn lesen kann wie ein offenes Buch.

„Okay, ja, also ich frag mich nur - also du hast nie was erwähnt, aber ich habe halt gemerkt, also dass du." Oh man denkt Karle. Warum kann er nichts Vernünftiges rausbringen? Wanki muss erneut bemerken dass Karle mit sich kämpft, er steckt wieder seine Hand in Karles Haare und streicht beruhigend durch. Lässt die Haarsträhnen zwischen seinen Finger gleiten und es hilft. Karle kann sich entspannen und macht einen neuen Versuch.

„Ja, also, warum hast du mitgemacht? Ich wusste nicht, dass du auf Männer stehst?" fragt Karle ihn und jetzt ist es Wanki, der verlegen wird und ein paar Mal schlucken muss bevor er antwortet.

„Es war nicht geplant und ich will nicht, dass du das denkst. Aber du wolltest so gern tanzen und dann hat das eine zum anderen geführt und..." sagt er, bricht ab und fängt Karles Blick ein bevor er weiter redet. „Ich mag dich. Ziemlich viel, das tue ich schon lange und wir müssen wohl wirklich reden. Ich will dich wirklich nicht drängen und ich hoffe, dass du jetzt nicht denkst, dass ich dich ausgenutzt habe, weil du so verzweifelt wegen Lucas warst. Aber du hast die Wahrheit verdient. Ich will und kann dich nicht anlügen." sagt er und mit jedem Wort wird seine Stimme unsicherer, leiser und Karle sieht wie viel Mühe es ihn kostet, es zu sagen.

„Du magst mich?" fragt er nach. Er fühlt wie er Wanki förmlich anstarrt. Aber was er gerade gehört hat, hatte er nicht erwartet. Nie im Leben!

„Ich mag dich nicht nur." sagt Wanki so leise, dass Karle ihn kaum hören kann und seine Hand verschwindet aus Karles Haaren. Karle schluckt, er will jetzt nichts Falsches sagen. Er muss genau die richtigen Worte finden. Sein Kopf dröhnt von all den Gedanken. Es ist schon viel, was er zu hören bekommen hat und dann gibt es ja auch noch Lucas. Nicht mehr in seinem Leben, das ist ihm seit gestern klar. Aber in seinem Kopf und auch ein bisschen in seinem Herzen ist er noch präsent. Doch irgendwas kribbelt in seinem Bauch, wenn er in Wankis dunkle Augen schaut. Wenn er Wankis Hand in seinen Haaren fühlt. Aber was ist es? Er weiß es nicht, doch er will es rausfinden!

„Wow, also ich bin echt ein bisschen sprachlos." sagt er. „es war echt ein bisschen viel die letzten Tage und in meinem Kopf ist im Moment ein bisschen Chaos." antwortet er mit einem schiefen Lächeln. Ein bisschen Chaos wäre schön. Es ist total Meltdown in seinem Kopf gerade, aber er merkt, dass Wanki unsicher wird und sich wieder entziehen will. Er weiß nicht was ihn dazu bringt, aber er das plötzlich das Verlangen Wankis Lippen wieder zu berühren, zu spüren, also lehnt er sich nach vorne und drückt dem Älteren einen sanften Kuss auf die Lippen bevor er weiterredet. „Ich bin ziemlich durcheinander, ich brauche Zeit zum nachdenken und ich kann dir nichts versprechen. Ich muss erst das mit Lucas hinter mich bringen, aber du sollst wissen, dass ich mit niemandem nur so rumknutsche und ich nehme alles, was du mir gesagt hast, ernst." Er hofft, das ist Antwort genug für Wanki. Mehr kann er ihm jetzt nicht geben. Er muss in Ruhe alle seine Gefühle und Gedanken ordnen.

„Mehr kann ich nicht verlangen, Karle." sagt Wanki. „Darf ich?" fragt er dann und öffnet einladend seine Arme. Karle zögert nicht, er fühlt sich gut in Wankis Armen und solange es für ihn okay ist, ist es auch für Karle okay. Also kuschelt es sich wieder in Wankis starke Arme und genießt die Wärme, die er ausstrahlt.1. Es gibt immer wieder Situationen im Leben, die uns überfordern können, weil sie unerwartet in unser Leben gelangen und uns unvorbereitet treffen.2. Denke nicht so oft an das, was dir fehlt, sondern an das, was du hast.3. Du musst nicht alles mögen, was dir passiert. Aber du kannst aus allem etwas lernen4. Wer Tausenden gefallen will, gefällt nicht einem recht.5. Liebe ist die stärkste Macht der Welt, und doch ist sie die demütigste, die man sich vorstellen kann.6. Ja zu sagen. Einfach nur Ja. Zu dem, was passiert. Zu dem, was ist.

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