"Wird schon schiefgehen...."

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Weihnachten, die schönste Zeit des Jahres. Klirrend kalt war es innerhalb der letzten Wochen geworden und draußen zeichnete sich eine dünne Schicht weicher weißer Schnee auf den Hausdächern ab, der im Licht der Festtagsbeleuchtungen traumhaft glitzerte.
Doch für Noriko war es auch eine anstrengende Zeit. Für sie und wahrscheinlich auch einige andere. Weihnachtsgeschenke. Immer eine besonders schwierige Sache, jedes Jahr aufs Neue. Warum nur war es immer so verdammt schwierig, das Richtige zu finden? Vor allem, wenn man denjenigen, den man beschenken wollte, nicht einmal kannte.
Die Rede war vom Wichteln, und Noriko hatte, wie jeder ihrer Mitschüler, einen kleinen Zettel mit einer Nummer gezogen. Zu wem diese Nummer gehörte, wusste sie nicht, nur eine kleine Nebennotiz besagte, dass es sich um einen Jungen handelte. Ganz großartig. Als ob sie eine Ahnung hätte, was man einem Jungen aus der Oberstufe schenken sollte. Einem Jungen, den sie vermutlich nicht kannte. Es konnte einfach jeder sein.
Es kam sowohl ein Stubenhocker als auch ein sportlicher Typ in Frage, jemand Pragmatisches oder jemand, der sich einfach über eine nette Geste freut. Ja verdammt, es war verflucht schwierig. Vielleicht war es jemand aus ihrer Klasse, vielleicht jemand vollkommen Fremdes. Wie peinlich wäre es nur, wenn sie einen der Jungs erwischt hätte, die sie kannte ...
Noriko riss sich zusammen. Ist doch vollkommen egal, sagte sie sich. Am Ende wird es sowieso keiner herausfinden ... die ganze Sache ist doch geheim.
Sie holte noch einmal tief Luft, in der Drogerie roch es nach Seife und Parfum, nach Duftkerzen und ... ja, nach abgestandener Luft, wie in jedem überfüllten Laden.
Mehr oder weniger zielstrebig bewegte sie sich durch die Regale, sah sich aufmerksam um. Mit Schokolade konnte man doch eigentlich nichts falsch machen, oder? Aber das ist echt einfallslos, dachte sie. Am Ende der Regale fand sie sich bei der Kosmetik und den Parfums wieder. Das ist wohl nicht das Richtige, dachte Noriko grinsend, doch dann hielt sie inne und ihr Blick fiel auf die Seite mit den Männerdeodorants. Nein ... Deo ist wirklich billig, würgte Noriko sich im Stillen selbst ab. Geheim hin oder her, so verzweifelt bin ich jetzt auch wieder nicht. Sie seufzte. Aber immerhin sahen die Behälter nicht so langweilig aus ... viel Schwarz gepaart mit kräftigen, leuchtenden Farben. Aber Aussehen ist eben auch nicht alles, widersprach das Mädchen sich selbst und vergrub die Hände in den Taschen ihrer Jacke. Sie schlenderte weiter. Wenn es schon was in die Richtung sein soll, dann wenigstens richtiges Parfum ... ich meine ... was kann ich denn schon falsch machen?
Sie suchte die richtige Regalreihe auf, doch als sie einen Blick auf die Preisschilder warf, blieb ihr fast das Herz stehen. Meine Güte, dachte sie entsetzt. Die kosten ja ein richtiges Vermögen ... unglaublich ... und das alles nur, weil da berühmte Namen draufstehen ... Sie ging weiter und schließlich gelangte sie zu den etwas preiswerteren Männerdüften. Na dann ... so viel kann ich wohl verschmerzen. Dann wollen wir mal.
Mit einem Mal kehrte ihre Motivation zurück und sie begann, die unterschiedlichen, dynamisch designten Flakons zu inspizieren und bemerkte schnell, dass sie bei dieser Auswahl noch ein wenig länger in diesem Laden verweilen würde. Schließlich begann sie, die zum Test ausgestellten Parfums auszuprobieren.
Noriko hatte nicht gewusst, dass es so unterschiedliche Kreationen gab, manche jedoch rochen recht ähnlich, andere hatten ein so intensives Aroma, dass es ihr unangenehm in die Nase stach, andere nahm sie kaum wahr. Jeder Mensch empfindet anders ... was ist wenn ... ach, egal, entschied sie schnell und schließlich blickte sie auf ein intensiv blau eingefärbtes Fläschchen, das, für ein Männerparfum üblich, recht schlicht geformt und einigermaßen bezahlbar war. Und auch der Duft selbst erschien Noriko nicht zu aufdringlich. Angenehm.
Sie atmete erleichtert aus. Eine weitere Hürde dieses Jahr geschafft ... Noch einmal sah sie sich um, ging zu einem der runden Auslagen, auf denen Weihnachtsschokolade ausgestellt wurde. Nach kurzem Zögern nahm sie eine tannengrüne Schachtel davon an sich und ging damit zur Kasse. Immer dieser ganze Aufwand ... was für ein Stress, dachte sie im Stillen.
Nachdem sie bezahlt hatte, lief Noriko auf dem schnellsten Weg nach Hause. Es war bereits dunkel und es kam ihr so vor, als wäre es in der letzten halben Stunde noch kälter geworden. Zu Hause angekommen verpackte sie eilig ihre beiden Geschenke so gut sie es eben hinbekam, hängte ein Schild mit der richtigen Nummer daran und verstaute das Paket in ihrer Schultasche. Das war wirklich der knappste Weihnachtseinkauf ihres Lebens gewesen ... immerhin war die Auslosung schon am nächsten Tag.
Kaum dass das blaue Papier mit dem dezenten Schneeflockendekor in den Tiefen ihrer schwarzen Tasche verschwunden war, verschwendete das Mädchen auch keinen weiteren Gedanken mehr daran. Wird schon schiefgehen ...

~

Natürlich ahnte Noriko zu diesem Zeitpunkt nicht im Geringsten, wie sehr die ganze Angelegenheit noch „schiefgehen" würde ...
Einen Tag später hatte sie das Päckchen in die dafür vorgesehene Kiste geworfen und wie immer am Unterricht teilgenommen, immer mit dem Hintergedanken, dass sie sich keine weiteren Sorgen machen wollte und sollte. Anonym blieb immerhin anonym.
Später am Tag dann hatte sie ebenfalls ihr Geschenk bekommen, so wie alle anderen in ihrer Klasse. Es war keine große Sache gewesen. Schokolade und eine kleine schwarze, mit schlicht weißen Glitzersteinen besetzte Haarspange. Gut, immerhin hielten sich beide Geschenke die Waage. Aus irgendeinem Grund hatte Noriko das beruhigt.
Zwei Tage später dann, in ihrer vierzigminütigen Pause zwischen Mathe und Englisch, setzte Noriko sich mit ihren beiden Freundinnen auf eines der großflächigen Fensterbretter und zog ihre Tasche auf den Schoß. Es war ein ganz gewöhnlicher Donnerstag.
Doch dann, ganz plötzlich, nahm Noriko einen Duft wahr. Einen Duft, der ihr merkwürdig vertraut vorkam, und das, obwohl sie ihn drei Tage zuvor als gar nicht so besonders empfunden hatte. Und dennoch. Es war das Parfum, das sie zwei Tage zuvor ausgesucht hatte.
Verwundert hob sie den Kopf.
War eben der Junge, dem sie das Parfum geschenkt hatte, zusammen mit so vielen anderen Schülern an ihr vorbeigegangen? Natürlich, das war kein Ding der Unmöglichkeit ... aber dennoch ... Es interessierte sie, wer es war.
Aber vielleicht irrte sie sich auch. War es ein Zufall? Vielleicht spielten ihr ihre Sinne auch einen Streich. Es war doch nur ein ganz gewöhnliches Parfum gewesen, nichts Besonderes ... und dennoch ... sie war sich zu beinahe einhundert Prozent sicher. Wie konnte das sein? Es musste einfach ein Zufall sein. Jeder andere konnte diesen Duft ebenfalls kaufen.
Ihr Blick wanderte zu einem Jungen, der gerade an sein Schließfach getreten war und einen vollbehängten Schlüsselbund hervornestelte, um das Fach aufzusperren.
Ist er es?, fragte Noriko sich verwundert. Sie zuckte wie ertappt zurück, als der Junge sich plötzlich zu ihr umwandte, als ob er ihren neugierigen Blick gespürt hätte. Ein wenig zu hastig wandte sie ihren Blick ab, als sie von glasklaren Augen fixiert wurde.

* ~ * ~ * ~ *

Ja ... eine spontane Fanfiction zu einer recht banalen Idee, die mir kam, als ich mit meiner Schwester vor wenigen Stunden noch nach einem passenden Wichtelgeschenk gesucht habe xD Quasi basierend auf einer wahren Begebenheit. Allerdings hoffe ich, dass sie sich damit im Gegensatz zu meinem OC keine Vampire angelt. Dass mein OC das tut, dürfte ja kein allzu großer Spoiler sein.
Mich würde ja interessieren, was ihr bis jetzt denkt ^^ Klingt der Ansatz weiterführungswürdig? (Nein, das ist kein Wort.)
Ich habe übrigens nebenbei bemerkt noch absolut keinen Schimmer, in welche Richtung diese FF gehen wird xD Absolut spontan eben. Nur dass es eher in Richtung Mukami-Haushalt gehen wird, kann ich schon sicher sagen ^^ Aber sonst ... ich würd mich über vorläufige Meinungen freuen ^^ Bis dann hoffentlich :)

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