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Der Rest des Wochenendes verlief ereignislos. Ich lag die meiste Zeit in meinem Bett, schaute Serien oder versteckte mich vor dem Verwandten Besuch. Ich schlief unruhig, da zwei grüne Augenpaare mich in meinen Träumen verfolgten. Daher blieb ich wach. Am Montag bereute ich nicht geschlafen zu haben. Mit einer Hand stütze ich meinen Kopf während die andere versucht einen Stift zu halten. Immer wieder fallen mir meine Augen zu. Ich kämpfe nur schwach dagegen an. "Megan Johnson!" Vor Schreck lasse ich meinen Stift fallen. "Ja?" Wild blinzle ich die Müdigkeit weg. Vor mir steht meine Mathelehrer in gebückter Haltung.

"Anstatt das Sie in meinem Unterricht aufpassen und ihre schlechte Note auszugleichen, schlafen Sie." "Ich habe nicht geschlafen, ich habe ihnen zugehört." lüge ich. Langsam setzte ich mich in eine Aufrechte Position. "Dann haben Sie bestimmt kein Problem vor die Klasse zu treten und die Aufgabe zu lösen, habe ich recht?" Hart schlucke ich. "Ja." gebe ich leise von mir. Mit einer einladenden Geste zeigt mir Mr. Loge nach vorne zu kommen. Ich wische meine feuchten Hände an meiner Jeans ab und gehe mit langsamen Schritten nach vorne. Die Blicke meiner Mitschüler brennen sich in meinen Rücken. Zitternd greife ich nach der weißen Kreide, setzte an die Tafel an und stocke. Verunsichert beiße ich mir auf die Lippe. Ein Räuspern, schräg hinter mir, macht mir Druck. 

"Miss Johnson?" Ich spüre seinen Blick im Rücken "Mhm?" Zögerlich drehe ich mich zu ihm. "Lösen Sie die Aufgabe." "Ich weiß nicht wie." gebe ich zu. Vereinzeltes lachen geht durch den Kurs. Die Röte steigt bis zu meinen Ohren. "Haben Sie nicht aufgepasst? Haben Sie mich gerade angelogen?" Mr. Loge nimmt seine Brille ab und schaut mich mit grimmigem Blick an. Noch einmal schlucke ich hart. "Ja." piepse ich. "Setzten. Sie bekommen eine mündliche 6" Ich schließe meine Augen um die Tränen zurück zu drängen. Nicht schon wieder, denke ich. Ich stehe in Mathe auf einer soliden 5. Ich brauche eine 4 um den Kurs zu bestehen und eine 3 um an meinem Wunsch College angenommen zu werden. Mit hängenden Schultern setzte ich mich auf meinen Platz. Vergrabe meinen Kopf zwischen meinen Armen und versuche nicht in Tränen auszubrechen.

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Mit einem lauten Poltern lasse ich mein Tablett auf den Tisch vor mich fallen. Erschrocken schauen meine Freunde mich an. Mürrisch ziehe ich einen Stuhl heraus, lasse mich darauf fallen und beginne meinen Salat zu essen. "Was ist dir den über die Leber gelaufen?" fragt Cloe. Sie stochert in ihren Nudeln herum. "Gar nichts." ich stopfe mir eine volle Gabel Salat in den Mund. "Rick ist ihr über die Leber gelaufen, aber ich verstehe nicht ganz wieso du nicht über beide Ohren strahlst?" Mit hochgezogenen Augenbrauen schaue ich Leya an. "Was ist mit dir und Rick?" sofort ist Cloe voll auf begeistert. "Gar nichts." "Oh doch, Leya erzähl du es mir?" sie wendet sich an Leya. "Naja, ich habe sie in der Küche allein gelassen, mit Rick." Sie zwinkert mir verschwörerisch zu. "Am Samstag?" "Ja." "Erzählt wurde das Rick mit dieser rothaarigen, Sofia, glaub ich, rumgemacht hat." Ich schaue zwischen Cloe und Leya hin und her, verfolge das Gespräch stumm. "Habt ihr auch rumgemacht?" zwei blaue Augenpaare schauen mich an. "Nein, Cloe." "Was ist mir dir los? Bist du deswegen so angefressen?" Ich schiebe meinen Salat weg da mir der Appetit vergangen ist.

"Ich bin so angefressen da ich in Mathe wieder eine 6 bekommen habe, ich stehe im Zeugnis auf einer 5." Wütend werfe ich die Gabel hinter meinem Salat her. Jetzt folgt betretendes schweigen. "Ich kann dir Nachhilfe anbieten, wenn du magst?" Drei Augenpaare drehen sie zu Logan um. Ich habe ganz vergessen das er auch noch hier sitz. "Ja, lass ihn dir helfen. Er ist gut in Mathe." Logan war schon immer gut in Mathe, nur leider konnte er es nicht erklären, kein Stück. Widerstrebend schaue ich ihn an. "Ne, lass mal. Ich bekomme das schon hin, aber danke." Strafend sieht Leya mich an. "Was?" frage ich. "Wieso lässt du dir nicht helfen?" "Ich brauche keine Hilfe." Doch die brauchte ich. Dringend. "Du bist so ein Starrkopf." Zur Antwort brumme ich nur. Ich schalte ab. Lasse die anderen über alles Mögliche Tratschen, solange sie mich nicht ansprechen würden. Ich starre weiterhin auf meinen halb aufgegessen Salat. Er schein mich zu verspotten. Ich esse gesund, verzichte auf Schokolade, bewege mich viel und trotzdem habe ich meine Traumfigur noch nicht erreicht. Wütend funkle ich das Stück grün an.

"Megs? Weißt du darüber Bescheid?" "Mmh Was?" Schnell reiße ich meinen Blick von dem Grünzeug und schaue zu Cloe. "Na das über Rick?" "Was über Rick?" Sie schaut mich an als hätte ich ihr gerade erklärt, dass ich Schwimmhäute hätte. "Es wird erzählt das Rick Conner den letzten Sommer in einer Strafanstalt verbracht hat." Sie holt mit einer Hand weit aus. "Weißt du nun darüber etwas oder nicht?" Ich schüttle den Kopf. "Nein, ich weiß darüber nichts." "Schade, die Gerüchte machen ihn auf jeden Fall Heißer." Ich schaue zu ihr. Cloe hat verträumt eine Hand mit dem Kopf abgestützt und seufz. "Ich muss nochmal an meinen Spind. Wir sehen uns später." Verabschiede ich mich. Nehme mein Tablett in die eine Hand und meinen Rucksack werfe ich mir über die Schulter. Voll geladen gehe ich zu Essensausgabe, gebe mein Tablett ab und verschwinde schnell durch die Tür hinaus.

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Die Sonne wird jeden Moment untergehen. Das rot orange Licht fällt durch den Schlitz der Jalousien zu mir hindurch. Ich sitze an einen der Bar Tische im Tonis und wirble meinen Kuli in der Hand. Mein Blick ist fest auf mein Matheheft geheftet. Ich sitze seit zwei Stunde hier und versuche zu verstehen. Mein Kopf fühlt sich an als sei er aus Watte. Meine Finger fühlen sich so an als seien sie aus Blei. Müde Gähne ich meine Mathe Sachen an. Von hinten höre ich schwere Schritte näherkommen. Toni stellt mein drittes Glas Eistee vor mich hin. Danken schaue ich zu ihm auf. Er hat den Blick auf mein bekritzeltes Heft gelegt. "Du solltest dir helfen lassen." rät er mir. "Und von wem?" erschöpft lasse ich meinen Kopf auf den Tisch fallen. "Von Rick. Er ist super in Mathe." Meine Lippen verziehen sich automatisch. "Echt jetzt?" "Er wirkt in den meisten Fällen so wie eine Eintagsfliege, aber von Mathe versteht er was." Ein Kichern entfährt mir. "Eintagsfliege also?" Sofort verkrampfen sich meine Glieder. Ich richte mich ein Stück auf und schaue hinüber zur Tür.

Rick steht mit Sportlichen Klamotten da und schaut uns an. Moosgrüne Augen sind zu schlitzen verengt. "Hilf Megan in Mathe und der Spitzname kommt weg." Toni richtet sich ebenfalls auf. Mit durchgedrückten Schultern schaut seinen Neffen herausfordern an. "Kein Bock." Er lacht auf. Das ist aber kein schönes Lachen, es ist rau und unfreundlich. "Rick." mahnt Toni. "Lass nur, wie schon gesagt, Eintagsfliege. Morgen wird er sich schon gar nicht mehr daran erinnern können." Mit einem süßen Lächeln schaue ich ihn an. Seine Augen kneifen sich noch ein Stück weiter zusammen. "Rick, helfe ihr. Jetzt. Sonst überleg ich mir das nochmal mit dem hier wohnen. " Diesmal zeigen Tonis Worte Wirkung. Ein kleines Stück verrutscht Ricks Maske aber sofort hat er eine neue aufgelegt. Unsicher trinke ich einen Schluck von meinem Eistee und schaue zu wie Rick sich neben mich fallen lässt. Abwarten schaut er mich an. Abwarten schaue ich ihn an. Meine Haut fängt das Kribbeln an. Das Grün seiner Augen nehmen mich gefangen. Wie Hypnotisiert schaue ich sie an. "Fertig mit anstarren?" reißt seine raue Stimme mich aus meinen Gedanken. Sofort zucke ich zurück. Mir war nicht klar wie nahe ich ihm gekommen bin. Mit rosa Wangen lege ich ihm die Mathe Aufgabe hin. Dann lacht er.

Er lacht nicht laut oder mit Freude, sondern kalt und verletzen. Er lacht mich aus. Stöhnend lasse ich mich in meinen Stuhl zurückfallen. Warum tut Toni mir das an? Frage ich mich stumm. 

My GirlWhere stories live. Discover now