Nightmare

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Träume sind wie bittersüßer Honig. Manchmal schmecken sie wie ein ganzes Blumenmeer und manchmal schmecken sie wie der Tod in flüssiger Form. Heute möchte ich euch von einem ganz besonderem Traum erzählen. Ich persönlich glaube ja, dass ich in dieser Nacht mein erstes Band mit dem Schattenmann geknüpft habe. Dinge kommen und gehen wisst ihr? Das was bleibt, ist der Gestank des fauligen Atems, den der Tod sein eigen nennt.

Angeblich sollen unsere Träume einen Teil unserer Seele wiederspiegeln. Träume sind wie Fäden, die uns in der Nacht in ihren seidigen Mantel hüllen. Manche Menschen glauben sogar, dass wir in der Nacht Kontakt mit der Geisterwelt herstellen. Bis zu jener Nacht, habe ich solche Geschichten für ausgemachten Unfug gehalten. Wer glaubt den schon an Geister?

Angesichts meiner nun schon etwas zurückliegenden Begegnung mit dem Mädchen aus dem Wald, sollte ich eigentlich nicht so von Geistern sprechen oder? Mittlerweile habe ich es geschafft mir einzureden, dass alles was ich in dieser Nacht gesehen oder gefühlt habe, reine Einbildung war. Ich habe seither nie wieder in die funkelnden Augen, der Botin aus dem Schattenland sehen müssen.

Den Wald meide ich dennoch. Ich habe das Gefühl beobachtet zu werden. Das ist eigentlich vollkommen irrational, wenn man bedenkt das jene Ereignisse nun schon drei Jahre zurückliegen. Ich bin jetzt 13, gehe zur Schule, habe ein paar enge Freunde und führe eigentlich ein ganz normales Leben. Das dachte ich jedenfalls...

Es war Herbst geworden. Die Bäume hatten schon längst ihr Blätterwerk verloren und der Wind strich eisig um die Häuserdächer der kleinen Gemeinde am Rand der Welt. Ich liebte solche Tage. Ich kuschelte mich dann in meinen großen Ohrensessel und las in meinen Büchern von längst vergangenen Zeiten und fantastischen Welten. Noch wusste ich nicht, was mich heute Nacht heimsuchen würde. Noch wusste ich nicht, dass ich nach der heutigen Nacht mein Verstand verlieren würde. Die Fäden werden neu gesponnen. Pass auf Mira, sonst verlierst du dich noch.

Spinnen. Überall Spinnen. Wieso waren da überall Spinnen? Und wieso konnte ich mich nicht bewegen? Dunkelheit umgab mich und ich fühlte mich gefangen. Eingesperrt. Von unsichtbaren Ketten gehalten... 

Kalte Angst stieg in mir auf. Ich versuchte zu schreien, aber es kam kein Ton heraus. Plötzlich spürte ich wie mich etwas von hinten an den Schultern packte und mich langsam zu sich umdrehte. Die Hände fühlten sich kalt und knochig an, fast so wie die eines Toten. Fauliger Gestank stieg mir in die Nase. Lange Haare strichen über mein Gesicht und eine Stimme die so unglaublich alt und gebrochen klang, wisperte mir jene unheilvolle Sätze ins Ohr, die mein Leben von nun an bestimmen sollten.

Hallo Mira. Hast du mich vermisst? 

Das konnte nicht sein. Das ist nicht möglich. Das ist alles nur ein böser Traum.

Mira, du wirst doch wohl deinen Daddy erkennen wenn er mit dir spricht? Ich habe so lange auf dich gewartet Mira. Hat dir meine kleine Botschaft gefallen? Das Mädchen im Wald war keine Einbildung mein Schatz. Das war ich.

Mach deine Augen auf mein Spätzchen. Daddy hat sich extra für dich zurecht gemacht. Ich habe sogar jemanden mitgebracht. Rate mal Mäuschen. Mami ist da.

Ich musste aufwachen. Sofort. Das durfte nicht wahr sein. Ich biss mir so heftig auf die Lippen, bis ich Blut schmeckte. In der Hoffnung nun wieder in der Realität angekommen zu sein öffnete ich meine Augen. Doch statt meiner Bücher sah ich in die leeren Augenhöhlen meines toten Daddys. Die Haut hing ihm in Fetzen vom Gesicht und sein schulterlangen Haare waren bloß noch Fransen die ihm vom Kopf hingen.

Erkennst du mich wieder mein Schatz? Du musst jetzt keine Angst mehr haben. Ich werde dich nie wieder verlassen. Nie mehr. Mami und ich werden ab jetzt immer bei dir sein. Wir werden die Stimmen in deinem Kopf sein. Wir werden dich leiten und führen. Du wirst schon bald rein sein. Vertrau mir. 

Wo ist Mami? Was hast du mit ihr gemacht? 

Sie steht direkt hinter dir Mäuschen. Schau. Sie hat dich so vermisst.

Langsam, ganz langsam begann ich mich umzudrehen. Es fühlte sich alles so real an. Was wenn das hier gar kein Traum war? Was wenn Mami und Daddy gar nicht tot waren?

Und dann sah ich sie. Doch sie war nicht, wie ich sie mir vorgestellt hatte. Sie hatte nichts von der Fee, die mich Nachts immer beschützt hatte. Sie war ein wandelnder Albtraum. 

Ihre Haare bedeckten die Hälfte ihres zerfallenen Gesichts. Ihre Augen waren zwei schwarze Steine und ihre Lippen waren blutig und zerrissen. Da wo eigentlich ihre Nase sein sollte, klaffte ein riesiges Loch. 

Na erkennst du sie wieder? Mami ist nicht wegegangen. Ich habe Mami umgebracht Schätzchen. Mami hatte meine Liebe nicht verdient. Da warst nur du. Und du wirst es immer sein.

Nein! Mach das es aufhört! Du bist nicht real. Ihr seit nicht real. Verschwindet aus meinem Kopf.

Wie du willst Schätzchen. Wir werden uns wiedersehen. Versprochen.

Und dann war es vorbei. Ich war wieder in meinem Zimmer und alles schien so normal, als wäre nichts geschehen.


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