Auf geht's...

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Auf geht's...

Ich werfe meiner kleinen Schwester einen kurzen Blick zu und schließe sie fest in die Arme. Am liebsten würde ich nicht gehen, aber ich muss. Das verlangt das Kapitol, da ich meinen Job als Mentorin nachgehen muss. Das gehört dazu, die Folter geht immer weiter, auch wenn man zu den Siegern gehört. "Ich bin ja bald wieder da.", lächle ich. Ich bin mir fast sicher das die Zeit im Kapitol mich schmerzlich an Rufus erinnern wird. Dabei klappt es erstaunlicherweise sogar recht gut jeglichen Gedanken an ihn zu verdrängen. Ich glaube, ich werde einfach knallhart zurück geschlagen. Und dann wird alles wieder da sein.

Ich lasse von Milena ab und verabschiede mich von meiner Mutter, dann von meinem Vater. "Du wirst das schon hinkriegen. Und wenn nicht, dann mach dir keine Vorwürfe. Es ist ja nicht deine Schuld." Meine Lippen presse ich zu einer schmalen Linie zusammen. "Ja, okay. Ich weiß." "Dann sehen wir uns demnächst wieder." Mein Vater drückt mir einen Kuss auf die Stirn. Da ich nun zu den Siegern gehöre muss ich etwas früher da sein. Mir ist bewusst, dass Milena dieses Jahr auch gezogen werden könnte, aber ich will mir das nicht ausmalen. Der Gedanke ist einfach zu schmerzhaft. Dann würde ich sie sogar in den Tod begleiten, das wäre ekelhaft.

Mit schnellen Schritten laufe ich neben Blight her bis zum Justizgebäude, vorbei am Markt, beinahe durch den gesamten Distrikt. Auf dem ganzen Weg sprechen wir kein Wort. Man spürt die Spannung, die in der Luft liegt ganz deutlich. Es geht ihm genauso wie mir. Mit dem Unterschied das er davor schon Mentor war und die Tribute in den Tod begleitet hat. Und auch so hat er viel mehr Beherrschung und Erfahrung als ich. Darum beneide ich ihn sogar ein wenig, da er einfach besser damit umgehen kann, auch wenn ich das niemals ihm gegenüber zu geben würde. Natürlich beneide ich ihn nicht um sein Schicksal, aber wie er damit umgeht.

"Na dann kann die Folter ja losgehen.", flüstert Blight, so leise, dass ich mir fast die Hälfte des Satzes dazu reimen musste. Ich schaue ihn an, presse die Lippen fest aufeinander. "Denk an das was ich dir gesagt habe." Meine Antwort darauf ist ein kurzes Nicken. Gemeinsam verschwinden wir in dem, aus Holz gebautem, Gebäude und gelangen somit, durch den Hintergang, auf die Bühne. Eigentlich hätte man auch die Treppe von vorn nehmen können, aber diese bleibt den Tributen vorbehalten. Man könnte diese Treppen auch mit dem Weg in die Hölle vergleichen, nur das es eben nach oben geht.

Ich lasse mich neben Blight auf der Bühne nieder. Neben uns beiden, ziemlich jungen, Siegern gibt es auch noch zwei weitere. Ein Mann im mittlerem Alter, der ziemlich verschwiegen ist, aber ab und zu auf dem Markt grüßt. Und dann gibt es da noch jemanden. Ich glaube er ist um die fünfzig oder sechzig Jahre alt. Seine Spiele sind schon lange vor meiner Geburt gewesen. Er ist nicht nett, nein, sogar dauerhaft unhöflich, wenn man ihn überhaupt mal sieht. Die meiste Zeit verkriecht er sich in seinem Haus. Und das er noch nicht tot ist wundert mich, ehrlich gesagt. Blight hat mir erzählt das, Robbert, ich glaube, er heißt so, nicht nur Unmengen trinkt, sondern auch großes Interesse an Morfix hat. Ich schätze, dass er zu spät kommen wird, oder auf dem aller letztem Drücker. Ihm ist sowieso alles egal. Familie hat er nicht. Also kann er sich das scheinbar leisten.

Blight und ich lassen uns nebeneinander nieder. Ich falte meine Hände im Schoss und setze mich aufrecht hin. Sie zittern ein wenig. Ich will nicht unbedingt das es jemand sieht, denn ehrlich, ich bin nervös, so richtig nervös. Es dauert nicht lang, da ertönt da slaute Signal, und der Platz vor dem Justizgebäude beginnt sich zu füllen. Jedem potenziellem Tribut wird ein Tropfen Blut abgezapft und dann beginnen sie sich aufzustellen. Die Angst die man ihnen ansieht ist erschreckend. Man fühlt sie schon beinahe.

The Survivor: Johanna Mason | THG ✔Tempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang