VI. Vertrauen

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°°oJo°°

Hazel tadelte mich während ihres Besuchs mindestens noch vier Mal, bis ich augenrollend vom Stuhl glitt, um mir im Garten eine Zigarette anzuzünden. Sie sah es nicht gern wenn ich rauchte, schon gar nicht im Cottage. „Man kann tagelang nicht an Nichtraucher vermieten", hatte sie mir bereits am ersten Tag meiner Ankunft erklärt.

Das kleine Cottage war von frischem saftigen Grün umgeben; Pflanzen schlängelten sich wild um das Steinhaus, als wollten sie davon Besitz ergreifen, einige standen bereits in voller Blüte und neigten sich im Wind hin zum Licht. Ein schmaler Pfad aus Natursteinen führte durch das Gestrüpp hinter das Haus direkt auf eine wilde Wiese, die sich bis zur Grundstücksgrenze hinzog, bestückt mit Äpfel- und Kirschbäumen.

„Wenn du Lust hast, kannst du gern den Garten versorgen, ich schaffe nicht mehr alles allein. Der Rücken! Ich überlasse dir auch gern ein Stück Erde wenn es dir beliebt!?"
„Nicht nötig, lege einfach eine Liste an und ich schau was meine Zeit zulässt", meinte ich.
„Du bist ein Schatz!", murmelte Hazel und griente zuversichtlich wie ein Backfisch. Beinahe wäre ich errötet.
Vor einem Rosenstrauch nebst der Bäume, nahmen wir auf einer schwarzen schmiedeeisernen geflochtenen Bank Platz. „Ich habe noch gar nicht bemerkt, dass es hier hinten so schön ist", gab ich beschämt schmunzelnd zu.

„Deswegen bist du ja hier"

Bis zum Nachmittag werkelte ich auf dem Grundstück, verschnitt Sträucher, zupfte etwas Unkraut und säte einige Kräuter im hinteren Teil des Gartens, wo sich ein winziger Schuppen unter wildem Rankwein versteckte. Ab und an späte ein Dorfbewohner über die Mauer und ich bemerkte es jedes Mal wenn die Autos, nachdem sie hier besonders langsam vorbei geschippert waren, um einen Blick erhaschen zu können, jaulend beschleunigten. Bevor der nächste Regenguss kam, hatte ich noch Zeit ein kleines Vogelhaus an einem der Bäume anzubringen. Vielleicht würde ich jetzt öfter aus dem Fenster in der Essecke schauen um zu erfahren ob nicht  ein Sperlingpärchen Nest bezieht. Am späten Abend saß ich allein vor dem Kaminfeuer, hatte das Handy ausgeschaltet und trank ausnahmsweise einen grünen Tee.

Noch vor Mitternacht schlief ich über meinem Buch ein, während das Feuer im Kamin allmählich erlosch. Nach zwei Uhr erwachte ich, weil mich von draußen etwas geblendet hatte. Ein Auto? Ich sah aus dem Fenster, konnte sehen dass sich etwas im Gestrüpp regte. Ich lief schnell in den Garten, doch sah ich nichts außer der Finsternis und die Schwärze in den Büschen und Baumkronen. Da ist nichts, dachte ich. Jedoch sah ich nur einen Wimpernschlag später einen feinen Lichtschimmer der seinen Ursprung hinter dem Haus hatte; als ich in leisen und langsamen Schritten durch den Garten wandelte hörte ich einen feinen Gesang, wie den einer Sirene. Ich wusste nicht was mich erwartete, doch was ich sah sprengte jegliches meiner Vorstellungskraft. Die Gestalt in einem silbrig weiß leuchtendem Gewand schwebte einen halben Fuß über dem Boden. Der Gesang rief mich zu ihr, zu Miss Sullivan. Sie war es die in dieses Kleid gehüllt war, die weite Schleppe neigte sich schwerelos hinter ihr im Wind, den ich selbst nicht spürte. Sie strahlte wie ein funkelnder Stern in der Abenddämmerung, das halb durchsichtige Kleid umgab sie wie ein feiner Nebel und schimmerte über ihrer Haut. Ich trat vor sie hin, in ihren Händen hielt sie vor ihrer Brust geschützt eine Kugel aus reinem Licht. Ihre kristallblauen Augen fixierten mich, dann streckte sie ihre Arme aus, hielt den Lichtball zu mir hin. Die schwarzen Locken wehten um ihr Gesicht und hinter ihr her, wellten sich bis hinunter zu ihrer Hüfte. Normal erreichten sie kaum Kinnlänge. Ich legte meine Hände um ihre, es schien als wolle sie mir das Licht geben, aber da war nichts. Ich konnte es sehen, es war so hell dass es in meinen Augen brannte, aber ich war nicht in der Lage es zu greifen. Es glitt durch meine Hände wie Öl, dann schwebte es in der Luft ehe es wieder in ihre Hände wanderte. „Nimm es", hauchte ihre Stimme. Erneut wollte ich es ihr abnehmen, aber ich konnte es nicht, immer und immer wieder rutschte es zwischen meinen Händen hindurch und blieb in der Schwebe. Sie wollte nicht aufgeben.
„Ich kann nicht", sagte ich leise.
„Du kannst" Ihre Worte waren ein Hauchen, ein Singsang der wohlig durch meinen Körper rieselte. Als das Buch von meinen Schenkeln zu Boden rutschte, schreckte ich aus dem Schlaf hoch. Es war nur ein Traum, mein erster Gedanke. Ein sehr lebendiger Traum. Ich blickte zum Fenster hin – kein Licht – aber eine katzenähnliche Gestalt war zu sehen, die grünen Augen funkelten auf der anderen Seite des Fensters. Definitiv kein Traum. Als ich Anstalten machte die Decke zur Seite zu schieben sprang das spitzohrige Ding vom Fensterbrett und verschwand in der Schwärze.

Feuermond | Johnny Depp Fan-FictionWhere stories live. Discover now