10 Aus Marlons Perspektive

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Obwohl es noch vor 18 Uhr war, schaute ich immer wieder auf mein Handy. Das Gespräch mit Lara war gut gewesen. Verstehe einer die Frauen. Ob ich Mathilda einfach anrufen sollte? Mein letzter Termin hatte abgesagt. Ich konnte auch spontan auf einen Hausbesuch bei ihr vorbeikommen. Wie sie das wohl finden würde. Ich grinste ich mich hinein. Auf ihr Gesicht bei so einem Überraschungshausbesuch war ich gespannt. Ich kontrollierte meine Hausbesuchstasche und stieg dann in mein Auto um zu ihr zu fahren. Meine Anspannung wuchs, gleichzeitig freute ich mich allerdings auch, Mathilda wiederzusehen. Kurz darauf klingelte ich an ihrer Tür. Ich hörte Schritte, dann öffnete sie die Türe und sah mich erschrocken an.„Aber es ist doch noch gar nicht nach 20 Uhr." Ich lächelte sie an und musterte sie dabei intensiv.Sie sah etwas verschlafen und blass aus. Blasser noch als vorhin, als sie die Praxis verlassen hatte. „Darf ich reinkommen?" Mathilda schaute mich immer noch mit ihren großen Augen an. „Ähm ja, klar. Komm rein!"Sie ging voran. Ich zog mir Schuhe und Jacke aus und folgte ihr durch den Flur in ihr gemütliches Wohnzimmer. „Setz dich. Möchtest du was trinken?"„Nein, danke. Ich bin auch gleich wieder weg. Ich wollte mich nur kurz davon überzeugen, dass es dir gut geht."„Hast du nochmal mit Lara gesprochen?" Sie schaute mich misstrauisch an. Aha, sie wusste also von meinem Telefonat. „Nein, sollte ich?" Gab ich die Frage zurück. Sie schüttelte nur den Kopf und verzog dabei das Gesicht. Ich schaute sie fragend an. „Schmerzen?"Ich sah, wie sie mit sich selbst kämpfte. „Ich bin vorher in einer unmöglichen Haltung auf dem Sofa eingeschlafen und durch die Verspannung habe ich jetzt leichte Kopfschmerzen. Ich wusste nicht, ob ich etwas nehmen darf, oder nicht. Wegen der Wechselwirkung mit den Antibiotika." Sie wich meinem Blick immer noch aus. Das gefiel mir nicht. Aber ich war mir mittlerweile darüber bewusst, dass ich es langsamer mit ihr angehen lassen musste. Ich rutschte ein Stückchen näher zu ihr und legte ihr meine Hände auf die Schultern. „Darf ich?"Wieder nickte sie nur und begann sich unter meiner sanften Massage sofort zu entspannen. „Das tut gut!"Flüsterte sie leise.

„Lass dich fallen!" Gab ich ebenso leise aber bestimmt zurück. Ich bemerkte, wie ihre Schultern noch ein kleines Stück weiter nach unten sackten und sie sich leicht an mich lehnte. So vorsichtig wie möglich löste ich einen verspannten Muskelstrang nach dem anderen. Mein Blick wanderte im Wohnzimmer umher. Auf dem Couchtisch sah ich das Blister mit den Tabletten- eine fehlte. Braves Mädchen. Mathilda seufzte wohlig. „Das hat gut getan. Danke!" Sie lächelte mich an. Ich erwiderte ihr Lächeln und genoss ihre Anschmiegsamkeit. Sie richtete sich wieder auf, setzte sich neben mich und schaute mich abwartend an. Ich sah es in ihrem Kopf richtig arbeiten. "Wieso kann es zwischen uns nicht immer so sein? Ich habe das Gefühl, dass ich den richtigen Marlon gar nicht kenne. Wer bist du? Der strenge, dominante und unnachgiebige Arzt, der nur das Beste für seine Patientinnen möchte? Oder der fürsorgliche Mann, der sich gerne kümmert, aber gleichzeitig die Fäden immer in der Hand hält? Oder nochmal jemand anderes? Ich werde nicht schlau aus dir." Nach diesem für sie doch recht flammenden Plädoyer. Sah sie etwas verschämt zu Boden. Ich nahm ihre Hand in meine „Darf ich mich nochmal vorstellen?" Mathilda lächelte mir mit roten Wangen zu und drückte leicht meine Hand. Ich räusperte mich kurz und begann dann: „Mein Name ist Marlon Schmieder, ich bin 38 Jahre alt und habe vor kurzem die gynäkologische Praxis meines Vaters übernommen. In Beziehungen übernehme ich grundsätzlich den dominanten Part, jedoch kann ich es mir, mit der richtigen Partnerin, auch vorstellen, ein Stück weit an mir zu arbeiten. Nun ist es die Frage, in wie weit du auch dir vorstellen könntest, an dir zu arbeiten?" Ich spürte ihren Blick auf mir. Sie rückte noch ein kleines Stückchen von mir weg. Ich hoffte, dass dies kein schlechtes Zeichen war, so offen war ich noch nie zu einer potenziellen Partnerin gewesen. Mathilda lächelte mich an. Puh, wohl doch kein so schlechtes Zeichen. „Dann ist es wohl an mir, mich vorzustellen." "Schau mich an dabei!" Sagte ich in einem leichten Befehlston und hob ihr Kinn etwas an. Sie schaute mit ruhigen Blick zurück, dass dieser Eindruck täuschte konnte ich jedoch an dem schnellen Auf- und Ab der Halsschlagader sehen. Ihre Wangen röteten sich noch weiter. Sie sah so hübsch aus!" "Ich bin Mathilda Meier, 31 Jahre alt und arbeite im Kommunikationsmanagement. In Beziehungen fällt es mir oft schwer mich fallen zu lassen. Obwohl es eigentlich das ist, was ich neben meinem stressigen Beruf dringend brauche. Mit meiner Gesundheit bin ich etwas schludrig und verschleppe so dass ein oder andere auch Mal. Lara sagt ja immer, ich nehme mich selbst nicht so wichtig. Damit hat sie wohl recht. Etwas Kontrolle in dieser Hinsicht würde mir sicher gut tun. Der Gedanke daran, einen dominanten Partner zu haben ist mir schon des Öfteren durch den Kopf gegangen, jedoch fällt es mir sehr schwer, mich in eine devote Haltung zu begeben. Mein Stolz und mein Trotz stehen mir hier oft im Weg. Aber ich bin bereit, zumindest ein Stück weit, an mir zu arbeiten." Im Verlauf ihres Monologs hatte ich ihr Kinn wieder losgelassen. Dies hatte sie, bewusst oder unbewusst natürlich gleich wieder genutzt um meinem genauen Blick auszuweichen. Ich spürte, dass Mathilda diese Offenheit nicht gewohnt war und dies sie viel Kraft gekostet hatte.

Teil 6 - Eine Verkleidung mit Folgen - unbearbeitetWhere stories live. Discover now