Alles auf Anfang

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Nachdem ich mich geduscht hatte, stand ich vor den Fragen aller Fragen. Würde ich heute das Bundesligaspiel der Bayern gegen Mönchen Gladbach sehen, oder würde ich, einfach weil ich es nicht ertragen konnte Mats auf dem Feld zu sehen, abschalten vom Fußball und in Ruhe meine Lieblingsserie weiter suchten.

Letzendlich entschieden Nina und ich uns dazu, zu telefonieren und dabei das Spiel zu gucken. Natürlich war ich für Gladbach. Wieso nicht? Gladbach war cool und ich hatte sonst immer meine Nachbarn zu einem lockeren Abend vor dem Fernseher eingeladen.

Ich sympathisierte die Zweiten Borussen. Borussen mussten zusammenhalten, auch, wenn meine Nachbarn und ich uns Stunden darüber streiten konnten, wer die einzig wahre Borussia war.

Ich ging nochmal in die Küche, um mir etwas zu essen zu machen. Nudeln Bolognese - mochte Jeder.

Jedes mal wenn ich dieses Gericht kochte, musste ich an die Zeit zurückdenken. Jedes mal sah ich, bevor ich anfing zu essen, auf meinen Teller, seufzte und wünschte mir, ich könnte einfach die Zeit zurückdrehen.

Jedes Mal wünschte ich mir, es wäre Alles auf Anfang.

Aber solch übernatürliches konnte man sich nur erträumen, also begann ich einfach meine Nudeln zu essen und dachte nicht mehr an das was war, denn Menschen machen sowie so viel zu oft den Fehler, in ihrer Vergangenheit herum zu wühlen, anstatt im Hier und Jetzt zu leben.

Ich ging an meiner Bilderwand vorbei. Vorbei an Erinnerungen. An Freude und Trauer, vorbei an Freundschaften und Feindschaften. Ich hasste diese Wand. Sie erinnerte mich an das letzte Jahr. Sie erinnerte mich an alles.

Ich nahm das Bild von Mats, Mario, Marco und mir in die Hand und sah es mir ganz genau an. Wieso war es so gekommen? Ich hasste mich dafür. Ich hasste das Karma dafür. An diesem Tag Schwur ich mir, nie wieder diese Freundschaft zu brechen.

Was das Schicksal nicht alles Schreckliches plante. Aber selbst wenn du einen guten Gedanken in die trägst, das Schicksal hatte sowie so einen ganz anderen Weg für dich geplant.

Und um so lieber hätte ich es, dass wir die Zeit zurück drehen konnten. Dass wir einfach nochmal von ganz vorn anfangen konnten, dann hätte ich mich eventuell auch nicht in Mats verliebt, dann hätte es den Kuss mit Marco niemals gegeben und dann hätte ich nicht einfach Jonas und Mario ziehen lassen.

Ich zuckte zusammen, als es klopfte. Ich hasste die Leute, die klopften, anstatt zu Klingeln. Es gab doch einen einfacheren Weg, Leute zu nerven. Wieso wählten Menschen dann immer den schwereren?

Ich seufzte laut. Eigentlich war ich kurz davor, das klopfen einfach zu ignorieren. Ich wollte nun niemanden hier haben. Ich hatte keine Lust darauf. Ich musste noch für morgen packen und ich musste noch Popkorn machen und Nina anrufen und eigentlich wollte ich auch noch etwas aufräumen.

Das Spiel würde schon in weniger als einer Stunde angepfiffen werden, also hatte ich nun echt keine Zeit mehr für Besuch, oder Post, oder den Nachbarn.

Letzendlich nervte mich das Geklopfe aber so sehr, dass ich mich doch dazu überredet bekam, an die Tür zu gehen. Was sollte denn schon sein? Im schlimmsten Falle war ein Feuer ausgebrochen und das Haus musste geräumt werden, oder im zweit Schlimmsten Falle gab es hier einen Rohrbruch und ich müsste mir für einige Wochen eine Unterkunft suchen. Diesmal würde ich aber nicht die WG mit drei Fußballprofis wählen.

Nein, dieses Schicksal würde ich nicht noch einmal wählen.

Doch als ich durch den Spion sah, stoppte mir beinahe mein Herz. Ich hatte ja wirklich mit allem gerechnet, aber nicht damit. Ich hätte niemals damit gerechnet, dass mich das Schicksal wieder zu ihm zurücktreibt. Ich hätte nicht gedacht, dass ich noch einmal eine Chance erhalten würde.

"Leonie jetzt mach endlich auf! Es ist kalt und ich hab Hunger! Außerdem weiß ich, dass du gerade durch den Spion siehst und sprachlos bist!"

Doch ich reagierte nicht. Stumm öffnete ich nur die Tür. "Jonas?!"

Es könnte UNS geben, doch es gibt SIE.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt