Forgotten Sister

24

Mittlerweile habe ich keine Lust mehr auf Busfahren und bin froh, dass wir endlich in den Hotel angekommen sind, in dem wir zwei Nächte verbringen werden. Wir haben uns auf zwei Zimmer aufteilen müssen. In jedem Zimmer gibt es ein Doppelbett und ein Stockbett. Darüber bin ich ehrlich erleichtert, denn ich möchte nicht in einem Bett mit einem der Jungs schlafen. Ich suche mir somit das Stockbett aus und Harry und Niall müssen sich das Doppelbett teilen. Louis und Liam teilen sich mit Georg ein Zimmer. Eigentlich sind die Jungs immer zusammen in einem Zimmer, dieses Mal nicht, da keiner von ihnen mich alleine in einem Zimmer schlafen lassen wollen, also haben sie sich aufgeteilt. Aus dem Bus habe ich mir einige Kleidungsstücke mitgenommen und meine Kosmetiktasche. Ich muss unbedingt duschen gehen und im Hotel ist mir das lieber als im Bus. Die Jungs sitzen auf dem Bett von Harry und Niall und ich nehme meine Tasche und gehe Richtung Bad.

"Jungs, ich gehe duschen, wer davor noch etwas aus dem Bad braucht hat Pech gehabt.", grinse ich in die Runde.

"Der war gut Sternchen. Wir brauchen nichts, du kannst in Ruhe duschen gehen.", lacht Niall.

Im Bad nehme ich mir ein großes und ein kleines Handtuch und krame mein Duschmittel aus meiner Kosmetiktasche raus. Nebenbei höre ich immer mit meinem Handy Musik und das werde ich hier auch machen. Ich höre eigentlich fast jede Art von Musik, aber heute habe ich Lust darauf 'Perfekt' von Ed Sheeran anzuhören. Tanzend steige ich in die Dusche und wasche mir alles von den letzten Tagen vom Körper. Die Anspannung lässt nach und ich gebe mir ganz der Musik hin. Irgendwann fange ich auch an zu singen. Auch nachdem ich aus der Dusche draußen bin und mich abtrockne singe ich weiter. Gerade als ich mich anziehen wollte fällt mir auf, dass die ganze frische Wäsche noch in der Tasche auf meinem Bett liegt. Mir bleibt nichts anderes übrig, als mir das Handtuch wieder umzulegen und meine Sachen zu holen.

"Philine, du hast echt eine mega...", meint Niall und hört auf zu reden als er mich nur im Handtuch aus dem Bad kommen sieht.

"Ich habe meine Sachen vergessen. Tut mir leid, ihr müsst auch nicht unbedingt her schauen.", sage ich mit rotem Kopf.

Schnell hole ich meine Tasche und nehme sie mit ins Bad. Ich ziehe meine Sachen an, Föhne mir meine Haare und räume das Bad wieder auf. Voll bepackt mit meiner Tasche komme ich wieder aus dem Bad raus und lasse mich auf mein Bett fallen.

"Was schaut ihr so?", frage ich.

"Einfach so. Du bist vorhin auch nicht nur im Handtuch durch den Raum spaziert oder hast in der Dusche gesungen.", lacht Liam.

"Ihr habt mich singen gehört?", ich bin geschockt.

"Ja. Du hast echt eine super tolle Stimme.", meint Harry begeistert.

"Du kannst echt gut Singen.", findet auch Louis und die anderen nicken.

"Ich muss kurz raus.", sage ich und stehe auf und renne aus dem Zimmer.

Draußen setzte ich mich auf eine Bank im Garten. Ich mag es nicht, wenn mich jemand singen hört. Ich habe auch nicht bemerkt, dass Harry mir hinterher gelaufen ist.

"Philine, ist alles in Ordnung?", er setzt sich neben mich auf die Bank.

Ich schüttle nur meinen Kopf und schaue weiterhin auf den Boden.

"Du singst nicht gerne oder?"

"Doch, das schon, aber ich singe lieber für mich allein."

"Aber wieso? Du hast eine tolle Stimme.", lacht er mich an.

"Ist nicht wichtig."

"Du kannst mit mir über alles reden. Vielleicht hilft es dir."

"Vor einem Jahr hätte ich fast einen Freund gehabt. Er hat mich darum gebeten, dass ich auf einer Party von ihm singe, was ich auch gemacht habe. Nach einer Stunde wollte ich nicht mehr und habe dann auch aufgehört und mich auf einen Stuhl gesetzt. Irgendwann ist er dann zu mir gekommen und hat mich gewaltsam vom Stuhl hochgezogen und verlangt, dass ich weiter singe. Ich wollte aber nicht mehr. Er hat mir gedroht, mir was anzutun, wenn ich nicht weiter singe, also habe ich gesungen. Seitdem singe ich nicht mehr. Ich will sowas nicht noch einmal erleben. Ich war am nächsten Tag ganz blau an meinen Armen. Niemand hat etwas davon erfahren, aber meine Eltern haben sich große Sorgen um mich gemacht, da ich auf einmal nicht mehr singen wollte.", mir steigen die Tränen in die Augen.

Harry nimmt mich in den Arm und meint: "Das tut mir leid! Aber wegen ihm brauchst du dir jetzt keine Sorgen mehr machen. Du hast vier Jungs an deiner Seite, die immer auf dich aufpassen. Ich verspreche dir, dass so etwas nicht mehr passiert. Hast du heute zum ersten Mal wieder gesungen?"

"Ich singe immer, wenn es niemand hört. Zuhause hört mich niemand unter der Dusche singen oder wenn ich auf einem Konzert bin. Es soll nur niemand meine Stimme hören, weil ich Angst habe, dass ich wieder ausgenutzt werde."

"Ihr seid dann nicht zusammen gekommen?"

"Nein, ich habe danach nie wieder mit ihm geredet. Es weiß niemand von dem Vorfall auf der Party.", bei Harry fällt es mir nicht schwer darüber zu reden.

"Gut! Sollen wir gemeinsam versuchen deine Angst weg zu bekommen?"

"Aber wie? Ich will nicht singen."

"Philine, du hast so ein großes Talent. Willst du es nicht versuchen? Du könntest mit uns singen, in der Lautstärke die du möchtest.", versucht es Harry weiter.

"Ich liebe es zu Singen, aber ich glaube nicht, das ich mich da überwinden kann, mit euch zu singen."

"Du schaffst das. Wir müssen jetzt dann sowieso noch einmal üben und das auf der Bühne vom Konzert morgen. Du kannst hinter der Bühne singen wenn du willst?!"

"Das sehe ich, wenn es soweit ist, aber danke, dass du es versuchst.", jetzt lache ich ihn an und stehe auf um wieder ins Hotel zu gehen.