2. Kapitel

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Kate öffnete den Mund, um zuschreien, doch als sie die Klinge eines Messers im Licht der Straßenlaternenaufblitzen sah, schloss sie tonlos wieder den Mund.

Der größere der beiden Männer hielt ihr die Waffe direkt vor ihr Gesicht.

„Bewegung!", zischte er und scheuchte Kate und Lynn in eine kleine, enge Gasse abseits der Hauptstraße, an der sich das Restaurant befand.

Hier standen viele alte Häuser, die kaum noch bewohnt wurden. Türen und Fenster waren zum Teil vernagelt, andere waren sichtbar aufgebrochen worden. Es war das dunkle Viertel Whitinghams.

Hier, so nahe neben dem Krankenhaus, in dem Kate arbeitete, lebte die Kriminalität. Beinahe wöchentlich gab es irgendwelche Bandenkriege und Polizeieinsätze hier.

Henry hatte Kate gewarnt, nicht hierher zu kommen. Er selbst war einmal in dieser Gegend abseits der Hauptstraße gewesen und war mit einem gebrochenen Arm zurückgekehrt.

Die Bewegungen der beiden Männer, die sie immer weiter vorwärts drängten, wirkten auf einmal gar nicht mehr so unsicher, wie vorher und Kate begriff, dass sie nur so getan hatten, als seien sie betrunken. Klar, bei Betrunkenen erwartete man nicht so schnell etwas Böses, Aggressives, wie bei zwei Männern mit Messern, die sich so spät abends noch auf den Straßen herumtrieben und mit zwei jungen Frauen reden wollten.

Gott, hilf uns! Kate zitterte, als sie ängstlich wieder nach Lynns Hand griff. Ihre Freundin drückte sie kurz.

Kate traten Tränen in die Augen, als sie mit dem Rücken gegen die Wand eines verlassenen Hauses stieß, bei dem bereits der Putz von den Wänden bröckelte. Sie wusste nicht, was sie tun konnte, war vor Angst wie gelähmt und fühlte sich den beiden Männern hilflos ausgeliefert.

„Ich habe es Ihnen bereits gesagt: Unsere Männer warten im Restaurant auf uns. Ich würde vorschlagen, dass sie uns jetzt gehen lassen, denn ich werde nicht die Ärztin sein, die sie wieder zusammenflickt, wenn unsere Männer mit Ihnen fertig sind!", fauchte Lynn wütend, aber Kate kannte ihre Freundin gut genug, um zu wissen, dass sie so ihre Angst verbarg. Immer nach dem Motto: Angriff ist die beste Verteidigung.

Außerdem begann sie zu lügen, immerhin hatte sie noch nicht einmal einen Freund, geschweige denn einen Ehemann. Aber vielleicht würden die Männer verheiratete Frauen eher in Ruhe lassen, als unverheiratete.

Wie naiv diese Hoffnung war, wurde ihr bereits Sekunden später klar, als die Männer sie so dicht vor ihnen aufbauten, dass kaum mehr eine Hand zwischen sie gepasst hätte.

„Eure Männer werden viel mehr damit zu tun haben, euch zusammenzuflicken", schnarrte der Kleinere, der mit seinem dichten, orangefarbenen Bart irgendwie irisch aussah. und der Größere, der vor Kate stand, lachte rau.

Kate bekam eine Gänsehaut. Die kalte Steinmauer hinter ihr drückte unangenehm gegen ihre Schulterblätter, doch nach vorne war kein Platz. „Bitte, lassen Sie uns gehen. Nehmen Sie unser Geld, aber bitte, tun Sie uns nichts!", schluchzte Kate. Sie hasste es, dass sie immer so schnell in Tränen ausbrach.

Der Große, der vor ihr stand, wischte ihr mit dem Daumen die Tränen aus dem Gesicht. Vor Ekel schloss Kate die Augen und wünschte, die Hauswand hinter ihr würde nachgeben und ihr einen Weg in die Freiheit öffnen.

„Nicht weinen, Süße", murmelte der Mann.

Sie spürte seinen Atem auf ihrem Gesicht, aber sie fühlte sich nicht in der Lage, irgendetwas zu tun. Sie hatte das Gefühl sich nicht bewegen zu können, ihre Beine schienen am Boden festzukleben und ihre Arme hingen schlaff an ihrer Seite herunter, auch wenn alles in ihr schrie Tritt ihn! Schlag ihn! Kratz ihn!

„Bitte", flüsterte sie mit zitternder Stimme. „Nehmen Sie unser Geld, aber bitte gehen Sie!"

Als sie die Augen vorsichtig öffnete, sah sie aus dem Augenwinkel, wie der Ire sich daran machte, Lynns Taschen zu durchsuchen. Als er jedoch seine Hände über ihren Körper gleiten ließ, stieß die junge Frau ihn mit aller Kraft zurück und spuckte ihm wütend ins Gesicht. Der Ire lachte hart auf und schlug Lynn mit einem hässlichen Klatschen auf die Wange.

Kate schrie auf, als ihre Freundin auf die gepflasterte Straße fiel, doch sofort legte der Mann vor ihr eine seiner großen Hände über ihren Mund.

Kate starrte ihn entsetzt an. Sie wusste, was passieren würde. Hätte sie die Kraft, sich diesmal mehr zu wehren? Könnte sie Henry noch einmal ins Gesicht sehen, würde dieser Mann ihr wirklich etwas tun?

Das schlimmste jedoch war das Gefühl der Hilflosigkeit, der Bewegungsunfähigkeit durch die Angst, die sie lähmte.

Ihre Tränen flossen über die Hand des Mannes, die er nach einigen endlos scheinenden Sekunden wieder zurückzog.

„So ist es gut. Schön leise", murmelte er beinahe zärtlich und ließ endlich sein Messer in seiner Hosentasche verschwinden, dass er die ganze Zeit in der Hand gehalten hatte. „Das brauchen wir nicht, oder, Schätzchen?", kommentierte er sein Handeln, wie um sie zu beruhigen.

Kate zuckte zusammen, als er seine Hände in ihre Hosentaschen steckte.

„Euer Geld nehmen wir natürlich auch, darum hättest du uns nicht bitten müssen", erklärte er.

Auch? Entsetzt riss Kate die Augen auf. Bitte, Herr, lass nicht zu, dass sie das tun!

Seine Hände in ihren Hosentaschen, so nah an ihrer Haut, lösten die Starre, die sie überfallen hatte. Mit aller Kraft, die sie aufbieten konnte, trat sie dem Mann auf den Fuß.

Er wich einen Schritt zurück, doch Kate begriff zu spät, dass sie die Chance hatte, zu fliehen.

Sie kam nur zwei Schritte weit, bis er sie am Handgelenk zurückriss und ihr schmerzhaft den Arm auf den Rücken verdrehte.

Kate stieß einen Schrei voller Schmerzen, Wut und Angst aus.

„Nanu? Doch nicht so zahm, wie du tust? Aber keine Sorge, damit komme ich klar!", hörte sie seine Stimme nah an ihrem Ohr, bevor er sie in einen Hinterhof stieß, wo es beinahe vollkommen dunkel war.

„Lynn!" Kate schrie auf, als sie gegen eine andere Hauswand stieß. Sie trat nach dem Mann, doch sie konnte im Dunkeln nur seine Silhouette erkennen.

Sie hörte Lynn wütend etwas rufen, verstand aber nicht, was sie sagte. Ein Moment der Unachtsamkeit und schon hatte der Mann sie wieder unter Kontrolle, presste sie so an die Wand, dass sie sich nicht bewegen konnte.

Erneut kamen Kate die Tränen.

„Ich bin verheiratet!", schrie sie wütend. Sie könnte Henry nie wieder unter die Augen treten.

Es waren drei Worte, die in ihrem Kopf echoten.

Nicht.
Noch.
Einmal.

Der Mann grinste sie nur höhnisch an. „Nur zehn Dollar in der Hosentasche. Ich erwarte schon etwas mehr, um aufzuhören." Anzüglich ließ er seinen Blick über sie gleiten.

Kate hörte Geräusche aus der Gasse, in der sich Lynn noch immer befand, die sie nicht einordnen konnte.

Sie versteifte sich und unterdrückte den Würgereiz, als der Mann seine Hand über ihren Körper gleiten ließ. Gab es irgendein Weg, dem zu entkommen?

Bitte, betete sie stumm. Bitte nicht...

Whatever It TakesDonde viven las historias. Descúbrelo ahora