33. Kapitel

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„Wie geht es dir, mein Sohn?"

Henry, der lustlos in seinem Essen herum stocherte, blickte auf. „Es geht schon, Dad. Du musst dir keine Sorgen um mich machen.

„Jeder gute Vater macht sich Sorgen um seine Kinder." Samuel lächelte schwach.

Henry zuckte nur mit den Achseln. Dieses Thanksgiving-Essen war so ganz anders, als es jemals gewesen war.

Sie waren zu viert. Von mindestens neun Leuten, die hätten hier sein können.

Es waren nur sein Vater, seine Schwester Rebekka, Kate und er.

Kein Lachen, das wie sonst das ganze Haus erfüllte, selbst die Gespräche hielten sich in Grenzen, da alle mehr oder weniger ihren eignen Gedanken nachhingen.

Wehmütig erinnerte Henry sich zurück, wie ihn die ständigen Anrufe und Nachfragen, ob auch wirklich die ganze Familie zu Thanksgiving kommen würde, genervt hatten.

Wie wenig Wert er selber darauf gelegt hatte, mal wieder die ganze Familie zu sehen.

Aber was würde er jetzt dafür geben, wenn statt des Polizisten, der für seinen Personenschutz zuständig war, seine Mutter, Kendra, Landon, Mark und Neela hier mit ihnen am Tisch säßen!

Zum wiederholten Mal an diesem Abend breitete sich ein bedrückendes Schweigen aus.

Henry konnte sich nicht daran erinnern, wann es das letzte Mal so ruhig am Essenstisch der O'Ryans gewesen war.

Irgendjemand redete immer. Ob Kendra Witze erzählte, die sie von ihren Studienkollegen aufgeschnappt hatte, seine Schwestern miteinander flüsterten und anschließend in lautes Lachen ausbrachen oder Mark und Landon über politische Themen diskutierten – Ruhe war manchmal sogar zu selten gewesen.

Henry warf einen Blick auf die große Wanduhr ihm gegenüber und hoffte inständig, dass der Stundenzeiger weiter gerückt sein würde, als vor wenigen Minuten, als er das letzte Mal auf die Uhr geblickt hatte. Wie erwartet war dies nicht der Fall. 20:22 Uhr.

Henry unterdrückte ein Stöhnen. Gehen kam noch lange nicht in Frage.

Es war nicht so, dass er dieses Treffen hasste. Aber dieses Jahr war einfach alles anders. Und er hasste Veränderungen, besonders wenn sie so gravierend waren.

Er blickte auf den Tisch, wo noch immer ein Großteil des Truthahns auf einer Silberplatte thronte.

Bekkys und Kates erster eigener Thanksgiving-Truthahn schmeckte lange nicht so gut, wie Lucys, auch wenn Samuel das Essen in den höchsten Tönen lobte.

20:23 Uhr.

Exakt 23 Tage war sein „Unfall" her, fiel Henry auf. Er sah, wie seine Hand, die die Gabel hielt, zitterte und schnell ließ er sie sinken, damit seine Familie es nicht sah.

Sie würden sich nur Sorgen um ihn machen. Und er hatte auch so schon das Gefühl, während des ganzen Essens unter Beobachtung zu stehen.

Er wünschte, er könnte Kate, Bekky und seinen Vater vor den Problemen beschützen, die ihn innerlich auffraßen.

Dummerweise hatte er selbst genug damit zu tun, seinen Kopf über Wasser zu halten, als dass er seine Familie im Trocknen halten könnte.

Das Läuten der Türklingel ließ Henry abrupt den Kopf heben.

Ob Kendra doch noch kommen würde? Seine jüngste Schwester konnte ihn immer zum Lachen bringen und genau das war es, was er gerade brauchte.

Ihr Stuhl schabte über den Boden, als Kate aufstand, um die Tür zu öffnen. Die Spannung im Raum war fast greifbar, nur der Polizist aß unbeeindruckt weiter.

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