Teil 5

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Jira
Ich will nur weg. Ich springe auf und renne an ihr vorbei nach draußen. Bloß weg. Ich weiß ja dass ich nicht bleiben kann aber ich hatte gehofft dass sie mich noch ein wenig länger behält. Wenigstens einen Tag, oder einen halben, oder eine Stunde. Ich schaue nicht wohin ich renne. Einfach nur weg reicht. Blind renne ich in das fremde Rudel das gestern unser Dorf überfallen hat. Einer der Wölfe packt mich am Schopf und lacht laut. „Wen haben wir denn da?" freut er sich fies. Das Rudel bellt boshaft und ich bekomme eine Gänsehaut. Instinktiv verwandle ich mich. Doch sie halten mich einfach weiter fest. Es schmerzt ungemein weil mein Fell eigentlich viel kürzer ist als meine Haare. Der Wolf der mich gepackt hat lässt einfach nicht los und es zieht unglaublich an meiner Kopfhaut. „ Frühstück!" ruft einer und alle lachen.
Plötzlich kommt Bewegung in die Büsche. Mein Rudel kommt. „Ich wusste dass du mit Ihnen unter einer Decke steckst du perverser kleiner Omega!" brüllt mein Alpha. Er versucht nach mir zu schnappen aber der andere zieht mich weg. „Hey, das ist jetzt meiner." „Wenn den einer umlegt dann ich!" schreit mein Alpha. „Dann komm und hohl ihn dir!" veralbert der andere meinen Alpha. Der lässt sich das nicht zwei mal sagen und greift an. Die Wölfe prügeln sich und ich weiß nicht wohin ich fliehen soll. Einer beißt mir in die Schulter, ein anderer in den Po. Sie ziehen und zerren an mir dass ich das Gefühl habe dass sie mich zerreißen. Ich schreie laut vor Schmerzen auf. Ich glaube mein letztes Stündlein hat geschlagen.
Dann höre ich ein Knurren. Es ist tief und scheint direkt aus der Hölle zu stammen. Der weiße Alpha steht da in drohender Angriffshaltung und meine Peiniger lassen mich los. Hilflos schaue ich zu ihr und versuche aufzustehen. Das geht nicht, also robbe ich auf dem Bauch zu ihr hin. Erst als ich zwischen ihren Pfoten bin bleibe ich liegen. Sie knurrt abermals die Wölfe an und fletscht die Zähne. Ich kann riechen wie die anderen Angst bekommen. Sie ist viel größer als mein Alpha und auch stärker als der Alpha des anderen Rudels. Doch die sind so viele. Wie kann sie gegen so viele bestehen? Drohend schaut sie die anderen an. Plötzlich bellt sie und die anderen nehmen reisaus. Dann dreht sie sich zu mir und leckt meine Wunden. Es tut höllisch weh. Ich winsle ein bisschen. Ich muss mich zusammenreißen um nicht in Ohnmacht zu fallen. Ghrian zieht mich auf ihren Rücken und läuft los. Ich weiß ja nicht wie sie das macht aber sie bewegt ihre Beine ganz komisch so dass ihr Rücken nicht wackelt. Normalerweise ist der Gang eines Wolfes so dass der Rücken auf und nieder bewegt wird. Sie kann aber  so laufen dass sich ihr Rücken fast gar nicht bewegt. Nur die Schulterblätter und die Hinterläufe spüre ich. Ich lege meine vier Pfoten um sie und verstecke meine Schnauze in ihrem Nackenfell. Sie senkt ein wenig den Kopf dass es leichter für mich ist. Ich schließe die Augen und genieße jede ihrer Bewegungen. Mit der Nase rieche ich ihren köstlichen Duft. Ich träume ich würde auf meinem Mate liegen und der würde genau so verführerisch duften wie sie.

Ghrian
Kaum habe ich ihm die Frage gestellt saust er erleichtert ins Freie. Der Glückliche hat ein Rudel. Er hat ein zu Hause nach dem er sich sehnt. Nur ich bin allein. Ich bin ne Missgeburt denke ich und muss weinen. Ich wünschte der kleine wäre nur ein wenig länger geblieben. Einen Tag vielleicht oder einen halben oder eine einzige Stunde. Wie sehr vermisse ich ihn jetzt schon. Ich rolle mich auf dem Platz zusammen auf dem er eben noch gelegen hat. Der Boden riecht noch nach ihm. Ganz besonders dort wo er von seinen Tränen nass ist. Ich lege meinen Kopf dort hin und schluchze. Doch dann höre ich heiseres Lachen. Ich spitze meine Ohren und verwandle mich. Dann höre ich weitere Wölfe heiser lachen. Ich stürze aus der Höhle und denke nur Jira! Mein ganzer Kopf ist mit diesem kleinen Wolf gefüllt. Ich bete dass er nicht der Grund für das höllische Lachen ist. Als ich die Rudel erreiche bleibt mein Herz stehen. Zwei Alpha haben sich in ihn verbissen und wollen ihn zerreißen. Mein höllischstes Höllenknurren entfleucht meiner Kehle. Ich wusste gar nicht dass ich zu solchen Lauten fähig bin. Das Knurren beschreibt jedoch hervorragend meine Gefühle. Ich bin bereit diese beiden Vollpfosten zu töten die meinem armen Jira weh tun.
Die Fremden Alpha lassen zum Glück sofort los und ducken sich unterwürfig. Die ganzen Rudel kuschen vor mir. Wirke ich denn so bedrohlich? Ich habe keine Zeit darüber nachzudenken denn Jira versucht aufzustehen. Er schafft es nicht und robbt auf dem Bauch zu mir. Ich beobachte die anderen Wölfe. Bewege ich mich jetzt werden sie angreifen, da bin ich mir ganz sicher. Also bleibe ich weiter drohend vor ihnen stehen. Jira liegt verletzt unter mir. Wie kann ich ihm bloß helfen? Ich muss zunächst die Wölfe los werden. Ich knurre. Außer dem dummen Ducken keine Reaktion. Ich belle und schon rennen sie weg. Ihr glaubt gar nicht wie erleichtert ich gerade bin! Sofort wende ich mich Jira zu und lecke seine Wunden. Sie sind tief und durch das Zerren sind die Muskeln gerissen. Er tut mir so leid. Tapfer wehrt sich der Kleine gegen die Ohnmacht. Ich ziehe ihn vorsichtig auf meinen Rücken. Ich gehe in meinem ‚Oma soll nicht Runterfallen ist aber zu schwach sich festzuhalten' Gang. So kann ich zwar nicht den ganzen Tag laufen ohne dass mir anschließend alle Muskeln verspannt sind aber wir kommen vom Fleck und der Kleine fällt nicht. Ich merke wie er auf meinem Rücken entspannt und sogar seine Schnauze in mein Nackenfell steckt. Die Berührung ist so angenehm. Am liebsten würde ich ihn von meinem Rücken ziehen und herzen. Er ist so goldig. Doch ich bilde mir die vertraute Geste bestimmt nur ein denn keine zwei Schritte später ist er eingeschlafen.

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