Kapitel 4

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Paul war sehr erschöpft von der langen Fahrt. Er realisierte nicht mehr wie die Käfige mehr und mehr gefüllt wurden. Dem Teenager waren dann doch, obwohl seine Position sichtlich unangenehm war, die Augen zugefallen. 


Er wurde durch ein Klappern geweckt. Im Käfig neben ihm wurde eine silbrige Schüssel mit einem glibberigen, braunen Inhalt auf dem Boden gestellt. Dann noch ein Klappern und eine silbrige Schüssel mit einer durchsichtigen Flüssigkeit. Wasser? Darauf folgte ein Klacken, als das Vorhängeschloss geschlossen wurde. Ein Schlüssel drehte sich. Seine Tür wurde geöffnet und auch bei ihm wurde eine Schüssel mit Wasser und eine mit einem undefinierbaren Etwas hineingestellt. Danach wurde seine Käfigtür geschlossen. 

Es war schwierig sich mit gefesselten Händen und Füßen zu bewegen. Der Teenager stemmte sich an der Käfigwand auf die Füße. Der Käfig war hoch genug um gerade noch darin stehen zu können. Paul zog den Kopf ein, krümmte sich und hüpfte einen halben Meter nach vorn. Von der Seite her hörte er ein leises Kichern. Das Mädchen mit den grünen Augen neben ihm hielt sich eine Hand vor den Mund. Auch er musste lächeln und es fühlte sich etwas merkwürdig an, da er es schon lange nicht mehr getan hatte. Vorsichtig ließ er sich neben die Schüsseln auf die Knie fallen. Seit Tagen hatte Paul schon nichts mehr getrunken. Er leckte sich die Lippen, als nun das heiß ersehnte Nass in seiner Reichweite stand. Da er seine Hände nicht verwenden konnte um aus der Schüssel zu trinken, lehnte sich der Junge über diese und begann das Wasser, einer Katze ähnlich, mit der Zunge zu schlecken. Ein weiteres Kichern von der Seite. Diesmal machte sich das Mädchen nicht die Mühe ihr Grinsen zu verstecken. Paul wendete sich kopfschüttelnd aber immer noch lächelnd wieder seinem Wasser zu. Er trank solange bis kein Tropfen mehr übrig war. Endlich war sein Durst gestillt. Skeptisch heftete er einen Blick auf die andere Schale. Der Inhalt hatte eine sehr große Ähnlichkeit mit dem Futter, welches seine Oma ihren zwei Katzen gab. Igitt! Das Zeug sah nicht nur ekelig aus, sondern roch auch so! Die Nase rümpfend zog er seinen Kopf zurück. ,,Ich finde das auch nicht gerade appetitlich", erklang eine Stimme von der Seite. Das Mädchen hatte sich im Schneidersitz an das Gitter, welches sie voneinander trennte gesetzt. Paul hüpfte zu ihr und ließ sich ihr gegenüber nieder. ,,Ich bin übrigens Sarah", sagte sie. Sie war sichtlich froh endlich mit jemanden sprechen zu können. ,,Mein Name ist Paul", meinte er. ,,Hi Paul!", sagte sie, ,,Ich habe gesehen wie du dich gewehrt hast. Mutig! Aber auch nicht so erfolgreich wie ich sehe!" ,, Hm da hast du wohl recht...", stimmte ihr der Junge zu. Sie besah sich seine Fesseln. ,,Ganz schön nervig die Dinger, oder?" ,,Ja das kannst du laut sagen." ,, Vielleicht könnte ich Dir helfen sie loszuwerden..." Paul sah sie mit großen Augen an: ,,Wirklich?" ,,Na klar." ,,Und wie?", fragte er Sarah. ,,Ich habe da so ein Mädchenmultifunktionswerkzeug was uns helfen könnte...", meinte sie und zog sich eine kleine Haarnadel aus der Tasche ihrer Jeans. ,,Cool!" ,,Dreh dich mal so, dass du mit dem Rücken zu mir sitzt." Paul befolgte ihre Anweisung. Zum Glück waren die Zwischenräume der Gitterstäbe groß genug um Finger hindurchstreckend zu können. So gelang es Sarah sein linkes Handgelenk festzuhalten. Dann steckte sie die Nadel ein kleines Loch und drehte und wendete diese solange, bis ein Klacken zu hören war. Das Metall welches sich an Pauls Haut gepresst hatte weitete sich und er konnte seine Hand herausziehen. Der Junge streckte seine Arme, die ihn so lange Zeit hinten auf dem Rücken gebunden waren, nach vorn, nach hinten, nach rechts, nach links - Endlich waren sie frei. Zumindest ein Handgelenk, denn um das andere baumelte immer noch das eiserne Objekt. ,,Hey ich bin doch noch gar nicht fertig!", hörte er Sarahs Stimme hinter sich. ,,Ja stimmt, entschuldige", sagte er zu ihr und streckte seinen rechten Arm nach hinten. Sie wiederholte die Prozedur und nun waren seine Arme ganz und gar frei. ,,Danke! Vielen Dank!", rief Paul, doch sie unterbrach ihn. ,,Ich bin immer noch nicht fertig, schau doch einmal nach unten!" ,,Oh..", Paul erblickte seine Fußfesseln, ,,Stimmt!" ,, Dann zeig mal her!", verlangte Sarah. Nach ein paar Minuten war auch diese Fessel beseitigt. ,,Jetzt darf Dir doch aber danken, oder?" ,,Klar!", sagte sie mit einem selbstgefälligen Grinsen.

,,Warum bist du eigentlich noch nicht geflohen?", fragte Paul das Mädchen. ,,Wie sollte ich denn fliehen?", fragte sie erstaunt zurück. ,, Na mit dem Multifunktionswerkzeug!", meinte er lächelnd. ,,Achso, nein das funktioniert leider nicht. Das Schloss am Käfig ist unglücklicherweise komplizierter als das deiner Handschellen. Das kann ich damit bedauerlicherweise nicht öffnen...", sagte sie und ihre Mundwinkel wanderten nach unten. Plötzlich öffnete sich die Tür und ein weiteres Regal wurde hineingeschoben. Das leise Gemurmel der Gespräche zwischen den Gefangenen war verstummt. Alle beobachteten, wie das Regal langsam und quietschend an ihnen vorbeigeschoben wurde. 

Erst jetzt fiel Paul auf, wie viele Käfige inzwischen gefüllt waren. Nur noch drei Käfige von den dreißig Drahtgeflechten, die er gezählt hatte waren unbefüllt. Was sollte nur mit ihnen geschehen? Der Teenager glaubte nicht daran, dass sie getötet werden würden, warum sollten sie ihnen schließlich sonst Essen - nun ja wenn man dieses Zeug so bezeichnen konnte- und zu Trinken geben? Als die Männer nun auch die letzten drei Käfige gefüllt und den Raum verlassen hatten fragte er Sarah:,,Hast du vielleicht eine Ahnung warum wir hier sind?" ,,Nein", sagte sie. ,,Ich weiß nur, dass sie alles daran setzen, dass niemand erfährt, dass wir nicht nur verschwunden sind, sondern entführt wurden." Ihre Augen bekamen einen glasigen Ausdruck. ,,Woher..?", setzte Paul an, doch da brach sie unerwartet in Tränen aus. ,,Hey, warum weinst du?", fragte er sie besorgt und zwängte seine Finger durch die Gitterstäbe um ihr die Schulter zu tätscheln. ,,S-Sie h-haben ..., schluchzte sie,  ,,...a-als er beobachtet hatte was sie mit mir machten und schon die Polizei a-a-am Hörer hatte einfach a-auf ihn..." Weiter konnte das Mädchen nicht sprechen, sie krümmte sich und schrie. 28 andere Augenpaare richteten sich auf Sarah, die inzwischen lag und schreiend mit den Fäusten auf den Boden hämmerte. ,,Hey....,hey... alles wird gut.", versuchte er sie zu beruhigen, doch sie reagierte nicht auf ihn, sondern kreischte weiter. Da öffnete sich schlagartig die Eisentür. Das Mädchen erschrak und zog sich, mit den Armen die Beine umschlingend in die hintere Ecke ihres Käfigs zurück. Ein Mann, der mit den dunkelbraunen Haaren, trat ein und sagte irgendetwas mit einer harten, kühlen Stimme. Danach patrouillierte er einmal durch den Raum. Er schaute in jeden Käfig. Paul lief ein kalter Schauer über den Rücken, als der Mann ihn mit wütenden grauen Blicken durchbohrte. Der Teenager sah einen weißen Verband um seine rechte Hand, der wohl den Biss, den er ihn zugefügt hatte verdeckte. Oh nein, er erkennt mich! Er wird sehen, dass ich keine Fesseln mehr trage! Nach einem weiteren durchdringenden Blick, schien dem Mann allerdings nicht aufzufallen, dass der Junge keine Fesseln mehr trug und er verließ, nachdem er auch die anderen Käfige überprüft hatte, den Raum. ,,Puh das war knapp!", seufzte Paul. Sarah blickte ihn mit tränenüberströmten Gesicht an. Er schaute sie fragend an. Wer war er, um den sie weinte? Und was hatten sie ihm angetan? Als hätte das Mädchen seine Frage gehört, antwortete sie mit zittriger Stimme: ,, S-Sie haben meinen Bruder getötet..." Dann brach sie leise wieder in Tränen aus. Doch bevor Paul etwas antworten konnte, wurden sie von einem durchdringenden Dröhnen unterbrochen. Der Teenager hielt sich aus Reflex die Ohren zu. Aber so schnell wie der Ton gekommen war, so schnell war er auch wieder abgeklungen. Paul wollte schon die Hände von seinen Ohren nehmen, da ertönte wieder das durchdringende Geräusch. Wieder und wieder verklang es, wieder und wieder ertönte es. Doch als es ein zehntes Mal erklang, spürte Paul ein Beben unter sich. Dieses wurde immer stärker und stärker. Ein Getöse drang ihn in den Ohren. Und dann ... ein großer Ruck, der ihn in die hintere Ecke seines Käfigs beförderte.


Am anderen Ende des Universums //PausiertWhere stories live. Discover now