Glücklicher Zufall

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Lucius Sicht – Malfoy Manor


Nachdem ich Draco am Bahnsteig verabschiedet hatte, kehrte ich ins Manor zurück. Dort wandelte ich zunächst unschlüssig durch die zahlreichen Räume, bis ich mich auf das Kaminzimmer zurückzog und den Elfen befahl, unter keinen Umständen gestört zu werden. Ich setzte mich in den flauschigen Sessel, mit den breiten Armlehnen, die ich so liebte, vor den Kamin und blickte nachdenklich in die knisternden Flammen. Meine Gedanken schweiften zurück zum Bahnsteig. Mir war kaum bewusst gewesen, wie sehr ich mich nach einer liebevollen Beziehung zu Draco gesehnt hatte – bis ihn vor dem Zug in die Arme genommen hatte. Ich hoffte, dass er diesen Augenblick offensichtlicher Schwäche nicht bemerkt hatte. Trotzdem hatte ich bei dieser kurzen Umarmung mehr gefühlt als in den letzten Jahren zusammen und ich hatte deutlich gespürt, dass es Draco ähnlich ging. Eine Weile verblieb ich in Gedanken bei diesem schönen Gefühl, dann drängte sich in meinem Unterbewusstsein ein weiteres Gefühl auf, dass ich am Bahnsteig vernommen hatte. Es war nur ganz schwach und ich musste tief in mich hineinhören, um es überhaupt wahrnehmen zu können, doch es war da. Ich versuchte, das Gefühl erneut heraufzubeschwören, indem ich an die Situation auf dem Bahnhof zurückdachte. Draco hatte sich langsam, aber energisch aus meiner Umarmung gelöst und war in den Zug gestiegen. Und plötzlich durchströmte mich dieser gleißende Schmerz, ausgehend von der nunmehr vollständig verhärteten Narbe. Obwohl es nur von kurzer Dauer war, war dieser Schmerz viel intensiver als noch die anfänglichen Schmerzen nach dem Fluch es waren. Ich war wirklich erleichtert über die Tatsache, dass der Schmerz nur einige Sekunden anhielt. Nicht nur, weil mir dadurch eine weitere immense Schmerzattacke erspart geblieben war. Es wäre nicht auszudenken, welchem Hohn und Spott ich ausgesetzt gewesen wäre, wenn ich wieder wie im Manor vor Schmerzen bewusstlos geworden und zusammengesackt wäre. Ich verscheuchte diesen grausamen Gedankengang mit einem energischen Kopfschütteln.
Doch neben dem Schmerz war da noch etwas anderes, dass sich in dieser Situation in meinen Körper geschlichen und dort festgesetzt hatte. Ein warmes, seltsam wohltuendes Gefühl, dass sich über meinen gesamten Körper ergoss und erst in den Haarspitzen endete. Ich hatte noch nie etwas Derartiges verspürt und war über den wohligen Schauer, der meinen Körper erfasste, gleichermaßen erschrocken und erfreut. Der Zeitpunkt dieses Gefühls ließ keine andere Vermutung zu, als dass es ebenfalls eine Auswirkung des Fluches war. Aber konnte sich ein tödlich verlaufender Fluch wirklich in solch wohltuenden Gefühlen äußern? Ein Schauer zog über meinen Körper und ich sprang, trotz des Kaminfeuers leicht fröstelnd, von meinem Sessel auf und schritt zu den bodentiefen Fenstern des Raumes. Gedankenversunken starrte ich in die Ferne, allerdings nahm ich von den im Wind knarrenden Bäumen und den durch die Lüfte segelnden Vögeln kaum etwas wahr. Unbewusst fuhr ich mit meiner Hand erneut über meine Brust. Es tat nicht wirklich weh, aber trotzdem hatte ich nun ein anderes Gefühl, wenn ich die Narbe berührte, als noch vor kurzem. Es war so... warm und gar nicht mehr verabscheuend. Ein Lächeln stahl sich auf meine Lippen. Als ich meine offensichtliche Schwäche bemerkte, kniff ich die Lippen rasch zu einem schmalen Strich zusammen und starrte finster durch die makellos geputzte Scheibe. Ich ekelte mich ein wenig vor meinen eigenen Gefühlen. Seit dem Krieg war ich viel weicher geworden, als mir lieb war. Einerseits verabscheute ich diese... Verweichlichung. Andererseits konnte sie mir bei meinem Versuch, eine Muggelgeborene zu erobern, sicherlich noch von Nutzen sein. Noch immer zog sich mein Inneres bei diesem furchtbaren Gedanken zusammen und ich musste mich abstoßend schütteln. Ich konnte mich einfach nicht mit der Tatsache anfreunden, bald näheren Kontakt zu einem meiner meist verabscheuten Kreaturen aufzunehmen. Ich hatte es nie nötig gehabt, mir jeder Frau ins Bett zu gehen, die mir über den Weg lief. Im Gegenteil, ich konnte sogar ziemlich wählerisch sein, was meine Bettgefährtinnen anging. Schon seit meiner Schulzeit lagen mir die Frauen zu dutzenden zu Füßen und bettelten förmlich nach einer gemeinsamen Nacht mit mir. Und ich für meinen Teil wusste ganz genau, dass keine von ihnen meinem Charme widerstehen konnte und sich früher oder später mit mir einließ – ob sie wollte oder nicht. Ein gehässiges Grinsen bahnte sich seinen Weg an die Oberfläche, doch ich konnte es gerade noch unterdrücken. Die Zeit als Casanova hatte ich endgültig abgeschlossen! An meiner Stelle trat nun offensichtlich Draco an diese Position – zumindest, wenn man den Gerüchten Glauben schenken konnte, die ich so über das offenbar ziemlich aktive Sexleben meines Sohnes hörte. Jetzt konnte ich mir ein Grinsen nicht mehr verkneifen. Ich musste schmunzeln, als mir bewusst wurde, dass Draco und ich uns offensichtlich doch in mehr Dingen ähnlich waren, als ich dachte.

Mit dem Zauberstab ließ ich eines der Gläser mit einem teuren, schottischen Scotch zu mir herüberschweben und nahm einen gierigen, tiefen Schluck. Ein wohltuendes Brennen erfasste meine Kehle, als die braune Flüssigkeit meinen Hals hinunter rann. Mit einem gewissen Groll musste ich eingestehen, dass Severus einen exzellenten Geschmack hatte, was teuren Scotch anging. Er war sein Geschenk zum letzten Weihnachten gewesen und musste wieder an das dünnlippige Lächeln denken, mit welchem er mir die bauchige Flasche überreicht hatte.

Ein Blick auf die große Standuhr, die in der Ecke stand, sagte mir, dass es spät geworden war und Müdigkeit kroch in meine Knochen. Ich machte mich auf den Weg in das angrenzende Schlafzimmer und legte das schwarze Hemd und die Hose ordentlich gefaltet auf einen Stuhl, der eher die Funktion eines Kleiderstandes hatte als eine Sitzmöglichkeit. Ich nahm eine schwarze Schlafrobe aus der Schrankwand, die aus edlem Ebenholz bestand und von den Elfen regelmäßig auf Hochglanz poliert wurde. Als ich im Bett lag, musste ich erneut an Severus' Worte denken. Es würde nicht mehr lange dauern, bis er mir brauchbare Informationen vorlegen könnte. Und noch immer hatte ich keine Idee, wie ich den Kontakt zu einer mir vermutlich völlig unbekannten Person aufnehmen sollte. Nach einer Lösung grübelnd, schlief ich schließlich irgendwann ein.


Hermines Sicht – der nächste Morgen


Es war merkwürdig und trotzdem so vertraut, endlich wieder in einem Bett in Hogwarts aufzuwachen. Zu meinem Glück hatte ich seit meiner Berufung zur Vertrauensschülerin im fünften Schuljahr ein Einzelzimmer, sodass ich zwar die gemütliche Atmosphäre von Hogwarts' Schlafsälen spüren konnte, aber nicht das monotone Schnarchen anderer Schülerinnen ertragen musste. Nicht, dass ich nicht gerne Zeit mit den anderen Gryffindors verbrachte, aber ich brauchte auch einen Rückzugsort, an dem ich ungestört über die vergangenen Ereignisse nachdenken konnte. Die Situation vom Vortag wollte mir einfach nicht aus dem Kopf gehen. Es war mir ein Rätsel, was es mit dieser geheimnisvollen Narbe und den plötzlich auftauchenden – und genauso unerwartet wieder verschwindenden – Gefühlen auf sich hatte. Seufzend stellte ich mich innerlich darauf ein, dass es wohl keine andere Möglichkeit geben würde, als Professor Snape einen Besuch abzustatten. Nach dem Stundenplan, den ich gestern nach dem Essen zusammen mit den anderen erhalten hatte, hatte ich heute neben Verwandlung, Verteidigung gegen die dunklen Künste, Geschichte der Zauberei und Arithmantik auch noch Muggelkunde. Also hätte ich frühestens nach der letzten Stunde die Gelegenheit, Professor Snape in seinen düsteren Kerkern einen Besuch abzustatten. Die restlichen Tage sahen ähnlich voll aus, wie der heutige Tag. Zaubertränke, Kräuterkunde, Alte Runen, Pflege magischer Geschöpfe, Zauberkunst, Astronomie und Geschichte der Zauberei wechselten sich gegenseitig ab. Trotzdem hatte ich noch relativ viele Freistunden, die ich wohl, für meine Abschlussprüfungen lernend, in der Bibliothek verbringen würde. Bei dem Gedanken an die staubigen Regale der Bibliothek, die unter der ständigen Beobachtung von Irma Pince standen, erfasste mich ein zufriedenes Lächeln. Schon merklich besser gelaunt kletterte ich aus dem Bett und huschte in das angrenzende Badezimmer. Ein weiterer Vorteil des Vertrauensschüler-Rangs – man musste sich das Badezimmer mit niemandem teilen und konnte so laut unter der Dusche singen, wie man wollte. Nach einer wohltuenden Dusche mit Ginnys wunderbar duftender Mango-Lotion trocknete ich mich rasch ab und versuchte, meine wilden Haare zu bändigen. Erfolglos entschied ich mich schließlich für einen einfachen Pferdeschwanz und ergänzte mein Auftreten durch eine dezente Schminke. Als ich meine Schuluniform anzog, wurde mein Körper von einem wohligen Kribbeln überzogen, und ich lief, freudig erwartend auf den beginnenden Tag, in die Große Halle.

Als ich in die Große Halle kam, saßen bereits einige Gryffindors am Tisch. Auch Luna und Neville waren bereits da, und schienen sich offensichtlich angeregt über etwas zu unterhalten, das ich nicht ganz verstehen konnte. Ich hatte einen riesigen Hunger, denn nach der Eröffnungsrede von Professor McGonagall am vorigen Abend verspürte ich keinerlei Appetit mehr. Einige Schüler reagierten auf das Verlesen der Gefallen mit Tränen und mehr als einmal vernahm ich ein aufgelöstes Schluchzen. Professor McGonagall wirkte während ihrer Rede ziemlich gefasst, aber auch einige der Lehrer wirkten ziemlich mitgenommen. Hagrid schnäuzte sich mehrmals ohrenbetäubend in sein gigantisches Taschentuch, Professor Flitwick ergriff Professor Vektors Hand und Professor Sprout musterte mit glasigem Blick den Tisch. Einzig Professor Snape saß anteilslos an seinem Platz und schien mit hochgezogener Augenbraune das Ende dieser Faszie entgegenzuhoffen.
Der Geruch von frisch geröstetem Toast und gebratenem Speck stieg mir in die Nase und mein Magen knurrte vielsagend. Ich hatte erwartet, Harry, Ginny und Ron bereits frühstückend anzutreffen, aber ich wurde enttäuscht. Zumindest von Harry hätte ich gedacht, dass er unter den Ersten sein würde, die ihr morgendliches Mahl einnahmen. Doch dann erfasste mich der Verdacht, dass er wohl noch seelig in seinem Bett lag und sich von den Wiedersehens-Freuden mit Ginny erholte. Ich gönnte es beiden, konnte es jedoch nicht vermeiden, einen eifersüchtigen Stich zu verspüren. „Hermine!", riss mich Neville aus meinen Gedanken, als mir aufgeregt zuwinkte. „Komm, setzt dich zu uns! Oder willst du da den ganzen Tag herumstehen?" Er strahlte mich an und konnte es offenbar kaum erwarten, dass ich mich zu ihm setzte. Grinsend lief ich zu den beiden und ließ mich neben Luna auf die Holzbank fallen. „Tut mir leid, ich war ganz in Gedanken!", erwiderte ich und hob entschuldigend die Hände. „Also alles wie immer" Er grinste mich an und wurde dabei leicht rot. Ich konnte mir ein erstauntes Augenbrauen-hochziehen nicht verkneifen, sonst war Neville immer der schüchterne Typ gewesen, der lieber gar nichts sagte, als zu riskieren, etwas Falsches zu äußern. Aber seit dem Krieg hatten sich wohl alle verändert. „Du hast wirklich eine wunderschöne Aura", riss mich Luna mit ihrer verträumt wirkenden Stimme zurück in die Gegenwart. „Äh... danke Luna", antwortete ich etwas verwirrt und schaufelte mir etwas von dem verführerisch duftenden Rührei auf meinen Teller. Ich hatte beim besten Willen keine Ahnung, was sie mir mit dieser Aussage mitteilen wollte. Aber ich verspürte auch keinen allzu großen Drang, es zu erfahren. Sie war halt Luna – speziell und trotzdem im Grunde einfach nur lieb. Mein knurrender Magen erinnerte mich daran, dass ich vom Betrachten des Rühreis allein nicht satt werden konnte und so griff ich beherzt nach meiner Gabel. Zu dem Ei gesellte sich ein Käsebrötchen und irgendwann auch eine Tasse Kaffee. Normalerweise bevorzugte ich Tee, doch heute sagte mir mein Unterbewusstsein, dass eine Tasse Kaffee effektiver wäre. Gut gelaunt plauderte ich mit Neville und Luna über ihre Stundenpläne und kam dabei nicht umhin, mal wieder über meine eigene Stundenanzahl zu schmunzeln.

Irgendwann kamen dann auch Harry, Ron und Ginny durch die Tür gestiefelt. Harry und Ginny hielten Händchen und tauschten verliebte Blicke. Man konnte ihnen die Freude der vergangenen Nacht förmlich ansehen und ich zwinkerte ihnen wohlwissend zu, als sie an mir vorbeiliefen und sich neben mir auf die Bank setzten. Ron trottete hinter den beiden wie ein unliebsamer Schatten her und gähnte unsittlich. „Guten Morgen, ihr Lieben!", trällerte Ginny gut gelaunt. Neville beäugte sie ein bisschen skeptisch, doch erwiderte dann das Lächeln, das Ginny in die Runde warf. Luna lächelte wissend. „Guten Morgen, Ginny", antwortete ich ihr und spülte mein Brötchen mit einem Schluck Kaffee hinunter. „Gut geschlafen?". Ich zwinkerte sie vielsagend an. „Vielleicht ein bisschen wenig...", erwiderte sie grinsend und warf Harry einen verliebten Blick zu. Ich unterdrückte ein Seufzen über diese offensichtliche Andeutung. Ron hatte sich inzwischen wie ein nasser Sack neben Neville plumpsen lassen und begrüßte uns mit einem unverständlichen Grunzen. Seine Hände wanderten schon zu den Brötchen und der Marmelade, bevor er die Bank überhaupt berührt hatte. Er schlang die zwei Hälften hinunter wie ein Verhungernder die erste Mahlzeit nach Wochen. Innerlich schlug ich mir mit der flachen Hand auf die Stirn und glaubte fast, das unangenehme Brennen danach spüren zu können.

Nach dem Frühstück wurde es Zeit, sich auf den Weg zur ersten Stunde Verwandlung des Jahres zu machen. Ich war freudig erwartend über die erste Stunde des neuen Schuljahres und beschleunigte meinen Schritt zum Klassenzimmer noch ein klein wenig. Obwohl Professor McGonagall nun Schulleiterin war, ließ sie es sich nicht nehmen, weiterhin zu unterrichten. Außerdem war sie eine wahre Koryphäe in diesem Gebiet und wohl nicht ohne Qualitätsverlust in diesem Fach zu ersetzen.
Ich setzte mich neben Harry und grinste noch immer gut gelaunt von einem Ohr zum anderen, als Professor McGonagall den Raum betrat und uns mit freundlicher Strenge begrüßte. „Es freut mich, sie alle wiederzusehen!", eröffnete sie ihre Ansprache und ließ ihren wachen Blick über die Reihen wandern. „Ich hoffe, Ihnen allen geht es den Umständen entsprechend gut und sie genießen das letzte Schuljahr. Ansonsten zögern Sie bitte nicht, mich anzusprechen, sofern sie etwas bedrücken sollte". Die letzten Worte sprach sie nicht ohne Sorge in ihrer Stimme und ich meinte, einen traurigen Unterton gehört zu haben.

Nach einem zustimmenden Nicken der Schüler teilte sich uns in Zweiergruppen ein und erteilte uns den Auftrag, den Partner in ein kleineres Lebewesen zu verwandeln. Ich hatte wirklich Spaß bei dieser Aufgabe und verwandelte Harry in eine zerzaust dreinblickende Krähe. Bei diesem Anblick und dem vorwurfsvollen Blick des Harry-Rabens musste ich laut auflachen und wurde von einem strengen Blick von Professor McGonagall getroffen, der jedoch nicht das Schmunzeln in ihren Augen verdecken konnte. Nachdem ich Harry zurückverwandelt hatte und er die letzten Federn mit einer raschen Handbewegung aus seinen Haaren verbannt hatte, mussten wir beide Lachen.

Zum Mittagessen versammelten wir uns wieder alle in der Großen Halle und tauschten uns über dampfenden Tellern über unsere ersten Stunden des neuen Schuljahres aus. Mehr zufällig blieb mein Blick am Lehrertisch hängen. Professor Snape befand sich in einer mehr oder weniger eintönigen Unterhaltung mit Professor Flitwick, der ihm offensichtlich den letzten Nerv raubte. Zumindest, wenn man Professor Snapes Gesichtsausdruck richtig deutete. Offensichtlich genervt kräuselte er die Lippen und betrachtete seinen Gesprächspartner mit einem gelangweilten Blick. Ich kam nicht umhin, ihn abschätzend zu mustern. Seit unserer letzten Begegnung hatte sich sein körperlicher Zustand um einiges verbessert. Er wirkte nicht mehr ganz so abgemagert und die dunklen Augenringe, die während seiner Genesung sein Gesicht eingefallen wirken ließen, waren deutlich weniger sichtbar. Ich musste schmunzeln, als ich daran dachte, wie er mit Schmollmund und Blicke, die mich giftig anfunkelten, meine Hilfe in Anspruch nehmen musste. Es zeugte von seinen Schmerzen und seiner Hilflosigkeit, dass er sich so weit erniedrigen konnte, ausgerecht mich um Hilfe zu bitten. Nicht, dass er mich danach nicht mit der gleichen Kälte behandelt hätte, wie auch vorher. Aber zumindest lag nicht mehr ganz so viel Verachtung in seiner Stimme, wenn er mit mir sprach. Zwischenzeitlich übte er sich sogar in schwarzem Humor, doch seine harten Gesichtszüge blieben. „Na, na, Hermine, hast du etwa ein Auge auf Snape geworden, oder warum starrst du ihn die ganze Zeit über an?", riss mich Ginny aus meinen Gedanken und tadelte mich gespielt übertrieben mit dem Zeigefinger. Ron zuckte bei ihren Worten unmerklich zusammen und warf erst Snape und danach mir einen abschätzenden, wenig freundlichen Blick zu. Ich musste an unseren gemeinsamen Spaziergang in London vor einigen Monaten denken, bei welchem Ron einen Mann, der mir nur freundlichen die Tür aufhalten wollte, beinahe an die Gurgel gegangen wäre. Nur mit Mühe konnte ich ihn davon abhalten, dem anderen einen Fluch auf den Leib zu hetzen und wurde dabei von Rons wilden Flüchen und seinen Unterstellungen, eine Affäre zu haben, getroffen. In diesem Moment konnte ich mich nicht weiter zurückhalten und verpasste ihm eine heftige Ohrfeige. Mich noch völlig entsetzt anstarrend und mit der linken Hand seine Wange haltend, erklärte ich ihm giftig, dass ich nicht sein Besitz wäre und er Höflichkeit nicht mit Flirten verwechseln sollte. „Unsinn", hob ich abwehrend die Hände und grinste ebenso breit wie Ginny. „Mir ist nur gerade eingefallen, dass ich Professor Snape noch etwas bezüglich eines Zaubertranks fragen wollte, auf den ich während der Ferien zufällig gestoßen bin." Ich war nicht besonders gut im Lügen, aber da niemand weiter nachfragte, musste ich zumindest relativ überzeugend geklungen haben. Ron beruhigte sich auf seinem Platz langsam wieder und begann wieder damit, dass Essen in sich hineinzuschaufeln, als würde man ihn jagen. Zumindest ging er jetzt nicht dazu über, wieder vor allen Leuten einen Aufstand zu veranstalten.

The curse between themWhere stories live. Discover now