Im Verborgenem

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Heyho :)

Ein neues Kapitel, und vergesst nicht mir eure Meinung da zu lassen! ;)




Hermines Sicht – zur gleichen Zeit, auf ihrem Zimmer



Wie in Zeitlupe wurde die Tür aufgestoßen. Knarrend schlug das schwere Holz gegen die Wand. Im nächsten Augenblick trat eine hochgewachsene, hagere Gestalt aus der Dunkelheit. Unfähig, mich auch nur einen Millimeter zu rühren, starrte ich in das zu einer siegessicheren Grimasse verzogene Gesicht meines Gegenübers. „Du hast sicherlich nicht damit gerechnet, mich so schnell wieder zu sehen, nicht wahr, Liebes?" Fassungslos hing ich an seinen graugrünen Augen, die mich schalkhaft anblitzten. Graham Cox richtete lässig seinen Zauberstab auf mich, das Gesicht weiterhin durch ein furchtbares Grinsen entstellt. „Du bist tot...". Meine Stimme war kaum mehr als ein Lufthauch. Wie versteinert stand ich vor ihm und ließ zu, dass er mir mit seinen dünnen Fingern über das Gesicht strich. „Ts ts ts. Du glaubst doch nicht wirklich, dass mich ein Avada Kedavra einfach so töten kann, oder? Dafür bin ich viel zu mächtig, Liebes". Er zuckte halbherzig mit den Schultern und legte den Kopf schief. „Du solltest dich freuen. Jetzt können wir endlich zu Ende bringen, wobei wir so rüde unterbrochen wurden. Diesmal wird niemand kommen und uns stören". Seine kalte Hand ruhte auf meiner Wange. „Nur du und ich...". Der Glanz in seinen Augen raubte mir beinahe die Sinne. Fassungslos starrte ich in sein überhebliches Gesicht, mit dem er sich direkt vor mir aufgebaut hatte. „Aber du bist tot...". Der letzte, klägliche Rest Hoffnung verschwand in dem Moment, als er mit grober Gewalt mein Handgelenk umfasste. „Nein!". Ich versuchte mich loszureißen. „NEIN!". Wie wild schlug ich um mich, kämpfte mit aller Macht gegen seine Hand, die mich schraubstockartig festhielt. Mein Herz raste und ich hörte das Blut in meinen Ohren rauschen. Cox lachte wie ein Wahnsinniger, während er mich scheinbar wie von selbst weiter festhielt. „Gib' auf, kleine Hermine! Du hast keine Chance gegen mich! ICH WERDE DICH BESITZEN!" Ein unerträglicher Schmerz erfasste meinen Körper. Schlimmer als alles, was ich jemals erfahren hatte. Es schien, als würde mich eine unsichtbare Kraft in Stücke reißen. Schreiend versuchte ich mich dagegen zu wehren. Gegen den Dämon, der meine Knochen zu brechen und mein Fleisch zu zerreißen schien. Cox' schallendes Gelächter begleitete mich in die Bewusstlosigkeit.

Nur langsam kam ich wieder zur Besinnung. Mein Körper schmerzte erbärmlich und mir war entsetzlich kalt. Unter mir spürte ich glatte, kühle Steine und ein eisiger Luftzug strich durch die undurchdringliche Dunkelheit. Finsternis umgab mich, vermischt mit der erdrückenden Stille, die nur durch meine eigene Atmung unterbrochen wurde. Mein Herz hämmerte bedrohlich in meiner Brust. Ich rechnete jeden Moment damit, dass er zurückkam. Sicherlich war er nicht weit. Er hatte es geschafft, einen Unverzeihlichen zu überleben. Er war ungesehen nach Hogwarts gekommen, und er hatte mich gefunden. Sicherlich würde er sich kein zweites Mal so einfach geschlagen geben. Er hatte mich an einen anderen Ort gebracht. Ich hatte keine Ahnung, wo ich war. Außer meinem eigenen Atem und das Kratzen meiner Fingernägel über den kalten Steinboden, war nichts zu hören. Bleierne Dunkelheit umgab mich, kein Lichtstrahl fand seinen Weg zu mir.

Ich hatte keine Ahnung, wie viel Zeit vergangen war, als ich mit einem Mal ein leises, metallisches Klicken vernahm. Erst dachte ich, ich bildete es mir ein. Doch dann hörte ich es wieder. Und wieder. Plötzlich ertönte ein ohrenbetäubender Knall. Im nächsten Augenblick flutete gleißendes Licht die Finsternis. Geblendet von der plötzlichen Helligkeit musste ich die Augen zusammenkneifen. Da erkannte ich endlich meine Chance. Die Gelegenheit zur Flucht. Das Licht musste von irgendwoher kommen. Von draußen. Und damit durch eine Tür oder ein Fenster. Hastig rappelte ich mich auf. Lief, so schnell meine Beine es zuließen, auf die Quelle des Lichts zu. Immer heller und immer näher kam die trostspendende Helligkeit. Dann, als ich sie fast erreicht hatte, wurde mir plötzlich der Boden unter den Füßen weggerissen. Alles um mich herum drehte sich. Immer schneller wurde ich einen Strudel gezogen, der mich mit sich riss. Kaum atmen könnend, hielt ich schützend die Hände über meinen Kopf. Dann schien das Licht zu explodieren und ich hatte das Gefühl, tief zu fallen.

„Hermine. Hermine, hören Sie mich? Hermine!" Unsanft wurde ich an den Schultern gerüttelt. Panisch versuchte ich mich aus dem Griff zu befreien, riss erschrocken die Augen auf. „Ruhig!". Die Hände an meinen Schultern packten fester zu. Mit aller Kraft versuchte ich mich von dem Gewicht zu befreien, versuchte nach seinem Verursacher zu schlagen, ihn zu treffen. „Beruhigen Sie sich!". Severus Snape hielt mit einer Hand meinen Kopf fest und zwang mich, ihn anzusehen. „Sehen Sie mich an! Sehen Sie mich an, verdammt!!". Erschrocken sah ich seine tiefschwarzen Augen, die mich starr fixierten. „Sie haben geträumt. Kann ich Sie wieder loslassen?". Jetzt erst bemerkte ich, dass er mich noch immer festhielt. Zaghaft nickte ich. Sofort sprang Severus auf. „Hermine!" Grenzenlose Erleichterung schwang in Lucius' Stimme mit, als er sich zu mir setzte. Ich spürte seine warme Hand in meiner und drückte sie erleichtert. „Es ist alles in Ordnung, du bist in Sicherheit!" Er strich mir beruhigend über den Kopf und hauchte mir einen Kuss auf die Stirn. „Was ist passiert?" Meine Stimme war krächzend und das Sprechen schmerzte. „Trinken Sie das. Hilft auch gegen die Kopfschmerzen". Jetzt erst bemerkte ich den hämmernden Schmerz hinter meinen Schläfen. Mit zittrigen Fingern griff ich nach der mir dargereichten Phiole und stürzte ihren Inhalt hinunter. Sofort wurde der um sich schlagende Troll in meinem Kopf schwächer und ich fühlte mich weniger gerädert. Lucius lächelte mir aufmunternd zu. „Du warst in einer Illusion gefangen. Ähnlich wie ...", er stockte und presste die Lippen aufeinander, „... im Landhaus. Wir haben dich in deinem Zimmer gefunden. Es war unmöglich, dich aus dieser manipulierten Erinnerung zu holen. Severus hat fast eine halbe Stunde gebraucht, bis er sich Zugang zu dir verschaffen konnte". Mein Blick wanderte zu meinem Zaubertrankprofessor, der mit verschränkten Armen und dem Rücken zu uns gewandt am Kamin stand. „Du hast mir schreckliche Angst gemacht", fuhr Lucius leise fort und drückte meine Hand. „Du hast furchtbar geweint und immer wieder gerufen, dass es nicht wahr sein könnte". Ich schluckte schwer. Tränen sammelten sich in meinen Augen. „Cox... Er...", ich schloss die Augen, „er hat überlebt und ...", „Er ist tot!", unterbrach mich Lucius und nahm mein Gesicht in seine Hände. „Das was du gesehen hast, war nur ein böser Traum. Eine Illusion. Es war nicht real! Hörst du? Cox kann dir nie wieder etwas antun, weil er tot ist!" Ich klammerte mich an seine Stimme und seine Worte, wie ein Ertrinkender an den letzten Strohhalm. „Woher wusstet ihr, dass...?" Ich ließ die Frage unausgesprochen, aber Lucius verstand auch so. Er tippte sich mit der Hand an die Brust. An die Stelle, an der die Narbe war. „Sie hat furchtbar angefangen zu brennen. Ich dachte schon, sie würde aufbrechen, so grauenvoll war der Schmerz. Ich wusste sofort, dass etwas nicht stimmt und bin nach Hogwarts gekommen. Zum Glück konnte Severus die Tür zu deinem Zimmer auch ohne das Passwort öffnen". Er strich mir zärtlich über den Kopf. Plötzlich drehte Severus sich zu uns um. Sein Gesicht wurde von den Flammen im Kamin beleuchtet. Es war gezeichnet von Müdigkeit und Erschöpfung. Einzig seine Augen waren wachsam und aufmerksam wie eh und je. „Wir müssen morgen weiter machen. Die Illusionen werden stärker. Ich schaffe es kaum noch, sie zu durchbrechen. Noch eine dieses Ausmaßes kann ich vielleicht nicht mehr zerstören". Seine Stimme war ausgelaugt. „Ich werde heute Nacht hierbleiben". Lucius hatte wieder nach meinen Händen gegriffen und drückte sie fest. „Dann kann ich im Notfall direkt eingreifen". Seine Stimme duldete keinen Widerspruch. „Meinetwegen", knurrte Severus. „Aber vor Sonnenaufgang bist du verschwunden!". Lucius nickte bedächtig. „Natürlich. Es wird mich niemand sehen". Severus schnaubte verärgert und drehte sich wieder um. „Hoffentlich!" Langsam richtete ich mich auf. Jetzt erst erkannte ich, dass ich auf einem Sofa in einem ziemlich gemütlichen Wohnzimmer lag. Der Raum wurde vom flackernden Kaminfeuer beleuchtet und tauchte alles in ein warmes Licht. Das Sofa und die beiden Sessel, die noch danebenstanden, warfen lange Schatten auf den dicken Teppich. Ebenso der robuste Holztisch, der als Zentrum der einladenden Sitzecke diente. Im hinteren Teil des Raumes säumten voll beladene Bücherregale die hell gestrichenen Wände. „Du solltest jetzt schlafen", bestimmte Lucius und half mir auf die Beine. Unsicher setzte ich einen Fuß vor den anderen, unter seinen wachsamen Blicken. „Severus?". Er drehte sich beim Klang seines Namens halb um. Die schwarzen Haare hingen ihm strähnig ins Gesicht. „Danke!". Er knurrte etwas Unverständliches und bedeutete uns mit einer abwertenden Handbewegung, zu verschwinden.

„War das Severus' Wohnzimmer?", wollte ich von Lucius wissen, nachdem wir den Raum verlassen hatten und uns zwischen den kühlen Steinwänden des Kerkers wiederfanden. „Ja, war es". Lucius' Stimme klang amüsiert und er schmunzelte. „Sprich' ihn bloß niemals darauf an". Er lachte leise, während er mich langsam durch das luftige Gemäuer führte. Den restlichen Weg zurück zu meinem Schlafsaal sprach niemand von uns ein Wort. Als mir der vertraute Duft meines Zimmers entgegenschlug, erfasste mich kurz ein zögerliches Schaudern. „Psssscht, es ist alles gut...", flüsterte Lucius und strich mir beruhigend über den Rücken. „Dir kann nichts passieren. Ich bin hier und passe auf dich auf". Nur langsam konnte ich ihm in mein Zimmer folgen. Er führte mich zum Bett und schlug die Decke zurück. „Ich werde die ganze Zeit hier sein. Dir passiert nichts". Ich kuschelte mich so eng an ihn, wie es nur irgend möglich war. Und während ich seinem klopfenden Herzen lauschte, das beruhigend gleichmäßig schlug, fiel ich in einen tiefen, traumlosen Schlaf.





Dienstagmorgen



Ich war nur wachgeworden, als Lucius zu früher Stunde zurück ins Manor aufgebrochen war. Jetzt lag ich unruhig im Bett und dachte über die vergangene Nacht nach. Vor lauter Grübeleien vergaß ich beinahe die Zeit und musste mich, nach einer heißen Dusche und mit meinem wärmsten Mantel bekleidet, beeilen, noch rechtzeitig zum Frühstück zu kommen. „Hermine, wir sind hier!" Harrys belustigt klingende Stimme riss mich aus meinen Gedanken und jetzt erst fiel mir auf, dass ich beinahe an meinen Freunden vorbeigelaufen wäre. Schmunzelnd ließ ich mich ihnen gegenüber auf der Bank nieder und griff nach der Teekanne. „Erzählst du mir jetzt, was Snape gestern von dir wollte?". Ginny warf ihrem Freund einen strafenden Blick zu, während ich an meinem Tee nippte. „Er hilft mir". Harry zog skeptisch eine Augenbraue in die Höhe. „Wobei könnte dir die alte Fledermaus denn bitte helfen?". Verärgert sah ich Harry über meine Tasse hinweg an. „Du sollst aufhören, ihn so zu nennen!" Harry hob beschwichtigend die Hände. „Schon gut, schon gut", lenkte er ein. „Also, wobei kann dir unser geschätzter Professor für Zaubertränke helfen?". Nach einem prüfenden Seitenblick auf meine Mitschüler, die alle in Gespräche verwickelt waren, und einem Muffliato erzählte ich den beiden von den veränderten Erinnerungen, meinen Reaktionen darauf und Severus' Arbeit. Als ich geendet hatte, sahen Harry und Ginny sich überrascht an. Bevor einer von beiden etwas dazu sagen konnte, tauchte Luna auf und setzte sich neben mich. „Hallo zusammen!" Sie strahlte uns an. „Hättet ihr Lust, mich nachher nach Hogsmeade zu begleiten? Ein guter Freund von Vater hat dort einen neuen Laden und ich muss ihm noch ein Amulett zum Schutz vor den Nargel bringen". Sie ließ eine goldene Kette mit einem glänzenden Anhänger vor uns baumeln. „Klar, warum eigentlich nicht?", entschied ich spontan und Harry und Ginny stimmten mir zu. „Und welcher Lehrer begleitet uns?" Harry verdrehte genervt die Augen. „Professor Vektor hat sich angeboten. Und ich glaube, ein paar der anderen Lehrer wollten auch mitkommen". „Als ob irgendeiner von denen besser in Verteidigung gegen die dunklen Künste wäre, als wir", grummelte Harry beleidigt und biss in sein Brötchen. „Lass' gut sein, Harry", erwiderte Ginny grinsend und klopfte ihrem Freund auf die Schulter. „Wir treffen uns nach der letzten Stunde vor dem Haupteingang!"

Nach einem langen Schultag, der mit einer Stunde bei Hagrid endete - in der er uns einen Demiguise präsentierte, der sich irgendwann unsichtbar machte und einfach verschwand, was einen sichtlich verärgerten Hagrid zurückließ - trafen wir uns alle vor dem Tor des Schlosses. Gemeinsam mit anderen Schülern unterschiedlicher Jahrgänge und begleitet von Professor Vektor und Professor Sprout, machten wir uns auf den Weg nach Hogsmeade. Kalte Böen zogen über die Ländereien, zu denen sich irgendwann auch die weißen Flocken des ersten Schnees gesellten. Als wir in dem kleinen Zaubererdorf angekommen waren, war die Landschaft bereits von einem feinen Teppich bedeckt. „Sie haben zwei Stunden. Wenn Ihnen etwas ungewöhnlich vorkommt, wenden Sie sich unverzüglich an uns. Wir sind in den Drei Besen". Während die übrigen Schüler zum Honigtopf und Zonkos strömten, statteten wir zunächst Derwisch und Banges einen Besuch ab. Nachdem Harry seine sich selbstständig machende Feder abgegeben hatte, suchten wir den Laden von Lunas Bekanntem auf. Schon von Weitem wies uns das grellgrüne Schild mit der goldverschnörkelten Aufschrift Maledais magische Gegenstände den Weg. Das Innenleben war ähnlich außergewöhnlich wie die Farbrichtung des Schildes. Skulpturen seltsamer Geschöpfe waren direkt neben Steinen und Kristallen jeder Form, Farbe und Größe aufgestellt. Merkwürdige Apparaturen und nie gesehene Gegenstände zogen meine Aufmerksamkeit auf sich. „Oooh, ihr müsste Schüler seien aus Hogwarts, nichte wahr?" Ein silbermelierter Mann mit kurzem Bart und runder Messingbrille war aus dem Schatten an uns herangetreten. „Luna, meine Kind! Sag', wie gehte es deinem Vater? Ich hoffe, Master Lovegood machte nache wie vore so eine großartige Zeitung!" Er umarmte sie herzlich und Luna versicherte ihm, dass ihr Vater bereits an einer neuen Ausgabe des Klitterers saß. „Sinde das deine Freunde, meine Kind? Nun, Lunas Freunde sinde auch meine Freunde! Sagte mir nur, wenn ihr etwase braucht, liebe Kinder!" So plötzlich wie er gekommen war, verschwand er auch wieder und wir sahen uns überrascht an. „So ist Maledai. Aber er ist ein lieber Mann". Luna zwinkerte verträumt und steuerte auf die Abbilder einer merkwürdig aussehenden Kuh zu. Harry und Ginny besahen sich die Statue eines Hippogreifs. Meine Aufmerksamkeit wurde auf einen knöchernen Ast gezogen, an dem zahlreiche Ketten aufgehängt waren. Besonders das goldene Abbild des Yggdrasils zog mich in seinen Bann. Als ich die filigrane Kette von dem Ast nahm und den Anhänger genauer betrachtete, wurde er auf einmal warm und blassrote Funken stiegen auf. Plötzlich spürte ich jemanden neben mir. Die unscheinbare Gestalt Maledais war neben mir aufgetaucht. Der verschmitzte Blick war einem ernsten gewichen und das fröhliche Funkeln seiner Augen einem undurchsichtigen Schleier. „Das Amulett der Vucame. Mit der Macht verbannter Dryaden ausgestattet, vermag es seinem Besitzer Gefahren zu offenbaren und die Weisheit Jahrtausende alter Geister, überliefert im magischen Siegel Yggdrasil, zu entfalten". Plötzlich kehrte das Leben in Maledais Augen zurück und er zwinkerte mich fröhlich an. „Gefällte dir das Amulett?". Erschrocken starrte ich ihn an. „Wa... Was? Oh, ja. Ja, ich denke, ich nehme es". Vollkommen überrumpelt folgte ich dem gutmütigen Mann, der gut gelaunt eine mir unbekannte Melodie pfiff, zu seiner Kasse. Nachdem ich bezahlt hatte und Ginny Harry von den Hippogreifen loslösen konnte, kehrten wir zu den anderen zurück. Professor Vektor und Professor Sprout, die beide eindeutig etwas zu tief ins Glas geschaut hatten, brachten uns zurück zum Schloss, wo sie sich kichernd von uns verabschiedeten.

Ich verabredete mich mit den anderen zum Abendessen und zog mich auf mein Zimmer zurück. Neugierig, wie ich war, holte ich gleich die Kette hervor und ließ den wunderschönen Anhänger in meiner Hand baumeln. Das warme Metall glänzte in den Flammen des Feuers. Fasziniert von ihrer Schönheit, legte ich die Kette um. Der Anhänger prickelte angenehm auf meiner Haut und ich bewunderte ihn im Spiegel. Fast schien es, als würde die Kette eine ganz eigene Aura besitzen, so anmutig strahlte sie im Kaminfeuer. Das merkwürdige Verhalten von Maledai ließ mich schmunzeln, als ich mit meiner neuen Errungenschaft um den Hals den anderen in die Große Halle folgte. Ausgelassenes Stimmengewirr und der verlockende Duft von heißer Pastete schlugen mir entgegen. Harry und Ginny winkten mir schon von Weitem zu und ich kam gegenüber von meinen Freunden auf der Holzbank zu sitzen. „Das ist wirklich eine schöne Kette", bemerkte Ginny, während ich mir den Teller mit der köstlich aussehenden Pastete belud. „Irgendwie hat sie mich direkt angesprochen. Ich weiß nicht einmal, warum". Grinsend griff ich nach dem Becher mit Tee, der vor mir stand. Plötzlich wurde der Anhänger der Kette siedend heiß und ein brennender Schmerz schoss durch meinen Körper. Erschrocken ließ ich den Becher fallen, dessen Inhalt sich sofort über den Tisch ergoss. Hastig versuchte ich, die heiße Flüssigkeit aufzufangen. „Was machst du denn, Hermine?", wollte Harry wissen, während er sich vor der Überflutung rettete. „Tut mir leid, mir war nur auf einmal... egal". Während ich die Reste meines Missgeschickes beseitigte, fiel mir ein merkwürdiger Geruch auf. Irritiert schnupperte ich an dem Lappen, mit dem ich den Tee aufgewischt hatte. Er roch irgendwie... anders. Unauffällig ließ ich einen Diagnosezauber darüber wandern. Entsetzt starrte ich auf das leuchtende Ergebnis. Der Tee in meinem Becher war vergiftet gewesen. Die Dosis war kaum hoch genug, um mir ernsthafte gesundheitliche Schäden zuzufügen, geschweige denn, mich zu töten. Aber ich hätte mit Sicherheit schlecht geschlafen. Wer also sollte meinen Tee vergiftet haben? Und dann auch noch damit beabsichtigen, mir nur eine schlaflose Nacht zu bescheren? Angestrengt sah ich mich in der Halle um. Bis auf Harry und Ginny, die emsig dabei waren, den Tee fortzuzaubern, waren alle beim Essen. Ein kurzer Blick zum Lehrertisch verriet mir, dass Severus sich gerade auf den Weg in seine Kerker machte. Hastig verabschiedete ich mich von Harry und Ginny, die mir etwas irritiert nachsahen und stürmte auf die Mädchentoilette.

Kaum hatte ich mich vergewissert, dass ich alleine war, riss ich mir die Kette vom Hals. Wie einen Fremdkörper hielt ich sie weit von mir entfernt. „Was bist du?", murmelte ich leise. Plötzlich stoben wieder rote Funken aus dem Anhänger, die gleich darauf in ein pulsierendes Wabern übergingen. Neugierig betrachtete ich das Schauspiel. Die schlingernden Wellen aus rotem Licht begannen, sich zu formen. Auf einmal schienen sie sich zu verbinden. „Hallo, Hermine". Überrascht starrte ich auf die Wörter, die sich aus dem roten Nebel vor mir gebildet hatten. „Wer bist du?", fragte ich in die Leere und sah fasziniert dabei zu, wie sich die Buchstaben neu bildeten und sortierten. „Mein Name ist Artemis. Ich bin eine Dryade". „Eine Dryade", wiederholte ich ungläubig. „Wie kommt es, dass du in dieser Kette bist? Und warum kannst du mit mir sprechen? Bist du verzaubert?". Erwartungsvoll sah ich auf die Buchstaben, die wieder zu rotieren begannen. „Das sind viele Fragen, Hermine. Ich war die Hüterin des Waldes, in dem der Baum stand, der in deiner Kette abgebildet ist. Der Wald des Baumes Yggdrasil. Der Weltenbaum. Er ist der mächtigste und schönste Baum, der irgendwo zu finden ist und verbindet alle Welten miteinander. Ohne ihn, würde es kein Leben geben. Gemeinsam mit meinen Schwestern war ich dafür verantwortlich, die lebensspendende Kraft dieses Baumes vor den Dieben und Zauberern zu beschützen, die sich seiner Macht bereichern wollten. Eines Tages kam ein besonders böser und mächtiger Zauberer, der sich die Unsterblichkeit des Yggdrasils aneignen wollte. Als er meine jüngste Schwester erblickte, verliebte er sich unsterblich in sie und wollte sie zur Frau nehmen. Aber meine Schwester gehörte, wie auch ich, zum engsten Kreis der Beschützer des Yggdrasils, also lehnte sie seine Avancen ab. Er verließ den Wald, unverrichteter Dinge. Eines Tages jedoch kam er wieder. Blind vor Liebe fällte er den Baum, an den meine Schwester gebunden war und zerrte sie mit sich. Aber uns Dryaden ist es nicht möglich, ohne unsere lebensspendenden Bäume zu existieren. Noch am Waldrand starb meine Schwester und wurde eins mit unserer Mutter Erde. Den Zauberer haben wir danach Jahre nicht mehr gesehen, nur ein einziges Mal kam er zurück. Bebend vor Zorn wollte er den Yggdrasil niederbrennen, als Rache für seine verlorene Liebe". Gebannt hatte ich die Worte verfolgt, die vor mir aufgetaucht und genauso schnell wieder verschwunden waren. „Was ist dann passiert?". „Ich habe ihn getötet. Ich konnte nicht zulassen, dass der den Yggdrasil und damit das Leben auf der Erde vernichtet. Meine Führerin, der ich unterstellt war, bestrafte mich für diese Tat. Du musst wissen, dass es uns niemals, unter keinen Umständen, gestattet ist, einen Menschen zu töten. Das Leben ist uns Dryaden heilig. Sie verbannte mich in ein ebenmäßiges Abbild des Yggdrasils in Form dieser Kette". Erschlagen las ich die letzten Zeilen. Sie hatte in Kauf genommen, fortan ein Dasein in Form eines Amuletts zu führen, um den Yggdrasil zu retten. Ich hatte bereits vom sogenannten Weltenbaum gehört, dem größten und prächtigsten Baum der Erde. Plötzlich erfasste mich ein Gedanke: „Du wusstest, dass der Tee vergiftet ist!". Die Erkenntnis traf mich wie ein Schlag. „Du lernst schnell, Hermine. Ich bin nicht nur die Hüterin des Waldes, sondern auch der Heilung. Ich erkenne ein Gift, auch wenn es ein so schlechtes ist, wie das in deinem Tee. Du solltest vorsichtiger sein. Scheinbar trachtet dir jemand nach dem Leben". „Was du nicht sagst...", murmelte ich leise und verdrehte die Augen. „Ich danke dir! Wenn es irgendetwas gibt, was ich für dich tun kann, sag' mir Bescheid! Ich würde dir gerne helfen". „Mein Schicksal ist besiegelt". Ohne ein weiteres Wort, verebbte das Licht plötzlich und das schwingende Schmuckstück in meiner Hand erschlaffte wieder. Ratlos machte ich mir die Kette wieder um den Hals. Das gerade war äußerst merkwürdig gewesen. Ich hatte mit einem Waldgeist gesprochen. Artemis. Kopfschüttelnd machte ich mich auf den Weg in die Kerker, wohl wissend, dass ich vermutlich zu spät war.

„Sie sind zu spät". Severus sah nicht einmal auf, als ich atemlos in sein Büro platzte und mich auf einen der unbequemen Besucherstühle fallen ließ. „Tut mir leid", brachte ich keuchend hervor und griff nach dem Glas Wasser, welches er mir wortlos gereicht hatte. Plötzlich sah er auf. Seine schwarzen Augen musterten mich ungewöhnlich forsch. „Wenn Sie das hier nicht ernst nehmen, können Sie direkt wieder gehen". Unruhig rutschte ich auf meinem Stuhl hin und her. „Ich habe doch schon gesagt, dass es mir leidtut! Es wird nicht wieder vorkommen". Ich blitzte ihn an. So schnell, wie der Zorn in seinem Gesicht aufgetaucht war, verschwand er auch wieder. Er wich der steinernen Maske, mit der er jeden seiner Mitmenschen bedachte. „Ich werde vorgehen wie beim letzten Mal. Sie wissen, was Sie zu tun haben?" Ich nickte leicht. „Sie suchen die veränderten Gedanken und rufen sie bewusst hervor. Dann muss ich sie mit Okklumentik bearbeiten, bis sie wieder echt sind". Seufzend lehnte ich mich ein Stück nach vorne. „Das klingt viel einfacher, als es ist". Severus war aufgestanden und zu mir herumgekommen. „Wir müssen anfangen". Er warf einen Blick auf die Uhr und zückte den Zauberstab. „Legen Sie los".




Wenige Stunden später


Kraftlos ließ ich mich in den Stuhl sinken und rieb mir die schmerzenden Schläfen. Alles in mir schrie nach einer Pause und ich hatte das Gefühl, als würde sich mein Kopf drehen. „Das genügt für heute". Auf Severus' Stirn glänzten Schweißperlen. Ansonsten sah er so aus wie immer. „Wie lange wird es noch dauern, bis ich meine Erinnerungen zurückhabe?". Erwartungsvoll sah ich ihn an. Severus schien eine Weile nachzudenken, dann stand er auf. „Das ist keine Frage des Zeitpunkts. Sie müssen an Ihrer Okklumentik arbeiten. Jede Nacht, in der Sie träumen, wirft Sie zurück. Sie müssen dagegen ankämpfen". Er öffnete die Tür. „Das sagt sich so leicht...", murmelte ich leise und schlüpfte an ihm vorbei auf den Gang. Den Weg zu meinem Schlafsaal verbrachten wir schweigend. Plötzlich blieb ich wie angewurzelt stehen. „Sind Sie versteinert worden?", knurrte Severus genervt und drehte sich zu mir um. Ich überging seinen bissigen Kommentar. „Mein Tee ist vergiftet worden". Über Severus' Gesicht huschte so etwas wie Besorgnis, doch im Dämmerlicht der Korridore hätte ich es mir auch einfach nur einbilden können. „Wie kommen Sie darauf?". Er hatte mich in eine Nische gedrängt und sah sich wachsam nach allen Seiten um. „Ich habe versehentlich den Becher umgestoßen. Beim Aufwischen ist mir ein seltsamer Geruch aufgefallen. Ich habe einen Diagnosezauber gesprochen, der meine Vermutung bestätigt hat. In dem Tee befand sich Gift. Es hätte mich nicht umgebracht. Aber die Dosis hätte mit Sicherheit ausgereicht, dass ich heute Nacht schlecht geschlafen hätte". Severus zog eine Augenbraue in die Höhe. „Es war bestimmt Professor Winhopp!", platzte ich hervor. „Seien Sie gefälligst leise, Granger!". Er funkelte mich wütend an. „Selbst, wenn es Winhopp war, können wir ihr das kaum nachweisen. Seien Sie in Zukunft wachsam und prüfen Sie alles vor dem Verzehr. Ich werde mir überlegen, wie wir Sie überführen können". Er zog mich zurück auf den Gang. Den restlichen Weg bis zu meinem Schlafsaal schien er angestrengt nachzudenken. „Severus?". Knurrend drehte er sich zu mir um. „Passen Sie auf sich auf". Er schnaubte belustigt. „Ich bin es nicht, der in Gefahr ist". Mit diesen Worten drehte er sich um und verschwand in der Dunkelheit. „Trotzdem", rief ich ihm hinterher, bevor ich die Tür zu meinem Schlafsaal öffnete. Sofort stieß mir der vertraute Geruch entgegen. Erst jetzt fiel mir auf, wie müde ich wieder war. Die Treffen mit Severus waren kräftezehrender, als ich mir eingestehen wollte. Erschöpft legte ich mich auf das Bett, nachdem ich eine überglückliche Tiara begrüßt hatte, die ein wenig skeptisch meinen Anhänger beäugt hatte. Scheinbar entging ihr die magische Essenz des Schmuckstückes nicht. Schmunzelnd rollte ich mich unter der Decke zusammen.




Lucius' Sicht – zur gleichen Zeit, irgendwo in Muggel-London


Gequält lächelte ich der blonden Schönheit mir gegenüber zu. Bereits seit einer halben Stunde versuchte sie mich mit ihren mehr als offensichtlichen Anspielungen von sich zu überzeugen. Gerade war sie dabei, sich eine Locke um den Zeigefinger zu wickeln, während sie mir mit stark geschminkten Wimpern provokant zuzwinkerte. Endlich erlöste mich der Kellner von meiner Schikane und schneller als es meinen zukünftigen Geschäftspartnern lieb gewesen wäre, verabschiedete ich mich aus ihrer Gesellschaft. Der Anstand verbot es mir, ein Wort der Beschwerde über meine Lippen entweichen zu lassen. Also lächelte ich freundlich und bedankte mich für den schönen Abend. Die viel zu junge Blondine sah mir mit einem enttäuschten Blick hinterher, während sie die Hand ihrer deutlich älteren Begleitung abschüttelte und ihm einen giftigen Blick zuwarf, den dieser gekonnt ignorierte. Kopfschüttelnd apparierte ich vor die Tore von Hogwarts. Der Vollmond, der sich bereits seit Tagen ankündigte, war hinter einer dicken Wolkendecke verborgen. Kein Licht drang auf den schmalen Pfad, der sich zum Schloss zog, das eindrucksvoll vor mir lag. Vorsichtig suchte ich mir meinen Weg durch die Dunkelheit und war mehr als froh, als ich endlich den Rand des Verbotenen Waldes erreicht hatte. Von hier aus war es nur noch ein kurzes Stück über die Ländereien bis zum Tor des Schlosses. Es hatte das Einfordern eines alten Gefallens und meine besten Überredungskünste benötigt, bis Severus mir endlich das Passwort zu Hermines Schlafsaal verraten und mir gestattet hatte, bis auf Weiteres die Nächte bei ihr zu verbringen. Vermutlich spielte auch der nicht ganz unbedeutende Hintergedanke eine Rolle, dass er andernfalls jeder Zeit damit rechnen musste, dass ich ihn des Nachts aus dem Schlaf riss, weil es Hermine wieder schlecht ging. Das letzte Mal reichte mir noch vollkommen. Der Schmerz, mit dem die Narbe mich auf Hermines Albträume hingewiesen hatte, war unbeschreiblich gewesen.

Plötzlich hörte hinter einem der Bäume ein Geräusch. Sofort verbarg ich mich unter einem Desillusionierungszauber. Es durfte mich unter gar keinen Umständen jemand sehen. Nicht einmal ein Schüler, der sich in der Sperrstunde unerlaubterweise auf den Ländereien herumtrieb. Meine Neugier siegte und so schlich ich mich nach einem lautlosen Muffliato an den Baum heran. Was ich sah verschlug mir den Atem. Fassungslos starrte ich auf die beiden Frauen, die sich offensichtlich miteinander stritten. „Wie kann es sein, dass sie noch immer lebt!? Scheinbar muss ich an deiner Loyalität zweifeln, Amadia!" Bellatrix keifte wütend ihr Gegenüber an und fuchtelte bedrohlich mit dem Zauberstab herum. Die andere Frau schien ebenso aufgebracht wie sie. „Selbstverständlich nicht, Bellatrix! Du hast wohl vergessen, wer sie ist! Ich kann sie nicht einfach so töten, ohne, dass es auffallen würde!" Ihre dunklen Haare wippten wild auf und ab, während sie sich verärgert Gehör verschaffte. Sie trug einen dieser makellosen Bleistiftröcke, in dem eine faltenfreie Bluse steckte. Selbst auf dem unebenen Waldboden sah sie in ihren High Heels noch elegant aus. Einzig der lange schwarze Umhang verlieh ihr etwas Unheilvolles. „Mir ist egal, wer sie ist! Erledige das!". Bellatrix war außer sich vor Wut. „Ich werde es erledigen! Für meinen Bruder! Er soll nicht umsonst gestorben sein!" Sie klang ruhig und gefasst. Bellatrix tobte noch immer vor Zorn. „Mir ist egal, ob dein unfähiger Bruder tot ist! Ich weiß sehr wohl, dass er uns nie getraut hat!" Sie spuckte ihr vor die High Heels. Plötzlich machte sie einen Satz nach vorne. Ihre klauenartigen Finger umfassten das Gesicht der Frau. „Meine Geduld ist am Ende! Der Herr hat vielleicht Verständnis für deine Unfähigkeit, aber ich nicht! Erledige es endlich! Ansonsten wirst du sehr bald merken, was es heißt, Bellatrix Lestrange warten zu lassen!" Sie lachte kreischend und ließ ihr Gegenüber los.

Entsetzt löste ich mich von diesem Schauspiel. Ich musste unverzüglich mit Severus reden. So schnell wie ich konnte, ließ ich den Wald hinter mir und rannte auf das Schloss zu. Dass ich dabei hätte gesehen werden können, war mir egal. Atemlos kam ich vor den Toren der Schule an und stürmte hinein. Severus sah mich mit einer Mischung aus Missbilligung und Verärgerung an, als ich in sein Büro stürmte. Als er meinen aufgebrachten Gesichtsausdruck sah, hielt er in seiner boshaften Bemerkung inne. „Was ist passiert?", wollte er wissen und schlug das Buch zu, in dem er gerade geblättert hatte. „Bellatrix!"

The curse between themOpowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz