Kapitel 9

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Es wurde noch ein langer Abend, der erstaunlicherweise sogar noch ziemlich nett wurde. Jason ist etwas zutraulicher geworden und es wurde viel erzählt und viel gelacht.

Aber schließlich wurde es später und später, Mitternacht war längst vorbei und da Rick und Jason um diese Uhrzeit einerseits nicht mehr fahren konnten weil sie zu viel Alkohol getrunken hatten, andererseits aber auch keinen Bus oder Taxi mehr nehmen wollten, bot Noah den beiden jeweils ein Gästezimmer an.

Während die beiden also auf ihre zugeteilten Zimmer gingen, half ich Noah, die Küche aufzuräumen.
"Wie war dein Tag heute?" fragte Noah, jetzt endlich, als wir allein waren.

"Geht schon. Ich habe viel an dich gedacht."
Noah lächelte breit.
"Ich wollte mich den ganzen Tag nicht aus dem Bett bewegen und auf dich warten, aber dann standen plötzlich die beiden vor der Tür und ich konnte sie schließlich nicht wegschicken! Ich hoffe, du bist nicht sauer."

"Sauer? Wieso denn?"
Er verdrehte die Augen.
"Na, komm schon. Ich habe dir einen Abend zu zweit versprochen. Unser letztes Mal ist jetzt so lange her, dass ich mich nicht einmal daran erinnern kann, wann es war und wir beide haben uns wirklich mal eine Auszeit verdient. Du hast dich sicher auch auf den Abend gefreut, nur dass du dich dann mit meinen nervigen Freunden herumschlagen musst. Wobei ich mich da am besten für Jason entschuldige. Er ist nunmal so, wenn ich ihn nicht so lange kennen würde, würde ich ihn sicher verachten."

"Ich bin nicht sauer. Und deine Freunde sind eben deine Freunde. Sind sie anstrengend? Ja. Wollte ich Jason heute mehrmals eine knallen? Absolut. Habe ich den Abend trotz allem genossen? Definitiv! Es war ein schöner Abend. Und sicher, wir beide mal allein wäre mir lieber gewesen aber wann bekomme ich schon was ich will?" Bei dem letzten Teil des Satzes musste ich lächeln, es war nicht ernst gemeint, aber Noah nahm es dafür umso ernster.

"Das tut mir leid, wenn du das so empfindest. Du weißt hoffentlich, dass ich für dich alles tun würde."
"Das weiß ich, Baby. Und so schlimm sind deine Freunde gar nicht. Sie scheinen ganz okay zu sein."
"Das freut mich ehrlich."

Noah zog seine schwarze Jeans aus und nahm eine kurze, gestreifte Pyjamahose, die auf dem Stuhl neben seinem Bett lag.
Dann zog er sein Shirt aus und ging ins Badezimmer um sich bettfertig zu machen.
Währenddessen öffnete ich seinen Kleiderschrank und suchte nach einem Pyjama, den ich wie manch andere Kleidungsstücke in seinem Schrank verstaut hatte.
Wir hatten zwar zwei verschiedene Wohnungen und lebten nicht offiziell zusammen aber was seine Wohnung betraf könnte man meinen, wir wären längst verheiratet.

Alle Dinge, die ich brauchte waren hier. Natürlich sah das in meiner Wohnung anders aus. Ich hatte dort einerseits viel zu wenig Platz und natürlich durfte niemand mitbekommen dass ich eine Beziehung hatte. Alle Dinge die ihm gehörten und in meiner Wohnung waren könnte man entweder in kürzester Zeit verstecken oder wegwerfen.

Es war einsam, aber es blieb mir nichts anderes übrig. Niemand durfte es wissen.
Besonders Juliet durfte es nicht wissen.

Es gab zwei Möglichkeiten: schweigen oder Trennung. Ich habe mich fürs Schweigen entschieden. Also musste ich da durch, auch wenn es hart war.

„Was hältst du von einem richtigen Date?" rief Noah aus dem Badezimmer mit seiner Zahnbürste im Mund.
„Einem Date?" fragte ich irritiert und kam zu ihm ins Bad. Dort nahm ich meine Zahnbürste aus dem Becher, der direkt neben Noahs stand. Es war ein blauer Becher, seiner war pink.

Als ich das erste Mal länger bei Noah übernachtete, stellte er mir den rosfarbenen Becher bereit und daraufhin fragte ich ihn, warum ausgerechnet ich den Becher in pink bekam, ob die Farben einen tieferen Sinn hatten. Ich hatte nie etwas übrig für geschlechtsspezifische Farben. Zudem hasste ich pink.

Er hatte damals kurz geschwiegen, bevor er antwortete.
„Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung woher diese zwei Becher kommen. Aber wenn du willst können wir die Farben tauschen." hat er gesagt und nahm seinen blauen Becher und stellte ihn zu mir. Seit diesem Moment war der blaue Becher mein neuer Zahnputzbecher. Und in diesem Moment habe ich ihn wieder ein Stück mehr geliebt. Abgesehen davon, dass er es genauso wie ich verabscheute, Mädchen als kleine Prinzessinnen und Jungs als Sportskanonen zu erziehen, akzeptierte er meine bescheuerten Eigenheiten, die sogar mir auf die Nerven gingen. Und obwohl er die Farbe pink genauso hasste wie ich, hat er diesen Becher auch nach Jahren noch nicht weggeworfen sondern stellt jeden Tag seine Zahnbürste hinein.

Ich musste schmunzeln.
„Was denn für ein Date?"
„Na, ein Date eben. Wir machen uns schick. Gehen aus. Ich suche nach einem Restaurant, das möglichst weit weg ist, wo uns niemand kennt. Wir beide haben einen romantischen Abend und fahren dann nach Hause und haben atemberaubenden Sex. Na, wie klingt das?" flüsterte Noah mir ins Ohr, als er mich von hinten umarmte. Ich liebte das und das wusste er.

„Klingt ziemlich perfekt." Ich legte meinen Arm auf seinen und strich mit meinen Fingern über seine Fingerknöchel, während wir uns gegenseitig über den Spiegel verliebte Blicke zuwarfen.

Aber dann wurde aus seinem bezaubernden Lächeln dieses Grinsen, das ich so hasste. Oder besser gesagt: hasste, zu lieben.

Ich fing an zu lachen.
„Was?" fragte er, sein Blick blieb aber der gleiche.
„Hör auf damit!" kicherte ich.
„Womit?" Er fakete einen unschuldigen Hundeblick, aber er wusste ganz genau, was ich meinte.

„Mit diesem Blick! Du siehst mich an, als hättest du alles mögliche mit mir vor." warf ich ihm vor.
„Na und?"
„Nicht jetzt!"
Er seufzte.
„Seit 3 Jahren sind wir zusammen und ich fühle mich wie deine Affäre. Wenn du wenigstens verheiratet wärst, aber so!" murmelte er und löste sich von mir.

„Ich kann gerne jemanden heiraten, wenn du dich dann besser fühlst." stichelte ich grinsend.
Er erwiderte meine Witzelei nicht.
„Wann hat das endlich ein Ende? Jetzt, da ich offiziell meinen Beruf aufgegeben habe..."
Ich ignorierte, dass Noah seine Tätigkeit als ‚Beruf' bezeichnete.

„Wenn dieser blöde Fall endlich gelöst wurde und ich sicher sein kann, dass keiner mehr nach dir suchen wird."
„Das kann lange dauern. Deine Kollegen sind absolute Pfeifen, wenn es ums ermitteln geht."

„Sag das nicht."
„Die haben noch nicht einmal meine Fälle gelöst!"
„Aber dieser hier hat Spuren hinterlassen."
„Idiot."
„Und was für einer. Er hat jemanden beraubt und getötet."
„Ich werde mich mal umhören wer was weiß."
„Bleib dem Fall lieber fern. Je weniger du damit zu tun hast desto besser." sagte ich.
„Babe, diese Menschen würden sich eher eine Kugel durch die Brust schießen, als mit Bullen zu reden. Auch wenn sie unschuldig sind."
„Ich meine nur...sei bitte vorsichtig!"
„Du kennst mich ja." Er lächelte breit.
„Eben!"

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⏰ Last updated: Feb 17, 2019 ⏰

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