Vier

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„Ich wollte eigentlich warten, bis Kai von der Arbeit kommt, damit wir es dir gemeinsam erklären können, aber da du das Thema jetzt schon angesprochen hast, reden wir am besten sofort darüber." Ein Schauer überkommt mich. Ich muss mich zusammenreißen, um nicht automatisch einen Schritt rückwärts zu gehen. „Ich würde dir ja anbieten, dich zu setzen, aber dafür wurden die Polster viel zu lange nicht mehr gewaschen. Kannst du ja später machen, eilt nicht."

Unfassbar, wie sehr mir seine Worte Angst machen und mich gleichzeitig auf die Palme bringen. Dafür haben sie mich entführt? Damit ich ihren Dreck hinter ihnen weg wischen und ihnen Abendessen kochen kann? Wie gestört sind die beiden bitte, dass sie mich dafür verschleppen mussten? Es gibt für genau solche Dinge einen eigenen Berufsstand, aber vielleicht haben sie ja noch nie was von einer Haushälterin gehört.

Mein Magen, der sich unmerklich zusammenzieht, sagt mir, dass noch mehr dahinter stecken muss.

„Wir können uns in die Küche setzen", unterbricht Levi meine düstere Vorahnung und will seine Hand an meinen Arm legen. Ruckartig entziehe ich mich ihm, schiebe mich an ihm vorbei und marschiere Richtung Küche.

Keine Angst zeigen. Wer Angst hat, verliert, erinnere ich mich stumm daran, dass ich ihn nicht so einfach gewinnen lassen kann. Wenn er meine Schwäche sieht, habe ich verloren. Weil er genau das will.

Die Küche ist wirklich riesig. Die hölzerne Küchenzeile erstreckt sich über die gesamte Länge und sogar ein Stück über die kurze Wandseite des Raumes. Links führt eine gläserne Terrassentür nach draußen, die von transparenten Vorhängen geschützt wird. In der Mitte steht ein großer Esstisch, der viel zu groß dafür wirkt, dass nur zwei Leute in diesem Haus leben.

Drei. Es sind jetzt drei.

Sind es nicht. Ich wohne hier nicht. Ich werde mich dem ganz bestimmt nicht beugen. Und wenn es das letzte ist, was ich tue.

Mit verschränkten Armen bleibe ich vor dem Tisch stehen und drehe mich zu Levi, der mir mit zu wenig Abstand gegenüber steht, aber hinter mir spüre ich bereits einen langlehnigen Stuhl im Rücken. Er soll mir nicht so nah auf die Pelle rücken.

„Du kannst dich setzen, Emma", seufzt er eine Spur genervt, läuft an mir vorbei und schwingt sich neben den Herd auf die Küchenzeile. Das Holz gibt zwar keinen Mucks von sich, aber dafür gedacht ist es sicherlich auch nicht. „Du guckst wie Mamma, wenn sie mich dabei erwischt hat", lacht er plötzlich.

Verbissen verenge ich die Augen. „Ich bin nicht deine Mamma."

Wieder huscht dieses geradezu dämonische Lächeln über seine Züge. „Oh nein, du bist noch viel besser, Emmachen."

Obwohl nun einige Meter Distanz zwischen uns liegt, muss ich bei den Worten frösteln und schlinge meine Arme etwas fester um mich.

Einen Moment betrachtet er mich stumm, völlig ausdruckslos, als würde er sich an etwas erinnern. Dann klatscht er wie bei einem Weckruf für sich selbst in die Hände und beginnt wieder zu strahlen.

„So, Emma – Emmamma", beginnt er, scheint aber so begeistert von dem letzten Wort, dass er kurz innehalten und noch breiter grinsen muss. „Es ist eigentlich ganz einfach. Du schmeißt den Haushalt größtenteils alleine – unsere Zimmer räumen wir selbst auf, keine Sorge – sorgst dafür, dass es was zu Essen gibt, wenn wir zu Hause sind und du kümmerst dich um Kai."

Mir wird kalt, immer kälter. „Was soll das heißen?"

Levis Mundwinkel zucken. „Oh, das soll Kai dir schön selbst erklären oder zeigen – das ist sein Bier, nicht meins."

MammaWhere stories live. Discover now