21. Dezember 2018

655 29 6
                                    

Liebes Tagebuch,

heute morgen bin ich aufgewacht und hatte das dumpfe Gefühl, dass gestern nur ein Traum war. Aber dann habe ich dich geöffnet und die unzähligen verschmierten Seiten durchblättert. Ich kann einfach nicht glauben, dass mir das wirklich alles passiert ist. Liebes Tagebuch, ich danke dir, dass du mich die schönsten Momente nicht vergessen lässt. Aber jetzt erzähle ich besser, was heute passiert ist, bevor ich es vergesse.

Schweißgebadet schreckte ich von meinem Bett hoch und atmete schwer ein und aus. Hastig drehte ich mich zur Seite und tastete die Ablagefläche meines Nachtschrankes nach meinem Zauberstab ab. Als sich meine Finger um das kühle Weinrebenholz legten, beruhigte ich mich und atmete gleichmäßiger. Ich hatte einen furchtbaren Alptraum geträumt. Ich kann mich nicht mehr an Einzelheiten erinnern, aber ich weiß, dass ich komplett wehrlos war und ich schaute aus einer fremdem Sicht auf mich selbst. Die Szenerie, die sich vor mir abspielte lag bereits einige Jahre zurück. Ich lag auf dem Boden im Salon des Landsitzes der Malfoys. Bellatrix Lestrange kniete über mir und schnitt mit ihrem Dolch sehr widerliche Worte in meinen Arm. Ihre furchterregende Tat wurde von ihrem irren Lachen und einigen verrückten schreien begleitet. Ich, oder präziser Ausgedrückt meine Traumerscheinung, wand sich unter Schmerzen unter dem der schwarzhaarigen Hexe. Ich wollte auf mein 18 jähriges Ich zu laufen und helfen, bis ich bemerkte, dass mein Zauberstab weg war und ich komplett wehrlos einer wahnsinnigen Hexe ausgeliefert war. Als sie gerade auf mich zu gestürmt kam und den Dolch bedrohlich nah an meinen Hals führte, wachte ich auf. Ich zog eine Schleife mit meinem Zauberstab und machte das Licht an. Ein Blick auf meine Uhr verriet mir, dass es längst Zeit war, aufzustehen. Also schwang ich meine Beine vom Bett und fuhr mir mit der Hand über die Augen, um mir die Müdigkeit aus dem Gesicht zu wischen. Ich stand auf und auf einmal musste ich an gestern denken. Malfoy hatte mich geküsst, wenn auch nur auf die Wange, aber ich fasste mir fast wie ferngesteuert an die Stelle, die seine überraschend weichen Lippen berührt hatte. Sofort war der Alptraum vergessen und ich ging lächelnd ins Bad. Ein Blick in den Spiegel verriet mir, dass ich wohl sehr lebhaft geträumt haben musste. meine ohnehin krausen Haare standen in wilden Locken von meinem Kopf ab und es brauchte einen Zauber, um dieses Vogelnest auf meinem Kopf in den Griff zu bekommen.

Eine halbe Stunde später saß ich leicht eingeknickt an meinem Küchentisch. Ich starrte abwesend die Schüssel vor mir an und rührte zum 30. Mal mein Porridge um. Vielleicht war Malfoy gestern vor Müdigkeit nur so benommen, dass er nicht wusste, was er tat und das machte mir zu schaffen. Ich wusste, dass er Astoria Malgoy geliebt hatte und sie hatte sich von ihm getrennt. Möglicherweise liebte er sie immer noch und konnte deswegen nie eine Beziehung mit einer anderen Frau anfangen. Es hatte eine große Schlagzeile gegeben, als die beiden sich nach langen Streitereien getrennt hatten und keiner wusste, wo sich die Ex-Frau von Malfoy jetzt aufhielt.
Jojo kam durchs Fenster geflogen und hatte den heutigen Tagespropheten dabei. Ich wunderte mich. Seit wann brachte sie mir denn die Zeitung?
Ich streichelte ihr sanft über den Kopf und nahm ihr die Zeitung ab und schlug sie auf. Ich erwartete vielleicht irgendeinen Weihnachtsreport von einem möchtegern Journalisten, die wie jedes Jahr kurz vor Weihnachten ihr Unwesen trieben. Aber es war keine Meldung, die Weihnachten, Hogwarts oder sonst einem ,,gewöhnlichen" Thema zu tun hatte. Ein Mann mit schlaksiger Figur und verwuschelten hellen Haaren stand mitten im Bild und hielt in seinen Armen eine Frau, die ganz sicher nicht die seine war. Woher ich das wusste? Der Mann, der auf der schwarz-weißen Kopie nur helle Haare hatte, hat in Wirklichkeit scharlachrote Haare und trägt den Namen Ronald Weasley. Mir stockte der Atem, als ich das bewegte Bild genauer betrachtete. Diese Frau war die ehemalige Malfoy, die Frau, von dem Mann, den ich liebe, von dem Mann, der eine Etage über mir wohnt.
Ich konnte mein Frühstück nicht mehr aufessen und machte mich fertig, um auf die Arbeit zu gehen. Keine zehn Minuten später schloss ich meine Wohnungstür ab und ging nach unten. Malfoy war gerade dabei, die Haustür hinter sich zu schließen, als ich ich ihm hinterher rief:,, Malfoy, warte auf mich! Bitte." Irritiert machte er die Tür auf und lächelte, als er mich sah. Ein Funken Hoffnung kam in mir auf. Hatte er mich vielleicht nicht nur geküsst, weil er so müde war?
,,Granger, schön, dich zu sehen. Warum guckst du so mitleidig?", fragte er mit hochgezogener Augenbraue. ,,Hast du es nicht gelesen?", erwiderte ich zaghaft. Er überlegte kurz, doch dann schien ihm ein Licht aufzugehen und er nickte. Ich seufzte. ,,Es tut mir so leid... mein Ex-Mann ist so ein... Ich will nicht beleidigend sein, aber er ist ein Arsch.", versuchte ich, mich zu entschuldigen. Er lächelte. ,,Du kannst nichts dafür und Astoria war mir nie wirklich wichtig. Ich habe schon lange jemand anderen geliebt. Aber ich habe mich ihr gegenüber immer sehr falsch verhalten und ich denke nicht, dass sie mich jemals lieben wird. Oh... es fängt an, zu regnen."
Mein verwunderter Gesichtsausdruck wechselte in ein helles Lachen. Ich holte einen Regenschirm aus meiner Tasche und machte ihm auf. Damit wir beide darunter passten, rückte ich näher an ihn heran. Es wurde still und ich schaute betreten auf den Boden. ,,Wir... wir sollten uns beeilen", sagte er plötzlich und ich nickte schnell.
Wir bogen in eine kleine Gasse ab und apparierten zum Ministerium.

Coffee, Granger?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt