24. Dezember 2018

984 40 62
                                    

Liebes Tagebuch,

heute war der wundervollste Tag seit langem! Ich weiß, dass habe ich jetzt schon mindestens drei mal behauptet, aber dieses mal stimmt es wirklich. Ich kann mein Glück kaum fassen. Aber ich denke es ist besser, wenn ich es dir einfach erzähle. Literarisch - versteht sich.

Es war das erste Mal seit langer Zeit, dass mich nichts und niemand aus meinem Schlaf riss. Keine Eule, kein total übermüdeter Malfoy, keine Kinder, keine Alpträume und erst recht kein Ronald Weasley, obwohl man den vielleicht auch als Alptraum bezeichnen könnte...                     Ich wurde von einigen Sonnenstrahlen geweckt, was sehr ungewöhnlich war, weil in Großbritannien das ganze Jahr über sehr viel Niederschlag fällt. Allerdings war heute Heiligabend und da meinte es wohl auch das Wetter gut mit uns.                                                                   Ich hatte endlich einmal Zeit, mein ordentlich zu machen, was ich seit gefühlt einem Monat nicht mehr getan hatte und ging freudestrahlend ins Bad, um ich fertig zu machen. Ich duschte ausgiebig und dieses Mal nicht kalt sondern angenehm warm. Heute hatte ich Zeit und machte alles in einer Ruhe, die mir seit dem ersten Dezember nicht mehr gewährt worden war. Ich föhnte mir die Haare und stellte hinterher fest, dass ich das vielleicht lieber hätte lassen sollen. Meine ohnehin krausen und wirren Haare standen wie wild von meinem Kopf ab und wenn ich sie mir nur im Spiegel ansah, verging mir die Lust daran, diese Mähne zu bändigen. Doch nach reiflicher Überlegung entschied ich mich für einen einfachen Zauber und sofort lagen meine Haare in gleichmäßigen Wellen auf meinen Schultern. Ich band sie zu einem hohen Pferdeschwanz und beließ es dabei. Ich wollte kein größeres Chaos anstellen als vorher. Außerdem fand ich mich mit hochgebundenen Haaren ganz hübsch.

Ungefähr eine halbe stunde später saß ich redselig lächelnd mit Rose und Hugo am Frühstückstisch. ,,Mom, backen wir nachher noch Kekse?", fragte Hugo aufgeregt und grinste breit über das ganze Gesicht. Ich strich ihm über die Wange. ,,Schatz, wir haben das jedes Jahr gemacht. Du weißt, eine Tradition aus Dads Familie und eine aus Mums Familie. Kekse backen ohne Magie ist Mums Tradition. Wenn du willst, kannst du mit Rose schon mal die Ausstecher aus dem Keller holen und wenn ihr schon dabei seid, könntet ihr vielleicht noch etwas von Malfoy abholen. Wenn ihr einfach sagt, dass ihr was für mich holen sollt, dann weiß er schon bescheid. Obwohl... nein, lasst das lieber mich erledigen, ihr dürft ja noch gar nicht zaubern. Also holt einfach die Ausstecher aus dem Keller und ich wasche solange ab." Sofort sprang er vom Tisch auf und zog Rose am Handgelenk hinter sich her. Diese war anscheinend nicht so hellauf begeistert und protestierte sofort:,, Man, Hugo! Lass mich doch wenigstens die schönen Schuhe anziehen. Ich zieh ganz bestimmt keine ausgelatschten Gryffindor Hausschuhe an wenn ich die Wohnung verlasse. Ich konnte praktisch hören, wie Hugo die Augen verdrehte und seine große Schwester anpöbelte:,, Immer bist du doof. Wir gehen nur in den Keller!" Nach diesen Worten hörte ich nur die Wohnungstür zu knallen und eine genervte Rose, die ihrem Bruder etwas sehr unschönes an den Kopf warf. Dann knallte die Tür noch einmal und es war still. Ich war doch immer wieder froh, dass ich keine Geschwister habe...

,,Hugo, Schatz, nicht so viel Mehl! Es reicht, wenn du nur ein bisschen Mehl auf der Arbeitsfläche verteilst. Schau, das reicht schon", ermahnte ich meinen rothaarigen Engel und nahm ihm vorsichtig die Mehltüte aus der Hand. Ich holte den noch rohen Keksteig aus dem Kühlschrank. Sofort verströmte er einen lieblichen Duft von Zimt, Kardamom und Orangenschale. Ich erinnerte mich an mein zehntes oder neuntes Weihnachtsfest, als ich noch keinen blassen Schimmer von Magie und Zauberei hatte und wir an Heiligabend immer alle zusammen in der Küche gestanden hatten und aus dem weichen Teig Sterne, Herzen, Tannenbäume, Schneemänner und Rentiere ausgestochen hatten. Ich war wirklich froh, dieses Stückchen Kindheit mit meinen Kindern fortführen zu können.                                                  ,,Schau mal, Mom, ein Rentier. Kannst du es laufen lassen?", weckte Rose mich mit ihrer Glockenklaren Stimme aus meinen Tagträumen. ich lächelte sie an und zog meinen Zauberstab hinter meinem Ohr hervor. Diese kleine Macke hatte ich mir von Luna abgeguckt. Ich zog einen Bogen mit meinem Zauberstab und das Teig-Rentier hüpfte ausgelassen durch die Küche, bis es schließlich wohlbehalten auf dem Backblech landete und so regungslos da lag wie jeder andere Keks auf dieser Welt. Rose quietschte begeistert. Sie widmete sich wieder dem Teig und riss ihrem kleinen Bruder einen Ausstecher aus den Händen, was zu nervtötendem Gekreische führte. Ich saß daneben und lächelte selig in mich hinein. Es war ein Wunder der Natur, dass ich so wundervolle Kinder zur Welt gebracht habe und um nichts im ganzen Universum würde ich meine beiden Quälgeister eintauschen. Ja klar, wenn sie sich streiten rauben sie mir manchmal den letzten Nerv, aber wenn es darauf ankommt sind sie ein Herz und eine Seele. Plötzlich tippte Hugo mir auf die Schulter, um mich darauf hinzuweisen, dass das Blech voll sei. Lachend stand ich auf und schob das volle Blech in den Ofen. Es lagen viele Sterne drauf, ein paar Rentiere, einige Besen und ein paar Katzen. Hugo hatte die eine so verunstaltet, dass sie mich ein wenig an Krummbein erinnerte, meinen Halbkniesel, den ich mir mit 13 gekauft hatte und der leider nach dem Übergriff auf Bills und Fleurs Hochzeit spurlos verschwunden war.                     Ich wischte mir die Hände an meiner mit Mehl befleckten Schürze ab und half Rose dabei, die andere Hälfte des Teiges auszurollen. Die Sache eskalierte leicht, als Hugo begann, uns mit Mehl zu bewerfen. Rose, so temperamentvoll wie sie nun mal war, bekam einen Anfall und schüttete das restliche Mehl über seinen roten Haaren aus. Hätte ich sie nicht gestoppt, hätte sie womöglich noch den Teig in seinem Gesicht verteilt. Ich schickte sie einen Kehrbesen und einen Handfeger holen. ,,Wozu haben wir eine volljährige Hexe in der Familie, wenn wir den ganzen Dreck auf Muggelart weg machen müssen? Nicht mal Grandpa macht das so und er ist besessen von Muggeln. Erinnerst du dich an seine Steckersammlung?", protestierte sie, doch ich ließ keinen Widerstand zu. Wer den Dreck macht, muss ihn auch wieder aufräumen. Wenn sie irgendwann mal 17 ist, kann sie gerne so viel zaubern wie sie will. Ich befreite Hugo von dem Mehl mit einem einfachen Ratzeputz. Doch auch nach diesem kleinen Fauxpax machte das backen nicht weniger Spaß.

Coffee, Granger?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt