Willkommen Zurück

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"Entschuldigen Sie bitte", sagte die freundliche Stewardess und riss mich aus dem Schlaf "wir werden in Kürze den Landeanflug beginnen, ich bitte Sie deshalb ihren Sitz in eine aufrechte Position zu bringen und sich anzuschnallen". Ich nickte verschlafen und tat was sie verlangte, schließlich wollte ich lebend wieder auf dem Boden landen. Als die Dame zum nächsten ging, schob ich die Abdeckung vom Fenster nach oben und bestaunte die Sonne, die sich gerade in den Kopf gesetzt hatte, London aus seinem ruhigen Schläfchen zu wecken. Ich grinste. Wie ich diese Stadt doch liebte. Nach einem langen Austauschjahr in Japan sah ich nun endlich wieder auf London hinunter. Japan hatte mich schon vor dem Austausch fasziniert und ich hatte sogar überlegt noch ein bisschen länger dort zu bleiben, aber letztendlich vermisste ich nicht nur die kleine Wohnung in der mich mein Onkel Ed einquartiert hatte, sondern auch Londons verwinkelte Gassen und versteckten Orte an denen man niemals jemanden auffand. Freunde hatte ich wegen meiner wohl etwas eigenartigen Persönlichkeit nicht viele. Naja, vieleicht hatten sie ja auch nur angst getötet zu werden wenn man sie in meiner Nähe sah. 

Nach einiger Zeit spürte ich, wie die Räder des Flugzeuges auf dem Boden aufsetzten. Aufgeregt starrte ich aus dem Fenster. Alle begannen zu Aplaudieren um dem Piloten ihre anerkennung zu zeigen. Die meisten Leute standen daraufhin hektisch auf und kramten nach ihrem Handgepäck. Ich wartete noch einige Minuten, bis fast alle aus dem Flugzeug ausgestiegen waren. Ich stieg auf die Armlehne eines Sitzes, um an mein Handgepäck zu kommen. Ich zog an meinem kleinen Rollkoffer, als ich plötzlich den Halt verlor. Ich fiel zwischen die Flugzeugsitze und schlug hart mit dem Kopf auf. So zwischen den Sitzen eingeklemmt liegend, konnte ich mich nicht richtig bewegen, was ein Problem war, denn ich sah, wie mein Koffer direkt auf mich zu raste. Ich kniff die Augen zusammen und machte mich auf den schmerz gefasst, doch er kam nicht. Stattdessen packte mich jemand und zog mich auf die Beine. "Du solltest besser aufpassen", sagte eine Frauenstimme. Ich schlug die Augen auf. "Danke", sagte ich und war überrascht, wie schnell und präzise die Frau meinen Koffer gefangen hatte. Sie musterte mich eine Weile, bevor sie mich vor sich her aus dem Flugzeug schob. Wir liefen einige Zeit stumm nebeneinander her, bis ich die Stille brach: "Wo wollen sie hin?" "Ich bin am Flughafen London Gelandet, weil ich nach London wollte. Wenn du es ganz genau wissen willst, möchte ich in die Baker Street", sagte sie ohne mich anzuschauen. "Wo kommen sie her?", fragte ich neugierig. "Was denkst du warum ich englisch spreche?", antwortete sie knapp. Ich lies mich jedoch nicht beirren: "Ich meine, aus welchem Bundesstaat?" Sie blickte mich überrascht und zugleich sehr interessiert an. Am Gepäckband angekommen fragte sie mich: "Wie hast du herausgefunden, dass ich aus Amerika komme?" "Das war nicht schwer", erwiderte ich während ich meinen Koffer vom Band hievte, "Ich kenne jeden der in der Baker Street wohnt und abgesehen davon sprechen sie ein etwas eigenartiges Dialekt. Daraus schlussfolgere ich, dass sie nicht von hier kommen, also verfolge ich ihre spur so weit zurück wie es geht. Das Flugzeug ist in Japan abgeflogen und dies zu einer Zeit, in der nur drei andere Flugzeuge aus englischsprechenden Orten angekommen waren. Eines davon aus Hawaii, das andere irgendwo aus Californien und das letzte aus New York. Keine der Fluglinien hatte an diesem Tag einen Flug von ihrem Heimatstaat nach London. Also, dachte ich mir, dass sie zweifelsohne aus Amerika stammen". Die Frau lächelte anerkennend und nickte stumm. "Du erinnerst mich stark an eine ehemals gute Freundin", meinte sie, und lenkte so das Thema auf einen anderen Zweig. Nach einer gefühlten Ewigkeit, wurde der letzte Koffer vom Band gehievt. Die Frau, deren Name ich noch immer nicht kannte, stand allerdings noch immer ohne Gepäck neben mir. Auch mir fehlte noch eine Tasche. Da ich genau wusste, was in meiner noch fehlenden Tasche war, wusste ich eigentlich schon, dass gleich mein Name aufgerufen werden würde und man mich dazu auffordern würde, mein Gepäck doch bitte bei der Zollkontrolle abzuholen. Ich seufzte. Nur Augenblicke später hörte man das Gedudel, welches eine Information ankündigte. "Miss Yardvine und Miss Evans vom Flug Tokyo nach London 4628 bitte zur Zollkontrolle Abteilung Gepäck. Miss Yardvine und Evans bitte zur Zollkontrolle" "War ja klar", sagte ich schmollend, "ich wünsche ihnen noch eine gute weiterreise. Ich werde mich dann mal um mein Gepäck kümmern müssen". Ich wollte mich gerade abwenden als die Frau neben mir lächelnd meinte: "Ich schätze, dass ich dir noch eine weile Gesellschaft leisten werde". Es dauerte einige Augenblicke bis ich begriff, dass die nette Dame neben mir diese Miss Yardvine sein musste. Ich lächelte ihr kurz müde entgegen, dann ging ich voran. 

The Daughter of Sherlock HolmesWhere stories live. Discover now