Kapitel 8~ Klarstellen

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Wenn ich jetzt alles richtig mache, ging mein Plan schon in den ersten Wochen auf. Also High Heels an, zu meiner Schuluniform, Haare gelockt, geschminkt, so wie gestern mit Theo.

Theo.

Theo.

Er schweifte die ganze Zeit in meinen Gedanken, er brannte sich ein. Ich hatte heute glücklicherweiße nur 3 Stunden Unterricht, die auch sehr schnell umgingen. Danach ging ich zielstrebig in einen Gemeinschaftsraum, in dem auch Theo saß.

Zu ihm? Oder Nein, Plan verfolgen: Rar machen. Ich lief an ihm vorbei, lächelte ihn an, setzte mich einen Tisch hintendran, packte mein Mathebuch aus und starrte hinein. Schon bemerkte ich einen heißen Atem in meinem Nacken, ich grinste in das Buch, es war so offensichtlich. Ohne mich umzudrehen bat ich ihm an, sich zu mir zu setzen. Er nahm es an uns saß sich gleich direkt neben mich. ,,Was machst du da?". ,,Mathe", lächelte ich ihn an. Er kam mir nah und flüsterte: ,,Am liebsten würde ich dich hier und jetzt küssen". Ich schmunzelte, antwortete aber mit einem Klos in meinem Hals: ,,Was hindert dich daran?". Er legte seine Hand hinter mein Ohr, kam mir langsam näher und küsste mich zärtlich. Langsam schloss ich meine Augen und genoss den Moment. Ich grinste in den Kuss hinein. Jetzt lächelte auch er. ,,Gehen wir mal raus?". ,,Vorher geh ich mich noch umziehen", antwortete ich, doch er bestand darauf, mit mir in mein Zimmer zu gehen. ,,Bad, Raus oder umdrehen", bat ich ihn, während ich meine Bluse öffnete, er kam zu mir, fuchtelte an meiner Bluse herum: ,,Oder helfen". Ich lachte, doch als alle Knöpfe offen waren und er mir die Bluse schon fast weg riss, bat ich ihn, sich nun umzudrehen. Er gehorchte. Schnell zog ich mir ein weißes Kleid über und zog den Rock darunter aus, damit er - wenn er spitzeln sollte - auf keinen Fall etwas sieht. Ich wollte gerade wieder in die High Heels schlüpfen, als Theo mich von hinten packte, ich schrie aus Spaß, doch er verlangte: ,,Nein, keine High Heels, damit machst du dir deine schönen Füsse kaputt." ,,Okay, okay, ich nehme meine Chucks". Also zog ich meine weißen Chucks an und ging mit Theo nach draussen. Wir liefen den Park entlang bis wir an eine Parkbank ankamen und uns dort niederließen.

Diese Parkbank stand im letzten Eck der Anlage unseres Internats, in der ich zuvor noch nie war. Aber hier sind so viele Gebäude drum herum und so viele Wege, die zu anderen Parks und Anlagen gehören, die ich bisher noch nicht gesehen habe. Und es zudem auch noch lange dauern wird, bis ich alles gesehen habe.

Unsere Bibliothek soll die größte in der ganzen Umgebung sein, in der Nähe ist sogar eine Einkaufsmeile, welche große Marken beheimatet. Parks, Museen und Pubs sind alle hier in der Nähe angesiedelt. Unser Internat ist praktisch das Zentrum einer immer größer werdenden Stadt.

,,Weißt du, ich mag dich echt...", Theo kratzte sich am Hinterkopf, nahm dann aber eine meiner Locken in die Hand: ,,Ich würde dich mal so gerne sehen, wie du wirklich bist.".

Geschockt sah ich von ihm weg. Schnell verlor ich mein Lächeln und Panik verbreitete sich in meinen Adern. Mein Herz schlug nun nicht mehr schneller, weil ich verknallt war (wenn man das jetzt schon so nennen darf - eher nicht), sondern weil ich Panik bekam. Angst, davor, dass es so offensichtlich war, dass ich ein Mädchen aus der Mittelschicht bin und niemals besser sein könnte, als die anderen hier, geschweige denn ich mich mit ihnen messen könnte.

,,W-Was?", ich hoffte mich verhört zu haben, aber anscheinend durchblickte er wirklich meinen Plan. ,,Èlaine, das bist nicht Du. Man merkt es dir an. Du musst immer erst überlegen, bevor du etwas sagst. Und ich glaube, in dir steckt mehr, als das was du mir Preis gibst." ,,Dein Ernst? Sagst Du zu mir? Lachhaft" Ich wollte gerade aufstehen, als Theo mich am Handgelenk packte und zurück auf die Parkbank hiefte.

Lass mich doch gehen, dachte ich mir. Hör auf die Situation noch komplizierter zu machen, als sie eh schon war.

,,Ich habe keine gute Vergangenheit, aber als ich dich sah, sah ich auch eine Chance für mich, jemanden zu finden, dem ich mich öffnen kann. So wie ich bin, so hast du mich jetzt kennen gelernt. So wie ich wirklich bin. Es war nichts gespielt". Ich sagte kein Wort, starrte nach vorne. ,,Warum kannst du nicht auch ehrlich zu mir sein? Warum willst du zwanghaft wie jede andere Puppe sein?"

Warum? Warum? Er fragt mich das gerade ernsthaft? Ich konnte es nicht fassen, der Bad Boy der Schule fragte mich warum ich nicht so sein möchte wie ich gerade vorgebe zu sein. Hätte er mich überhaupt wahrgenommen, wenn ich mit Jeans und einem schwarzen Oberteil gekommen wäre, mit normalen Sneakers, einem Pferdezopf, kaum Schminke im Gesicht, blass, weil mich das Gebäude erdrückte? Hätte ich keinen Mut, dann würde ich jetzt nicht hier sitzen, dann wären wir nicht hier..

Ich wollte ihm all diese Worte ins Gesicht drücken, richtig unter die Nase schmieren. Ich wollte alles auskotzen und ihm zeige, wie sehr ich solche Menschen wie ihn oder diese Weiber hasse.

Aber das tat ich nicht. Das bin ich nicht, nicht mehr.

,,Was glaubst du wie du gerade mit mir redest? Zweifelst du wirklich daran, ob ich das ganze spiele? Ich stehe nicht auf einer Theaterbühne, falls es dir noch nicht aufgefallen ist".

Er sah schamhaft nach unten. ,,Es tut mir Leid".

,,Und wenn wir schon dabei sind", fing ich an und wollte damit gleich etwas klar stellen: ,,Wenn ich nun wirklich ein durchschnittliches Mädchen wäre, würdest du, gerade du, überhaupt mit mir ausgehen wollen? Ein 08/15 Mädchen, dass auf diesem Internat von jedem schief angeschaut wird, weil sie H&M Klamotten trägt und keine Louis Vouitton Sachen. Sie würde ganz unten stehen, als wäre sie der Dorftrottel. Und Jeder, der mit ihr klar kommt, würde mit hinunter fallen, zu ihr. Also würdest du, der beliebteste Junge der Schule, der Leader der bekannten Fussballmannschaft und der Schwarm der ganzen Mädchen und Frauen in der Region - der, der die meisten Follower auf Twitter, Instagram und Snapchat hat - Ja, würdest Du denn mit so einem Mädchen ausgehen?"

Noch immer sah er beschämt auf den Schotterweg. Langsam schüttelte er seinen Kopf: ,,Nein".

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