8.Frühstück

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Akashi POV

Als ich spät in der Nacht wieder nach Hause kam, war alles dunkel. Kein Licht brannte. Kein Geräusch war zu hören. Ich hoffte inständig, dass nicht alles eine Halluzination war. Ich hatte nicht alle meine Medikamente genommen, weil so viel dazwischen gekommen war. Ich ging ohne viel Lärm zu machen in die Küche und bereitete mir Tee zu. Während ich ihn trank ging ich ins Bad und nahm die Medikamente, die ich versäumt hatte. Es waren nur 6. Morgen würde ich wieder alle nehmen müssen. Vor allem nach der kleinen Panikartige heute. Ich musste unbedingt den Termin bei Dr. Jefferson vorverlegen. 
Derweil ging ich wieder ins Wohnzimmer. Ich würde auf morgen früh warten müssen, wenn ich wissen wollte, dass Kuroko echt war. Aber ich war sehr ungeduldig. Das wusste ich. 
Ich machte es mir auf der Couch bequem. Das hieß ich legte mich auf die Seite, verschränkte die Arme uns starrte geradeaus. Ich hoffte das mich die Müdigkeit bald einholen würde. Es dauerte nur eine Stunde bis ich den Schlaf fand.

Nach 3 Stunden wachte ich wider auf. Die Uhr sagte, es sei 5 Uhr. Ich setzte mich auf und räumte die Tasse, woraus ich den Tee vorm einschlafen getrunken hatte, in die Spülmaschine. Sie war ausgeräumt. Ich wunderte mich, doch dann viel mir ein, dass Kuroko aufgeräumt hatte. Er war also wirklich keine Einbildung gewesen. Doch ich müsste mich schon besser Überzeugen um ohne Zweifel davon ausgehen zu können. Immerhin spielte mir mein Hirn oft böse mit. 
Nach einer Dusche föhnte ich mir die Haare und zog mich an. 
Ich schnappte mein Portemonnaie und ging erst mal Brötchen holen. Mein Weg führte mich unter anderem an einigen bekannten Diskos vorbei. Aus einer stolperte ein großer, blond haariger Mann mit blauen Augen. „Kise“, sagte ich und nickte ihm zu. „Akashi-cchi?“, fragte er. Ich blieb stehen. „Was machst du hier?“, fragte der größere. Ich sah ihn zum Bäcker, der schon in Sichtweite lag. „Ich gehe Frühstück holen“, sagte ich. Kises blick verriet, dass er gerade gar nicht an Frühstück gedacht hatte. Immerhin lag für ihn die Bettruhe noch vor ihm. „Wollen wir zusammen Frühstücken?“, fragte er. Ich ging wieder Richtung Ziel. Kise folgte mir. „Ungern“, gab ich zurück. Kise zog einen Schmollmund. „Wiesoooo?“, fragte er kindlich. „Ich habe Besuch“, sagte ich kühl und schenkte ihm einen vernichtenden Blick. „Besuch?“, fragte er. Ich wandte den Blick von so viel gespielter Blödheit ab. „Ja Besuch! Auch ich habe so etwas“, murrte ich. Kise lächelte. „Frauenbesuch also“, kicherte er. „Sowas in der Art“, murmelte ich. Ich wollte Kise so wenig Informationen wie möglich geben. Aber er folgte mir immer noch. Vor der Bäckerei angekommen ging ich rein, ohne ihn zu beachten. Er wartete draußen, während ich ein 2 Croissants und Brötchen kaufte. Als ich wieder raus kam stand er immer noch da. Ich ignorierte ihn und zündete mir eine Zigarette an, während ich mich auf den Heimweg machte. Kise folgte mir wieder. Auf der Hälfte des Weges drehte ich mich genervt um. „Was willst du von mir?“, fauchte ich ihn an. Kise musterte mich. „Nichts. Ich frage mich nur, warum du so glücklich aussiehst“, sagte er. Ich sah ihn verdutzt an. „Glücklich?“, fragte ich. Er nickte bekräftigend. „Gestern sahst du gar nicht gut aus, aber heute... ich weiß auch nicht! Irgendwie glücklich halt“ Ich drehte mich um und würdigte ihm keines Blickes mehr. 
Als ich in der Morgensonne durchfluteten Wohnung ankam, hörte ich Geräusche aus dem Schlafzimmer. Ich legte die Brötchen auf die Küchenzeile und eilte zum benannten Zimmer. Als ich leise an die Tür klopfte und eintrat sah ich Kuroko, der sich im Bett wälzte. Er warf sich in und her. Seine Augen waren geschlossen. Er schlief schlecht. Ich ging zu ihm, setzte mich auf die Bettkante und strich über seine verschwitzte Stirn. Ich ließ meine Hand zu seiner Wange wandern. Sie war warm. „Kuroko“, murmelte ich. Er wurde ruhiger. Sein Atem kam immer noch Stoßweise. „Alles ist gut“ Ich kam mir vor wie ein Vater der sein Kind beruhigte. Unablässig strich ich über seine zarten Wangen, sein Kinn, an welchem sich leichte Bartstoppeln spüren ließen, seine kleine Nase, die perfekt in der Gesichtsmitte saß. Er stöhnte noch leise auf. Schmerzlich. Es zerriss mir leicht das Herz ihn so zu sehen.
Dann schlug er die Augen auf. Er sah mich nicht direkt an. Sein Blick war erst auf die Decke über ihn gerichtet. Langsam sah er zu mir. „Guten Morgen, kleiner Engel“, sagte ich. „Kleiner Engel?“, fragte er schläfrig. Ich nickte. „Für mich siehst du aus wie ein Engel. Etwas was zu perfekt ist um es begehren zu dürfen. Zu rein um es zu verschmutzen. Zu unschuldig um es zu lieben. Und doch tut man es“ Ein liebevolles Lächeln huschte über mein Gesicht. Ich wusste es auch nicht, doch für mich war es, als würde Kuroko leuchten. 
Auch er verzog seine weichen Lippen zu einem Lächeln. Dann gähnte er und richtete sich, immer noch verschlafen, auf. Es wirkte unbeholfen. „Auch dir einen guten Morgen...“, er suchte nach einem Spitznamen für mich, doch er fand keinen, „Akashi“ Ich grinste. Für mich gab es nunmal keine Spitznamen. „Was machst du eigentlich hier?“, fragte er. „Du hattest anscheinend einen Albtraum. Du hast dich hin und her gewälzt und gestöhnt. Ich wollte dich beruhigen. Hab ich auch hinbekommen“ Ein verschmitztes Lächeln wanderte über meine Gesichtszüge, während ich an sein liebliches, unschuldiges Gesicht dachte. 
Dann erhob ich mich. „Willst du Frühstück?“, fragte ich. Er nickte. „Ich mache es schon. Wach du erst mal richtig auf. Kaffee oder Tee?“ Er dachte kurz nach. „Tee“, entschied er. „Egal welchen?“ „Ja“ „Okay“ Ich verließ das Zimmer und machte mich daran, das Frühstück vorzubereiten. Ich kochte 2 Tassen Tee. Wie immer Earl Grey. Ich positionierte die beiden Tassen mit der aromatisch duftenden Flüssigkeit auf den beiden Plätzen am Tisch.
Kuroko kam aus dem Schlafzimmer. Er hatte nur eine Short und ein Hemd von mir an, dass er sich aus meinem Schrank geklaut hatte. Schlaftrunken setzte er sich an seinen Platz. „Echt Akashi! Wie kannst du so früh aufstehen?“ Ich setzte mich ihm gegenüber. „Ich denke du kennst die Antwort“, sagte ich kühl. Dann schüttelte ich den Kopf. Ich wollte nicht so gemein sein. Aber immer, wenn man mir zu nahe kam, war das wie ein Schalter der umgelegt wurde. Ich schaltete komplett um. „Es ist, weil ich nicht schlafen kann“, erklärte ich nochmal für, den halb am schlafenden, Kuroko. Er nickte nur gedankenversunken und sah mich an.

 

Es schmeichelt mich ja, wenn du mich an schmachtest, aber es ist auf Dauer etwas unangenehm“, meldete ich mich nach einiger Zeit. Kuroko wandte den Blick ab. „Tut mir leid“, murmelte er. Kurze Stille. Diesmal war ich es, der sie unangenehm fand. „Was ist los?“, fragte ich. Kuroko schien sich auf etwas zu konzentrieren. Ein Entschluss den er gefasst hatte? Er atmete aus. „Wir müssen reden“, sagte er. Ich nickte. „Das letzte mal wo du das gesagt hast, sagtest du du würdest mich nicht lieben. Ich weiß jetzt, warum das ein schlechter Opener für ein Gespräch ist“, witzelte ich. Kurokos Miene blieb ernst. Ich seufzte. „Okay“, murmelte ich. Ich musste mich geschlagen geben. „Wieso hast du mich nie nach dem Grund gefragt, warum ich auf der Straße lebe?“, fragte er urverwandt. Ich sah ihn kurz an. Versuchte, jegliche Art von Regung zu erkennen. Ich dachte nach, wie ich es ihm am besten Eröffnen konnte. „Ich weiß es. Kuroko, ich weiß von deinem Vater, der nach einem Unfall jahrelang im Koma lag, bis die Geräte abgeschaltet wurden. Ich weiß von deiner Mutter, die einen Drogentod starb. Ich weiß es. Deswegen musste ich dich nie fragen. Ich wusste zwar nicht, dass du auf der Straße lebtest, doch als ich dich gesehen hab, konnte ich die Gründe verstehen.“ Kuroko schwieg. „Achso“, sagte er nur. Ich biss mir auf die Zunge. Hatte ich etwas falsches gesagt? Gestern war er noch so willig. Ich konnte seinen, vor Erregung zitternden, Körper noch unter meinen Fingerspitzen fühlen. Doch nun saß er emotionslos vor mir. Ich hoffte inständig, ihn nicht durch irgendetwas verschreckt zu haben. 
Dann sah ich Tränen, die ihm übers Gesicht liefen. An seinen zarten Wangen entlang, zu seinem Kiefer. Dort tropften sie auf die Tischplatte. „Kuroko?“, fragte ich besorgt. „Du weißt soviel über mich und ich habe keine Ahnung von dir! Ich weiß nicht, wie es dir die letzten Jahre ergangen ist! Ich weiß sogar nicht, wie es dir die Jahre ging, als wir in der Mittelschule waren. Ich weiß nichts über deine Vergangenheit! Ich weiß nicht, was du jeden Tag machst! Was in deinem Kopf vorgeht! Ich will so viel von dir wissen, doch ich weiß nichts! Weißt du wie deprimierend das ist? Weißt du, wie sich das anfühlt, komplett durchleuchtet zu sein, wie ein offenes Buch vor dir zu liegen und selbst nicht lesen zu können? Es ist erniedrigend! Es ist schrecklich, blind zu sein. Ich weiß nicht, ob ich dich lieben kann, wenn ich nicht weiß, wer du bist!“ Seine Stimme zitterte. Sie knickte manchmal ein. Es kostete ihn Kraft, diese Worte auszusprechen. Ich sah ihn wortlos an. Ich hatte diesen Gefühlsausbruch nicht erwartet. Ich stand plötzlich. Der Stuhl fiel polternd auf den Holzboden. Ich beugte mich über den Tisch und küsste ihn. Beruhigend. Sanft. Er erwiderte schwach. „Willst du alles wissen?“, fragte ich. Meine Stimme war nicht lauter als ein flüstern. Er nickte und dann küsste er mich. Wie eine Bestätigung. Ich sah ihm tief in die Augen, nachdem wir uns gelöst hatten. „Dir ist bewusst, auf was du dich da einlässt? Wenn ich dir einmal etwas anvertraut habe, kann ich nicht zulassen, dass du mich verlässt. Wenn du eine Sache, die Gesprochen wird vernimmst, unterschreibst du damit, für immer bei mir zu bleiben.“ Ich hatte mich inzwischen wieder Gesetzt. Kuroko dachte nicht lange nach. „Ich will dir helfen, Akashi! Sogar wenn es bedeuten würde, zu sterben. Ich will dir helfen! Um jeden Preis!“, seine Stimme klang fest. 
Ich hob die Tasse an, führte sie zu meinen Lippen und trank einen Schluck. „Der Vergleich mit einem Todesurteil kommt dem ganzen ziemlich nahe“, kommentierte ich. Er nickte und trank auch von seinem Tee. 

Kleiner EngelWhere stories live. Discover now