Kapitel 5: Grenzen des Verstandes

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Bakugous PoV

Den ganzen Weg zum Gasthaus war ich tief in Gedanken versunken. Diese ganze Geschichte war seltsam. Abgesehen von dem einen Augenzeugen, gab es keinerlei Hinweise auf eine Drachenbrut. Besonders verunsicherte mich die Reaktion des Mädchens, dass ich im Waisenhaus angetroffen hatte. Sie hatte dieses Biest gemocht.

„Kannst du mir bitte noch einmal zusammenfassen, was du über den Kerl herausgefunden hast?", fragte ich Aizawa leise, als wir gemeinsam die steinernen Stufen zu unserer Herberge hinaufstiegen.

Aizawa warf mir einen überraschten Seitenblick zu. Normalerweise wollte ich die Informationen nicht mehrfach hören. Aber ich hatte das Gefühl, dass mir irgendetwas entgangen war.

Gemeinsam gingen wir in die kleine Schenke, die zum Gasthaus gehörte und setzten uns an einen runden Tisch. Aizawa faltete die Hände und schloss kurz die Augen, ehe er auf meine Frage antwortete und die Fakten runterbetete. „Sein Name ist Eijirou Kirishima. Er ist 17 Jahre alt, ca. 170cm groß, lange schwarze Haare, rote Augen, eine Narbe unter der rechten Augenbraue. Er hat von klein auf in dem Waisenhaus gelebt. Er hat heute Morgen Herrn Tekashi bedroht, als er eines der Mädchen adoptieren wollte und sich damit enttarnt."

„Dieser Herr Tekashi wollte also dieses Mädchen adoptieren? Wieso behauptet das Mädchen denn dann, er hätte sie beschützt?"

Aizawa blieb einen Moment stumm, als die Bedienung vor uns jeweils ein Krug Bier abstellte. „Um ehrlich zu sein klingt die Geschichte aus der Sicht der Heimleiterin ein wenig anders. Sie meinte Herr Tekashi wäre zudringlich gewesen, hat ihn geschlagen und wollte das Mädchen gewaltsam mitnehmen. Sie meinte, Herr Tekashi wäre betrunken gewesen." Er seufzte und nahm einen großen Schluck von seinem Bier. „Ich weiß in die Ermittlungen sollten keine persönlichen Gefühle einfließen, aber auf mich wirkte er Tekashi auch nicht wie ein guter Mensch. Ich kann mir gut vorstellen, dass er zu Gewalt in der Lage wäre."

Ich runzelte die Stirn. „Du meinst, du vertraust mehr auf das Wort der Heimleiterin, als auf das des Augenzeugen? Obwohl sie ihn ganz offensichtlich versteckt hat?" Die Vorstellung ging über die Grenzen meines Verstandes hinaus.

Aizawa nickte zögernd. „Ich weiß auch nicht warum sie das getan hat und wir können es ihr schwerlich nachweisen. Aber ja, wenn ich mich auf meine Menschenkenntnisse verlassen kann, dann scheint mir ihre Version tatsächlich glaubwürdiger."

Ich erwiderte nichts. Mir schien diese ganze Geschichte reichlich absurd. Es gab einen Grund warum wir diese Biester verfolgten. Sie waren gemeingefährlich.

„Wie auch immer, wir müssen ihn finden.", brummte ich nach einer Weiler und nippte an dem Bier.

Aizawa nickte. „Was meinst du, wohin er gehen wird?"

Ich sah ihn gereizt an. Seinem Tonfall zur Folge, kannte er die richtige Antwort bereits, aber wollte sie von mir hören. Dieser belehrende Bastard ging mir manchmal gehörig auf die Nerven.

Genervt zog ich die Karte hervor, die ich mir an den Gürtel gesteckt hatte. Ich stellte mein Bier ein wenig zur Seite um sie auf dem Tisch auszubreiten. Kurz wanderte mein Blick über die Karte, ehe sie den kleinen Fleck mit dem Schriftzug Nirakawa fand. Es lag tatsächlich recht weit entfernt von der königlichen Burg in der Hauptstadt. Viel gab es nicht in der Nähe. Etwas weiter südlich lag das Dorf, in dem sie gestern gewesen waren und weiter nördlich ...

Ich tippte auf das kleine Dorf, das in der Nähe lag. „Bestimmt wird er erst einmal nach Tamio gehen. Er musste hier in aller Eile aufbrechen und hatte keine Zeit sich auf seine Flucht vorzubereiten. Das ist der nächstliegende Ort. Er muss sicherlich erst einmal schauen wo er bleibt, ehe er weiterzieht."

Aizawa nickte. „Das wird wohl das naheliegende Ziel sein. Außerdem liegt hier am Waldesrand das Zuhause der Hexe." Sagte er und zeigte auf die entsprechende Stelle.

Ich runzelte die Stirn. „Die Hexe? Ochako hat es tatsächlich so weit in den Osten verschlagen? Man, ich hab' ihr dämliches rundes Gesicht ewig nicht mehr gesehen."

Aizawa schnaubte amüsiert. „Vermisst du sie etwa? Wir sollten ihr einen Besuch abstatten."

Ich warf ihm einen Todesblick zu. „Tch. Als ob. Aber wir sollten ihr einen Besuch abstatten, schließlich könnte auch dieser Kirishima bei ihr vorbeigekommen sein."

Aizawa nickte. „Wohin er danach gehen wird, finde ich allerdings schwierig. Wir kennen sein Ziel nicht. Wir müssen ihm so schnell wie möglich hinterher."

Ich seufzte und strich mir müde über das Gesicht. „Ja, aber wir werden ihn bestimmt einholen. Er hat zwar ein wenig Vorsprung, aber er ist zu Fuß und wir haben Pferde."

„Was macht dich da so sicher, dass er sich nicht verwandelt?", fragte Aizawa stirnrunzelnd.

„Ich bin mir ziemlich sicher, dass er sich noch nie verwandelt hat. Ein gewaltiger Drache hätte in einem so kleinen Dorf Spuren hinterlassen. Er hat sich immer normal verhalten, sonst hätte er sich früher enttarnt. Jemand, der sich noch nie verwandelt hat und verfolgt wird, wird das Risiko sicherlich nicht eingehen."

Aizawa nickte bedächtig. „Das klingt einleuchtend. Gut, das steigert unsere Chancen." Er klatschte in die Hände. „Aber wenn wir uns direkt morgen früh auf den Weg machen, dann sollten wir uns schlafen legen."

Kirishimas PoV

Ich war dem Weg tiefer in den Wald gefolgt. Laut Ochako führte er zum nächsten Dorf Tamio. Als ich mich letztendlich auf den Weg gemacht hatte, fühlte ich mich auf einmal unendlich verloren. Das Gefühl von Freiheit, dass ich kurz nach meiner Flucht empfunden hatte, wurde mehr und mehr von der Einsamkeit überschattet. Ich war komplett auf mich alleine gestellt und jede Entscheidung, die ich jetzt traf würde unmittelbaren Einfluss auf meine Zukunft und auf mein Überleben haben.

Nach ein paar Stunden der Wanderung war die Nacht eingebrochen und meine Füße taten weh. Noch nie war ich so lange am Stück gelaufen. Trotzdem war ich noch ein wenig weiter gegangen, immer nach der Suche nach einem Platz, an dem ich rasten konnte. Ein wenig abseits des Weges fand ich schließlich einen kleinen Felsvorsprung der mir ein wenig Windschutz bot und ich hatte mich dort niedergelassen. Das erste Mal seit langem hatte ich wieder Feuer gespien. Meine Lunge fühlte sich eingerostet an und es waren auch nur ein paar klägliche Funken, aber es hatte gereicht, um mir ein kleines wärmendes Lagerfeuer zu machen. Tagsüber war es zwar noch immer recht warm, aber die Nächte wurden um diese Jahreszeit zunehmend länger und vor allem kälter.

Nun saß ich dort mit angezogenen Knien und starrte in die tänzelnden Flammen. Ich hatte mir ein wenig Brot mit Käse gegönnt, wusste aber, dass ich sparsam mit Vorräten umgehen musste. Ochako meinte zwar, dass der Weg ins Dorf nicht sonderlich weit wäre, aber ich bin solche Strecken noch nie gegangen und konnte kaum einschätzen, wie beschwerlich der Weg tatsächlich sein wird.

Als ich an die Hexe dachte, fing ich an nachdenklich an dem Ring zu drehen. Ich hatte ihn an meine linke Hand gesteckt. Die Hexe hatte mir nicht verraten, wozu er diente und ich hatte daher gezögert ihn tatsächlich anzuziehen. Aber mein Bauchgefühl sagte mir, dass ich der Hexe vertrauen konnte. Sie kannte Miss Crownway, sie würde mich bestimmt nicht verraten.

Ich schloss die Augen und lehnte mich gegen die harten Felsen. Die Geräusche des Waldes waren beängstigend und ich spürte meine Einsamkeit nur noch mehr. Eine kleine Träne lief mir über die Wange. Dies war tatsächlich der schlimmste Tag meines Lebens.

DRACHENBRUT (Kirishima x Bakugou)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt