Kapitel 37: Ein Hauch von Hoffnung

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Kirishimas PoV

Der Schmerz Katsuki so zu sehen, war kaum erträglich. Bis gerade eben konnte ich mein Leiden in meiner blinden Raserei verdrängen, doch als ich jetzt den Körper des Drachentöters betrachtete war ich der Qual direkt ausgesetzt. Wie ein Häufchen Elend sank ich in mich zusammen und verwandelte mich zurück in einen Menschen.

Doch mein Herz akzeptierte seinen Tod nicht so einfach. Mein Verstand sagte mir, dass niemand einen so direkten Stich ins Herz überleben konnte und dennoch musste ich mich vergewissern. Es konnte einfach nicht sein, dass der starke Drachentöter einfach so starb.

Ich überbrückte die kurze Distanz zu seinem leblosen Körper und ging in die Knie. Seine Haut war aschfahl und das Blut begann langsam zu trocknen. Der Anblick war furchtbar und dennoch konnte ich meinen Blick nicht abwenden. Katsuki. Vorsichtig hob ich seinen Kopf auf meine Knie und strich ihm eine seiner blonden Strähnen aus der Stirn. Tränen verschleierten mir die Sicht während ich den Kopf langsam senkte und mein Ohr über seinen Mund hielt, in der verzweifelten Hoffnung doch noch einen Atemzug zu hören.

Ich hielt meinen eigenen Atem an und schloss die Augen. Bitte atme! Und da war er. Dieser kleine Hauch von Hoffnung. Ein Atemzug. Zwar flach und kaum spürbar, aber er war da.

„Kat! Kat, ich bin da!", flüsterte ich verzweifelt, auch wenn ich wusste, dass er mich nicht hören konnte. Denn so sehr ich auch gehofft hatte, dass er noch am Leben war, wurde mir schmerzlich bewusst, dass ich nichts tun konnte.

Ich konnte ihn nicht in die Stadt bringen. Dort würden sie ihm nur mit Vergnügen den Garaus machen und mich obendrein gefangen nehmen. Und weiter Richtung Norden ziehen, in der Hoffnung, dass ich jemanden fand, der uns hilft? In seinem Zustand überlebte er keinen Tag, nein wahrscheinlich überlebte er nicht einmal die nächste Stunde.

Als ich das realisierte fing ich an zu weinen. Ich drückte seinen Körper an mich. Und strich ihm über den Rücken. „Ich liebe dich. Ich liebe dich, Kat.", schluchzte ich und vergrub mein Gesicht in seiner Halsbeuge.

Verlass mich nicht. Verlass mich nicht.

Ich weinte hemmungslos. In diesem Moment war mir alles egal. Mir war egal, dass ich hier angreifbar auf offener Ebene zwischen unzähligen Leichen saß. Mir war egal, ob ich es schaffte aus dem Land zu fliehen oder nicht. Das einzige was zählte war Katsuki in meinen Armen. Mein Wehklagen hallte über die Ebene.

Ich wusste nicht wie lange ich so da saß. Doch irgendwann versiegten meine Tränen vor Erschöpfung. Geschwächt richtete ich mich ein wenig auf. Mein ganzer Körper zitterte von dieser geringen Anstrengung.

Moment. Hier war irgendetwas falsch.

Ich war so schwach, dass meine Sicht ein wenig verschwamm. Irritiert blinzelte ich mehrere Male, um meine Sicht zu klären. Zitternd strich ich mir eine meiner roten Haarsträhnen aus dem Gesicht.

Dann fiel mein Blick auf Katsuki. Seine Augen waren geschlossen, sein Gesicht noch immer verdreckt von Erde und Blut. Aber seine Blässe war vergangen und seine Wangen wirkten geradezu rosig. Mit bebenden Fingern fuhr ich ihm über die Wange und wanderte dann hinunter zu seiner Brust. Das Blut ließ sein Hemd an seiner Haut kleben. Vorsichtig zog ich daran und löste es.

Verblüfft betrachtete ich seine Wunde. Oder vielmehr, was davon übrig war. Denn nur eine rosige Narbe zeigte, dass er dort überhaupt verletzt wurde.

Ein Wunder. Das war das erste was ich dachte. Aber nein, ich glaubte nicht an Wunder, das konnte es nicht sein. Dann erinnerte ich mich daran zurück, was mir Katsuki damals über den Drachenclan der Kirishimas gesagt hatte.

Die Kirishimas haben besondere Heilkräfte, die hauptsächlich der Selbstheilung dienen. Es heißt aber auch, dass besonders mächtige Drachen es vermochten diese Kräfte auch auf andere anzuwenden.

Ich gab ihm einen Kuss auf die Stirn, legte Katsuki vorsichtig auf den Boden und stand auf, was sich als schwerer erwies, als man meinen mochte. Meine Beine drohten nachzugeben und mir wurde schummrig.

Ich selbst hätte mich nie als einen besonders mächtigen Drachen gesehen, aber eines stand fest: ich hatte das vollbracht. Ich hatte ihn geheilt. Mein Schmerz, meine Trauer, mein Kummer muss mir die Kraft verliehen haben etwas zu tun, dass ich nicht einmal in meinen Träumen vollbringen konnte.

Katsuki würde leben!

Die Erleichterung überflutete mich und ich konnte nicht anders und weinte schon wieder, nur diesmal vor Freude. Aber jetzt, da feststand, dass er überleben würde, stand auch fest, dass das unsere Reise so schnell wie möglich weitergehen musste. Der Traum von einem gemeinsamen Leben jenseits der Grenze war noch immer greifbar.

Auch wenn mich die Heilung all meine Kraft gekostet hatte, durfte ich jetzt nicht nachlassen. Ich trat ein paar Schritte von Katsuki zurück und verwandelte mich wieder in einen Drachen. Einen Moment war ich froh auf allen vieren zu stehen, denn ich war kurz davor das Gleichgewicht zu verlieren. Um die Balance zu halten breitete ich ein wenig meine Flügel aus.

Würde ich wirklich in diesem Zustand so weit fliegen können? Ich schloss die Augen und schüttelte den Kopf. Es brachte nichts, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Ich musste es tun!

Vorsichtig näherte ich mich Katsuki, der sich trotz meiner Heilung noch immer nicht gerührt hatte. So sanft wir möglich packte ich seinen Umhang mit den Zähnen und hievte ihn auf meinen Rücken. Als ich sichergestellt hatte, dass er nicht herunterfallen konnte, spannte ich meine Flügel an, bereit für den Start.

Ich brauchte mehrere Anläufe, bevor ich genug Schwung hatte, um mich tatsächlich in die Lüfte zu erheben. Doch schließlich schaffte ich es. Mit angestrengten Flügelschlägen steuerte ich die Berge im Norden an.

Die Stunden zogen vorüber und ich spürte, wie mich mehr und mehr die Kräfte verließen. Doch ich biss meine Zähne zusammen.

Ich wollte meine Zukunft mit Katsuki verbringen. Ich wollte nicht mehr gejagt werden. Bei jedem Flügelschlag und bei jedem angestrengten Atemzug dachte ich daran. Ich sah die Berge näherkommen und Hoffnung machte sich tief in meinen Herzen breit. Allein die Vorstellung verlieh mir Kraft weiter zu machen, obwohl mein Körper mir von Minute zu Minute mehr signalisierte, dass ich aufhören musste.

Mir wurde immer öfter für einige Sekunden schwarz vor Augen. Immer wieder kam ich ins Trudeln. Aber ich musste weiter. Immer weiter. Ich schüttelte den Kopf, um ihn wieder klar zu bekommen, aber es nützte nicht viel.

Die Landschaft unter uns veränderte sich allmählich und die flache Ebene machte den ersten Bergausläufern Platz. Ohne es wirklich zu beabsichtigen flog ich tiefer. Meine Flügelschläge wurden unregelmäßig und ich wusste, ich musste landen, wenn ich nicht wollte, dass wir wie ein Stein vom Himmel fielen. Ich machte ein kleines Hochplateau aus und steuerte darauf zu. Und wieder kam ich ins Trudeln, diesmal so heftig, dass ich mich nicht mehr fing. Ich spürte, wie Katsuki auf meinem Rücken in eine gefährliche Schieflage geriet. Doch eine Chance ihm vorm Herunterfallen zu bewahren, blieb mir nicht, als mein Körper schließlich vollkommen versagte.

Zum Glück war ich bereits kurz über dem Boden. Dennoch war der Aufprall alles andere als sanft und Katsuki rutschte von meinem Rücken. Mich verließen die letzten Kräfte und meine Augen schlossen sich flatternd.

Doch Erleichterung durchfuhr mich. Wir hatten es geschafft!

DRACHENBRUT (Kirishima x Bakugou)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt