[35] Panik

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Was war nur los mit Taylor? Beunruhigt biss ich in mein Brot und starrte auf die Tischplatte. „Was ist denn heute mit ihr los?" fragte Dean, mehr an seinen Bruder als an mich gewandt. Doch Sam zuckte nur mit seinen Schultern „Weiß nicht genau, aber sie hat sich gestern schon merkwürdig verhalten. Also nachdem sie mit dem Joggen fertig war, war sie irgendwie so abwesend. Als ob ihr ein Geist über den Weg gelaufen wäre". Mir blieb beinahe mein Brot im Hals stecken. Was war, wenn ihr gestern wirklich etwas passiert ist?

Ab diesem Moment geisterte mir dieser Gedanke die ganze Zeit durch meinen Kopf und mir verging mein ganzer Appetit. Ich trank noch meinen Kaffe auf und wollte dann aus der Küche hinaus gehen. „Wo willst du hin Vicky?" fragte Dean, welcher mich verwirrt ansah. Auch Sam schien mir nicht ganz Folgen zu können. „Ich muss zu Taylor. Wer weiß, was mit ihr los ist? Ich will nicht das sie etwas dummes tut!" mein Herz klopfte mir bis zu meinem Hals, aus Angst was mit meiner Schwester passieren könnte. Dean seufzte „Vielleicht braucht sie einfach nur ein bisschen Zeit. Es wird schon nichts schlimmes passieren. Wenn wirklich etwas ist, dann wird sie es schon sagen. Sie ist ja nicht blöd".

„Ist sie nicht, aber sie denkt manchmal nicht nach. Sie tut Dinge ohne sich Gedanken über die Konsequenzen zu machen. Da sind wir uns ziemlich ähnlich und ich wünschte es wäre nicht so!" frustriert fuhr ich mir durch die Haare. Mein Herz wurde immer hektischer, so dass ich anfing mir sorgen darüber zu machen, dass ich mich verwandeln würde. Aber es geschah nicht, stattdessen bekam ich kaum noch Luft. Mein Körper fing an zu Zittern und mein Herz pumpte immer schneller. 

„Victoria? Ist alles okay?" sagte Dean bevor er zu mir lief, sein Bruder folgte ihm. Immer mehr bebte mein Körper bis meine Beine irgendwann nach liesen und ich in mich zusammen sackte, gestützt von den Armen von einem der Männer. Ich konnte es nicht genau erkennen, denn meine Sicht verdunkelte sich immer weiter bis ins tief schwarze. 

„Victoria?" jemand rüttelte an meiner Bettdecke wodurch aufwachte. Ich sah in das Makellose Gesicht meiner kleinen Schwester in jüngerer Version. Sie sah mich ängstlich an und kletterte zu mir aufs Bett. Müde rieb ich mir über die Augen „Was ist denn los?". „Mama hat gerade geschrien und es sind komische Geräusche aus dem Wohnzimmer gekommen". Seufzend stieg ich aus dem Bett und streckte mich einmal. Mein Blick fiel in den Spiegel in dem ich mein Achtjähriges ich erkennen konnte. Leise huschte ich durch mein Zimmer und öffnete die Tür, meine Schwester hatte sich eine Decke umgeworfen und folgte mir langsam. Schleichend lief ich zum Wohnzimmer und erschrack, als ich die Blutlache sah die aus dem Zimmer bis zum Flur lief.

„Taylor" meine Stimme zitterte vor Angst „Bleib bitte stehen". Vorsichtig lief ich vorran und wagte einen Kurzen Blick um die Ecke. Hinter einem Sofa schaute ein Bein hervor und ich lief weiter darauf zu. „Mama? Papa?" flüsterte ich als ich beim Sofa ankam. Ich packte allen meinen Mut zusammen und wagte den letzten Schritt, sodass das Sofa nun keine Trennwand mehr zwischen mir und meinen auf dem Boden liegenden Eltern darstellte. 

Überall war Blut und alles war durcheinander. Mitten in dem Chaos lagen meine Eltern. Mit leeren Augen sahen sie sich an und ihrer beider Brustkorb, der sich eigentlich heben und senken sollte war aufgerissen. Fleisch, Blut und Knochen ragten aus den riesigen Wunde hervor, aber die Organe fehlten gänzlich. Mir kam ein Würgreiz hoch und trotzdem rückte ich näher an meine Eltern und legte meinen Arm um sie, so als ob sie noch leben würden. Jeden Moment aufstehen würden und mich in den Arm nehmen würden, doch sie taten nichts. Sie blieben einfach liegen. Ich weinte nicht. Ich schrie nicht. Ich betrachtete nur alles, war in einer Schockstarre. Unfähig irgendetwas zu tun. Erst als hinter mir plötzlich ein Schrei ertönte und ich meine Schwester sah, reaslisierte ich was passiert war. Schnell stand ich auf und legte meine Arme um Taylor „Alles gut, Tay. Es wird alles gut!".

Als ich meine Augen wieder aufschlug sah ich in die ängstlichen Augen von Dean. Für einen kurzen Moment verlor ich mich in dem Grün, doch dann fing ich mich wieder. Langsam drückte ich mich hoch und bemerkte das ich mich noch immer in der Küche befand. Dean hielt mich fest, half mir hoch und lief dann mit mir an den noch gedeckten Tisch. Sam stellte mir ein Glas Wasser auf den Tisch und setzte sich dann gegenüber von mir auf den Stuhl. Dean steht noch immer schützend hinter mir, bereit mich jeden Moment zu stützen. Meine Hand zitterte als ich das Glas mit Wasser nahm und es mir mit einem Schluck hinunter kippte. 

„Was war los, Victoria?" fragte Sam mich ernst. Er sah mich besorgt an und zog die Augenbrauen zusammen, als ich mit den Schultern zuckte. Kopfschüttelnd dachte ich nach „Vielleicht hatte ich eine Panikattacke. Ich hatte schon seit Jahren keine mehr, aber es hat sich eindeutig so angefühlt. War ich lange weg?". Dean schüttelte seinen Kopf  „nichtmal Fünf Minuten. Aber Vicky, das hat mir Angst gemacht. Was kann ich tun, wie kann ich dir helfen? Und wieso die Panik?". Ich ärgerte mich über mich selber. Seit Jahren schon hatte ich keine Panikattacke mehr gehabt. Nach dem Tot meiner Eltern hatte ich ständig welche doch ich habe es irgendwie geschafft es letzendlich zu überwinden. Aber die Angst das auch meiner Schwester etwas passierte schien alles irgendwie wieder hervor gerufen zu haben. 

„Ich weiß auch nicht wieso. Du kannst nicht viel tun, eigentlich habe ich es ziemlich unter Kontrolle, aber es kam wirklich überraschend und eigentlich werde ich dadurch auch nicht ohnmächtig. Ich ... Ich weiß auch nicht. Du hast alles getan was du konntest. Mehr kannst und solltest du gar nicht tun" meine Gedanken wurden immer klarer, meine Atmung immer normaler und auch mein Herz hetzte nicht mehr so. Dean legte vorsichtig seine Hand auf meine Wange „Du kannst immer mit mir reden, Vicky". 

Zärtlich berührte ich seine Hand und nickte „Das weiß ich zu schätzen, aber jetzt werde ich erstmal versuchen Taylor anzurufen. Wenn das okay ist? Und bitte, bitte sagt ihr nichts von dieser Panikattacke". Dean nickte und so machte ich mich mit schwachen Beinen auf den Weg in mein Zimmer, schnappte mein Handy und wählte die Nummer meiner Schwester.  

W&W // Die2NightWhere stories live. Discover now