Schock.

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2 Jahre später...

Schweigend packe ich meine braune Aktentasche, die offen auf meinem Schreibtisch liegt. Vor einigen Wochen habe ich meine Ausbildung im Ministerium für Zauberei beendet und arbeite seitdem als Sekretärin des Ministers für internationale magische Zusammenarbeit. Nicht, dass mir die Arbeit wahnsinnig viel Spaß macht, aber die Bezahlung ist gut und meine Kollegen lassen mich größtenteils in Ruhe. 

Das ist es, was ich mir von der Welt wünsche. In Ruhe gelassen zu werden. Seit dem Tag, der nicht genannt werden darf, lebe ich in meiner ganz eigenen, kleinen Blase. Und in dieser Blase möchte ich nicht gestört werden. Leider halten sich die wenigsten an diesen Wunsch. Zum Beispiel meine beste Freundin Hermine, die mich jeden Tag anruft, um zu fragen, wie es mir geht. Meine Brüder Ron und George, die mir mindestens einmal die Woche ein Paket aus ihrem Scherzartikelladen zukommen lassen. Oder meine Eltern, die um jeden Preis verhindern möchten, dass ich ausziehe. Und morgen wird alles noch viel schlimmer.

Morgen. Morgen ist besagter Tag exakt zwei Jahre her. Zwei Jahre, seit meine große Liebe aus einer Kirchentür und somit aus meinem Leben verschwunden ist. Zwei Jahre, in denen ich mehr existiert als gelebt habe. Und dennoch habe ich bis heute nicht mit der Situation abschließen können. 

Verzweifelt raufe ich mir die Haare und bemerke, dass sich Tränen in meinen Augen sammeln, als mich die Erinnerung zu überrollen droht. Mit einer schnellen Handbewegung wische ich mir über das Gesicht, schnappe mir meine Tasche und verlasse mit eiligen Schritten das Büro. Ohne mich von meinen Kollegen zu verabschieden laufe ich auf die Kamine zu, in denen man schon von Weitem das grüne Feuer lodern sieht. 

Mit einer Hand halte ich meine Aktentasche fest an mich gepresst, mit der anderen greife ich in den Topf mit dem bereitstehenden Flohpulver und trete in den Kamin.

"Fuchsbau.", sage ich mit kräftiger Stimme und lasse das graue Pulver nach unten auf den Boden fallen. 

Sofort werde ich in einen Strudel aus Farben und Bildern gezogen und nur wenige Sekunden später stolpere ich aus dem Kamin in unserem Wohnzimmer. Schnell klopfe ich mir den Ruß von meiner Kleidung, welcher sich beim Flohen immer hartnäckig festsetzt. Trotzdem ist mir diese Art zu reisen immer noch lieber, als zu Disapparieren, da mir dabei immer etwas übel wird. 

"Ginny? Bist du das?", hallt die Stimme meiner Mutter Molly durch das Haus. Innerlich verdrehe ich die Augen. Wer sollte es denn sonst sein, nachdem George in die Wohnung über seinem Laden gezogen und zuletzt auch Ron mit Hermine zusammengezogen ist? 

Ich gehe in die Küche, aus welcher die vertraute Stimme kommt und bleibe mit einem Ruck stehen. Mein Kopf ist wie leergefegt. Was macht er hier? 

"Hey..", sagt Harry leise und versucht meinen Blick einzufangen. Mein Herz setzt einen Schlag aus und beginnt dann unkontrolliert zu rasen. Ohne etwas zu erwidern drehe ich mich um und laufe die angrenzende Treppe hinauf, um in mein Zimmer zu gelangen. Mit einem lauten Knall werfe ich die Tür ins Schloss und lehne mich mit dem Rücken dagegen. Mein Atem geht heftig und meine Gedanken wirbeln durch meinen Kopf.

Warum ist Harry hier? In den letzten zwei Jahren bin ich ihm immer erfolgreich aus dem Weg gegangen und auch er hat es gemieden, in meine Nähe zu kommen. Merlin, das kann doch nicht wahr sein! Ich lasse mich, immer noch an die Tür gelehnt, nach unten sinken und vergrabe meinen Kopf in den Händen.

Ich weiß nicht, wie lange ich hier gesessen habe, als plötzlich zaghaft klopft. "Gin? Darf ich bitte reinkommen? Molly hat mich angerufen, weil sie sich Sorgen machte.", höre ich die leise Stimme meiner besten Freundin. Unschlüssig stehe ich auf, entschließe mich dann aber dazu, ihr die Tür zu öffnen. 

Sie stößt sichtlich erleichtert Luft aus und zieht mich ohne Umschweife in eine feste Umarmung. "Bei Merlin, es tut mir so Leid, Ginny. Ich wusste, dass er heute zurück kommen würde. Ich hätte dich warnen müssen. Bitte verzeih mir.", stammelt sie und schluckt hart. Sachte lege ich meine Arme ebenfalls um ihren schmalen Körper und antworte ihr leise: "Du kannst nichts dafür, Mine. Ich war nur so überrumpelt, ihn plötzlich in unserer Küche sitzen zu sehen." Allein die Erinnerung daran treibt mir erneut Tränen in die Augen. Schnell blinzel ich dagegen an. Ich muss endlich damit aufhören, bei jeder kleiner Erwähnung oder Erinnerung zu weinen. 

Ich drücke Hermine ein kleines Stück von mir weg und sehe ihr in die Augen. "Mine, ich danke dir, dass du sofort hergekommen bist. Aber ich denke, ich wäre jetzt lieber etwas alleine. Können wir morgen telefonieren?"

Hermine wiegt nachdenklich den Kopf, scheint mich aber zu verstehen. "Natürlich. Ich melde mich morgen, ja?" Mit diesen Worten dreht sie sich und steigt langsam die schmale Wendeltreppe hinunter.

Ich warte noch einen Augenblick, bis ich die Haustür ins Schloss fallen höre. Dann werfe ich mich auf mein Bett und gebe mich meinen Gedanken hin, bis ich in einen traumlosen Schlaf falle.

Dream On - Blinny ✔️Where stories live. Discover now