1. Kapitel

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"Hey, siehst du die Kleine da?", fragte mein Kumpel Steffan. "Ja, klar", antwortete ich, "wieso?" "Voll die Loserin.", schmatzte er weiter. "Sitzt immer bloß alleine da, isst, und sagt kein Wort. Und dann diese Kamera. Ich hab die mal nach der Schule gesehen. Fotografiert alles. Ey, ich sag dir, die hat 'n Problem." "Voll komisch", bestätigte ich. "Ja, voll assi", meinte auch Brian.

Arkadi am Nebentisch hatte wohl unser Gespräch mitbekommen und schaute mich entgeistert an. Ja, klar, er wusste dass ich dieses Mädchen irgendwie... bemerkenswert fand. Und jetzt behauptete ich etwas völlig anderes. Aber was tut man nicht alles, um zu den Coolen zu gehören?! Ich hatte mich mittlerweile schon daran gewöhnt. Arkadi würde das wohl nie tun. Er sagte, man könne damit nicht glücklich werden. Jetzt hatte auch Brian den Blick von meinem Bruder gesehen. "Boah, nee, nicht schon wieder der. Ey, ich versteh nicht wie der dein Bruder sein kann. Voll so'n Freak." "Hm.", erwiderte ich, "ich geh dann mal." Ich stand auf, ging aus der Mensa und machte mich auf den Heimweg. Sie sollten die Tränen in meinen Augen nicht sehen. Vielleicht hatte Arkadi ja Recht. Glücklich war ich nicht.

Daheim angekommen setzte ich mich ans Klavier und klimperte ein bisschen darauf herum, während ich meine Gedanken schweifen ließ. Jetzt kam erstmal das Wochenende mit einem Treffen im Skatepark und am Sonntag... nichts. Wahrscheinlich hatte Mom wieder was mit uns vor. Mal sehen. Und was das Treffen am Samstag anging, würde ich wahrscheinlich sagen ich sei krank. Ja. So würde ich es machen, dann habe ich zwei Tage Ruhe.

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Na super, krank stellen brauch ich mich jetzt nicht mehr. Ich bin es. So ein verdammter Mist. Ich hasse es krank zu sein. Wer will schon tagelang im Bett liegen und sich rumquälen?! Ich jedenfalls nicht. Aber so musste ich wenigstens nicht lügen.

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"Bye, Mann, ich werd dich vermissen. Bau schön viel Scheiß.", sagte Steffan, klopfte mir auf die Schulter und stieg in den Bus. "Jap, bye.", verabschiedete sich auch Brian. Ich hob die Hand und sagte "Viel Spaß euch." Aber die beiden waren schon im Bus verschwunden, der sie zur "Abschlussklassenfahrt" bringen sollte. Unsere Klasse hatte so etwas nicht. Aber egal. Eine Woche und einen Tag, dann habe ich die Schule geschafft. Und die eine Woche musste ich jetzt wohl ohne meine beiden Kumpels überstehen. Aber irgendwie war ich erleichtert, als dee Bus um die Ecke fuhr. Ich ging ins Klassenzimmer und entschuldigte mich mit einem "Sorry, war noch auf'm Klo", murmelte ich. Herrn Schubel interressierte das nicht. Er bemerkte mich nicht einmal, sondern hielt weiter seine Reden über Praktika, Ausbildungen, Fortbildungen, Kurse, Seminare, etc. Na, diese Woche könnte ja mal spannend werden. Wieder schweiften meine Gedanken ab. Dabei fiel mir ein, dass diese Woche vielleicht doch ganz nett werden könnte. Steffan und Brian waren weg, also konnte ich tun, was ich wollte, ohne als uncool abgestuft zu werden. "Wiederholst du bitte, was ich eben gesagt habe?", schnauzte mich Herr Schubel an. " Sie haben gesagt, wie überaus wichtig es ist, früh genug ein Praktikum zu machen, damit man etwas in der Hand hat.", sagte Klaus. Puh, grade nochmal gut gegangen.

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Als ich in der Mittagspause in die Mensa ging, überlegte ich immer noch, was ich denn "uncooles" machen könnte. Da sah ich, das neben dem Mädchen mit der Kamera ein Platz frei war. Na also! Uncooler geht's ja gar nicht mehr. Außerdem war diese Woche meine einzige Chance, sie kennenzulernen. Ich setzte mich neben sie und sagte: "Hi."

Keine Reaktion.

"Ich heiße Anton, und du?"

Nichts.

"Hallo? Warum sagst du nichts?"

Falls sie reagierte, konnte ich das nicht sehen, da sie ihren Kopf hängen ließ.

Dann stand sie auf und ging.

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Nach der Schule sah ich sie am Schultor stehen und ein Foto vom fast leeren Schulhof machen.

"Hey.", begrüßte ich sie.

Wieder kam keine Antwort.

"Falls du sauer auf mich bist, weil ich mit den anderen über dich gelästert habe, dann... entschuldige bitte. Ich wollte einfach nicht ausgeschlossen werden. Tut mir leid.", entschudigte ich mich.

Sie erwiderte nichts, sondern starrte mich nur ausdruckslos an.

"Ich weiß übrigens, dass das wie eine billige Ausrede klingt.", fügte ich noch hinzu.

Schweigen.

Dann kramte sie einen Zettel und einen Stift aus ihrem Rucksack.

Sie nahm den Füller in die Hand und schrieb mit einer schönen, ordentlichen Schrift "Hi." darauf.

Because I Love You So PAUSIERTWhere stories live. Discover now