- Scherben bringen Glück -

232 16 2
                                    

Saskia schreckte auf, als ein dumpfes Geräusch sie weckte. Wo war sie und was hatte sie da gerade für ein Geräusch gehört? Sie lag in einem fremden Bett in einem fremden Zimmer. Ganz langsam arbeitete ihr Gedächtnis wieder und erinnerte sich, wie Lukas ihr quasi aufgezwungen hat, in seinem Bett zu schlafen.
Blinzelnd schaute sie durch das Fenster,indem die Äste mit dem Wind im Mondlicht tanzten. Die Augen reibend setzte sie sich auf die Bettkante und schlüpfte in ihre Jeans, denn dieses stumpfe Geräusch wiederholte sich abermals und dazu kamen noch stumpfe Worte . Auf Zehenspitzen bewegte sie sich zur Tür und horchte mit dem Ohr am Holz.
Schritte kamen näher, wurden lauter und wieder leiser. Jemand ist am Zimmer vorbei gelaufen.
Sie wagte es nicht zu atmen. Was war da draußen los? Es verging nur einen Bruchteil einer Sekunde, als man Lukas Stimme dumpf durch die Wände hörte:"Oh Tim, nein!"
Saskia schreckte auf. Was war mit Tim los? Sollte sie hingehen, oder sich wieder schlafen legen? Würde sie Neugierig wirken, wenn sie jetzt wie Mutter Gans angewatschelt käme oder wäre es ein Zeichen von Fürsorge?
"TIM!", rief es nun energisch und man hörte etwas gläsernes zu Bruch gehen.
Die Hamburgerin dachte nicht weiter nach, öffnete die Tür und ging schnurstracks in die Küche, wo sie Tim und Lukas erblickte. Tim saß auf der Küchenzeile und hat so ziemlich jedes mobiliar, das sich vorhin noch auf der Arbeitsfläche befand, auf den Boden befördert. Ihr Blick fiel auf die Fliesen. Von Pfeffermühle bis Topflappen, lag alles kunterbunt auf dem Boden. Aber auch unzählig viele Scherben, denn Tim hat scheinbar das , wenn auch gleich, das noch halbvolle Nutellaglas auf den Boden geschmettert, das Lukas gerade genervt betrachtete.

"Alles okay?", mit hochgezogenen Augenbrauen und verschlafenen Blick lugte sie in die Szene.
Die Jungs blickten zu ihr. Tim begann zu lachen und Lukas atmete tief durch.
"Isser auf'm Trip?", Saskia betrat die Küche und nahm den Besen, der sich hinter der Tür befand, an sich. Den hatte sie bereits mittags beim Kochen entdeckt.
"Naaaahaha Schnutie Cutie!",lachte Tim vor sich hin.
"Yeah Tim!", grinste sie ihn an. Ihr schien es am intelligentesten keine langen konversationen mit ihm , in seinen aktuellen Zustand, zu beginnen.
"Hat sich wieder irgendwas geballert", Lukas wirkte leicht genervt.
"So ist er nunmal! Und das weißt du doch am allerbesten!
Hast du einen Wischmop? Ich glaube du möchtest kein Nutella in deinen Fugen haben!"
"Du musst das nicht tun!"
"Und du hättest mich nicht in deinem Bett schlafen lassen müssen!"
Touché !
"Versuch mal Timi irgendwie ins Bett zu bringen oder so, aber er sollte nicht mehr hier in der Küche seine Purple Hills besteigen.", schlug sie vor:" Ich kümmere mich um das Desaster hier!"
Lukas nickte dankend und kümmerte sich dann um seinen Kumpel und Arbeitskollegen:" Na komm Tim, wir gehen mal rüber ins Gästezimmer!",
Mit nachdruck gelang es ihm, das Tim ihm folge leistete. Er erzählte noch wirres Zeug von Elefanten und Flugzeuge und dann waren sie nicht mehr zu hören.
" So ein saustall" seufzte sie und fing an zu Wischen. Nachdem der gröbste Nutelladreck weg war, kehrte sie die Scherben zusammen. Dabei schnitt sie sich an einem Glassplitter.
"Fuck!", fluchte sie und versuchte den Splitter zu entfernen, dies gelang ihr allerdings nicht sofort. Somit machte sie mit zumindest Neun gesunden Fingern alles restliche sauber.

Als Lukas, erleichtert das Tim quasi am einschlafen war, wieder in die Küche zurück kam, fand er sie in gewohntem Glanz wieder. Saskia hielt ihren Finger und laufendes Wasser und fragte ob es Timi gut ginge.
"Der fliegt mit seinen Elefanten an Bord ins Traumland!", grinste er und musterte den Boden:" Danke für deine Hilfe!"
"Gern geschehen!" Noch immer lief das Wasser über den schmerzenden linken Ringfinger und Sas drückte an ihm rum.
"Was machst du da?", fragte er und neigte seinen Kopf zur Seite um an Saskia vorbei luken zu können.
"Ich habe ne Scherbe oder einen Splitter im Finger und das tut weh weil ich den nicht raus kriege.", beantwortete sie ihm seine Frage.
Der große Mann bewegte sich zu ihr, nahm ihre in seine Hand und betrachtete den, in mitleidenschaft gezogenen, Finger im Licht der Unterbauleuchte.
"Du, ich weiß das du Doktor spielen kannst, die Story kenn ich auswendig", versuchte Saskia von der peinlichen Situation abzulenken. Doch Lukas ließ sich nicht beirren. Genauestens musterte er die blutende Stelle und drückte hier und dort.
"Komm mal mit ins Wohnzimmer, ich brauch ne Pizette."
Saskia folgte ihm stumm.
Sie setzte sich neben ihn und wieder hantierte er an dem Finger. Diesmal mit Pinzette. Und ehe sie sich versah, piekste es einmal mit nachdruck und der Mini Splitter war draußen.
"Hmm lecker!", scherzte Lukas, als er sich das mit Blut getauchte Stück Glas betrachtete.Dann entsorgte er den Scharlatan und pflasterte die kleine Wunde.
Wie sanft er mit ihr umging. Als wäre sie Porzellan. Dieses Gefühl war ihr nicht geheuer.
"Ich danke dir!", nuschelte sie kleinlaut. Sie brachte für den moment keinen Ton heraus.
"Keine Ursache!", Lukas griff neben sich und platzierte seine Gitarre wieder an sich.
"Hast du noch gar nicht geschlafen?", nun schaute sie sich um. Auf der Couch waren weder Kissen noch Decke zu sehen.
"Ich wollte noch ein paar Ideen ausprobieren.", er zupfte auf den Saiten herum.
"Wokaholic!"
"Na von nichts kommt nichts", er begann eine Melodie zu spielen.
Sie schloß die Augen und versank in jeden einzelnen Ton.
"Kleine Genießerin, was?"
"Sorry", sagte sie schüchtern:" Aber ich liebe die akustische Gitarre so sehr! Es gibt kaum ein schöneres Instrument für mich!"
"Hast ein lieblingslied?",erkundigte sich Lukas, während er es sich im Schneidersitz gemütlich machte.
"California Dreaming"
"The Mamas and the Papas?"
Sie nickte und er spielte los.

All the leaves are brown
And the sky is gray
I've been for a walk
On a winter's day
I'd be safe and warm
If I was in L.A

California dreamin
on such a winter's day*1

"Schön dich beim Singen nicht weinen zu sehen!" Sie schüttelte den Kopf. "Wow, das , Lukas das war so schön!", freute sie sich:" Du glaubst niemals wie sehr ich das eben genossen habe!"
Er sagte nichts, lächelte- und Blinzelte ihr zu.
"Bist du gar nicht müde?"
"Ich bin es gewohnt etwas länger zu arbeiten!"
Saskia blickte auf die Uhr. "Etwas länger? Es ist halb Vier!"
Unkommentiert zu der Uhrzeit fragte er, ob sie ihm noch etwas Gesellschaft leisten wollte.
Sofort nahm sie das Angebot an und Lukas kramte die ihr bekannte Wolldecke wieder raus und legte sie ihr um die Schultern , setzte sich neben ihr und spielte einen weiteren Klassiker. Diesmal von Jimmy Hendrix - All along the watchtower. Saskia merkte wie ihre Augen langsam schwer wurden, doch die wundervollen Klänge der Gitarre und dieses einmalige Erlebnis, welches sie gerade verlebte, ließen schlaf und Müdigkeit belanglos werden.

______
*1 California dreamin - the Mamas and the Papas

Der Abschied hält nicht ewig. [Alligatoah Fanfic]Where stories live. Discover now