1.16 | {Elizabeth Parker}

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Ohne anzuklopfen riss ich Freitag morgen die Tür zum Klassenzimmer auf und steuerte auf den letzten freien Platz, in der zweiten Reihe neben Tatum zu.

Normalerweise hatte ich die letzten Wochen immer neben Shawn gesessen. Aber wir hatten uns in den letzten Tagen nur ignoriert. Somit konnte ich im Moment ziemlich gut auf seine Gesellschaft im Englisch Unterricht verzichten.

Mr. Anderson zog verwundert seine Augenbrauen nach oben, aber beendete seine Frage.

Maria Stuart", murmelte ich und holte einen Block und mein Mäppchen aus meiner Tasche heraus.
„Wie war das Mrs. Parker?", fragte Mr. Anderson und legte die Kreide auf seinem Pult ab. „Maria Stuart ist die Antwort auf ihre Frage", sagte ich, daher sich sowieso keiner gemeldet hatte.

Nickend kam unser Englisch Lehrer Tatums und meinem Tisch näher. „Maria Stuart ist ein Trauerspiel von Friedrich Schiller. Ganz richtig, Mrs. Parker.", stützte er sich auf dem Tisch ab. „Aber diese richtige Antwort ist keine Entschuldigung dafür, dass Sie 40 Minuten zu spät sind."

Ich zog einen Zettel hervor und überreichte ihn ihm.

„Wo warst du die ganze Zeit?", stuppste mich meine beste Freundin von der Seite an. „Ich und Cam haben auf dich gewartet." Tatum schob mir ein Arbeitsblatt rüber. „Mom hat mich wieder zum Arzt geschleppt. Sie hat wieder Panik geschoben, nach dem ich ihr erzählt habe, dass die jetzigen Tabletten nichts bringen würden und ich immer noch nicht schlafen könnte." , flüsterte ich. Ich zog einen Kugelschreiber aus meinem Mäppchen und begann den Lückentext über Schillers Werk auszufüllen. „Und wie ist es gelaufen?", fragte sie nach.

„Er hat mir stärkere Tabletten verschrieben.", seufzte ich. Nervös kaute ich auf meiner Unterlippe umher und versuchte mich an Mr. Andersons Worte von diesem Montag zu erinnern.

„Mrs. Parker", nickte Mr. Anderson und erhob sich von seinem Stuhl und kam wieder auf mich zu. Ich schaute von meinem Blatt auf, als er den Zettel des Arztes wieder zurück auf den Tisch legte. „Gute Besserung."

Aus dem Augenwinkel konnte ich erkennen, wie jemand aus der Reihe hinter mir, schlagartig seinen Kopf hob. „Danke", murmelte ich leise und verstaute das Blatt in meinem Block. Aber als ich nach mehreren Sekunden noch immer den Blick der Person auf mir spürte, drehte ich mich nach hinten um.

Mit zusammen gepressten Lippen beobachtete mich ein braunhaariger Junge. In seiner rechten Hand wog er seinen Kugelschreiber hin- und her. Auf seiner linken hatte er seinem Kopf abgestützt.

„Du starrst ihn an", wisperte Tatum leise und stieß leicht gegen meinen Ellbogen. Ich verdrehte meine Augen und wendete mich wieder nach vorne.

Die nächste halbe Stunde verlief sehr entspannt. Mr. Anderson erzählte uns von Friedrich Schillers Leben, ehe er wieder auf sein Werk Maria Stuart zurück kam und begann einige Fragen zu dem Buch zustellen.

„Hat denn überhaupt einer von Ihnen das Buch gelesen?", fragte unser Englisch Lehrer enttäuscht in die Klasse hinein, nachdem sich kaum einer zu seinen Fragen gemeldet hatte.

Nur zaghaft hoben eine Hand voll von Schülern ihre Hand in die Höhe, was mich um ehrlich zu sein nicht sonderlich überraschte.

„Mr. Mendes", sagte Mr. Anderson und verschränkte seine Arme auf der Brust. Ihm war deutlich anzusehen, wie froh er war, dass wenigstens ein paar seiner Schüler Maria Stuart gelesen hatten. Obwohl es mich sehr überrascht hatte, dass ausgerechnet Shawn das Buch gelesen haben soll. Schließlich behauptete er von sich selbst, dass er kein Fan von Büchern ist. „Wie war denn ihr erster Eindruck von Friedrich Schillers Meisterwerk?"

„Ich vermute, dass Maria Stuart die eigentliche Vorlage von Game of Thrones war", sagte Shawn grinsend, worauf hin ein leises Lachen durch die Klasse ging. Sogar Mr. Anderson musste lächeln. „Elisabeth I. war eine starke, unabhängige und entschlossene Frau, denke ich. Sie hatte Einfluss und Macht. Und das wollte sie nicht verlieren. Deshalb ließ sie ihre Revalin Maria Stuart auch gefangen nehmen und in einem Schloss internieren", antwortete Shawn nun ernster.

„Das ist doch totaler Schwachsinn", rutschte es mir plötzlich heraus. „Ist es nicht!", murmelte Shawn entschlossen, worauf hin ich mich zu ihm umdrehte.

„Natürlich ist es das. Das ganze Gerede davon, dass Elisabeth I. eine starke, unabhängige und entschlossene Frau gewesen wäre, stimmt nicht. Sie hatte schlicht und einfach nur Angst."

Mr. Andersons, der sichtlich erfreut über meinen Einwand schien, meldete sich zu Wort. „Wie meinen Sie das, Mrs. Parker?"

„Elisabeth ist die typische Vertreterin des nicht authentischen Menschen.", begann ich zu erklären. „Sie kann als Frau und öffentliche Person nicht zu ihrer Totalität finden, sie ist gezwungen, ein Leben im Schein zu leben. Dafür muss sie jedem persönlichen Glück entsagen. Obwohl sie dauernd von Freiheit spricht, ist sie abhängig vom Willen des Volkes, den Anforderungen des Königtums und den Rollenerwartungen, die an sie als weibliche Monarchin gestellt werden. Somit war sie absolut nicht unabhängig.", erklärte ich.

Shawns Augen hatten sich mittlerweile zu Schlitzen geformt und auch seine Lippen hatte er aufeinander gepresst.

„Maria hingegen, findet zu einem selbstbestimmten Leben, nachdem sie alle Fesseln bis hin zur Todesangst abgeworfen hat. Sie kann ihre Moralität und Totalität aber nur durch den Rückzug in die Innerlichkeit bewahren. Im öffentlichen Bereich, in der Politik, unterliegt sie den alten Mächten der adligen Hofgesellschaft. Sie hat eine eigene Vorstellung vom politischen Menschen: Die Freiheit des Individuums muss mit den Bedürfnissen aller nach vernünftigen Prinzipien zur Übereinstimmung gebracht werden."

Sichtlich genervt verdrehte Shawn seine Augen. „Vielleicht solltest du das Buch das nächste Mal auch lesen, anstatt dir fehlerhafte Zusammen- fassungen aus dem Internet durch zu lesen, Mendes", gab ich schnippisch von mir.

„Aber ich h-", ergriff Shawn das Wort, wurde aber von dem Stundenklingeln unterbrochen.


. . .

you caught me staring,
but i caught you staring
back.
-Shawn Mendes-

-Shawn Mendes-

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Twisted Fate | Shawn Mendes FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt