6 - Hier liegt meiner

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Der Regen schlägt auf mich ein, doch es kümmert mich nicht. Ich knie im Matsch, doch es kümmert mich nicht. Meine Kleidung ist durchnässt, meine Haare kleben mir in der Stirn und kalter Wind umhüllt mich. Ich werde vermutlich krank. Nichts davon kümmert mich. Schiefend drücke ich die wenigen Blumen in meiner Hand an mich.

„Der Tod wird dich holen kommen, wenn du weiterhin dort sitzen bleibst.", ertönt nach einer Weile eine raue Stimme. Langsam hebe ich meinen Blick und sehe in dunkle, grüne Augen, umarmt von roten Haaren. „Dann soll er mich doch holen kommen.", murre ich und richte meinen Blick wieder auf das Grab vor mir.

„Wie ist dein Name?", fragt der Junge weiter, scheint nicht einmal daran zu denken wieder zu gehen. „Jade... Wie der grüne Edelstein.", flüstere ich. Langsam tritt er näher und hockt sich neben mich. „Fabius, freut mich. Und wer war das?", erkundigt er sich und mustert die Blumen in meiner Hand.

„Glaubst du an Seelenverwandtschaft?", stelle ich die Gegenfrage und lasse meinen Blick starr auf das Grab vor mir gerichtet. „Ja, ich glaube an Seelenverwandte.", flüstert er zurück, wissend was meine nächste Aussage sein wird. „Nun, hier liegt meiner." Mitleidig legt er mir eine Hand auf die Schulter.

„Erzählst du mir etwas über sie?", lächelt er leicht, weshalb ich belustigt schnaube. „Er. Es ist ein Mann.", kommentiere ich und hebe meinen Blick um seine Reaktion zu sehen. Er blinzelt kurz überrascht und nickt anschließend. „Erzählst du mir dann etwas über ihn?", bittet er mich.

Eine unerwartete Reaktion. Unerwartet tolerant und verständnisvoll. „Er hieß Kaspian und kämpfte in der Armee des Königs. Er war größer als ich, das ist klar. Braune Locken und braune Augen. Er war... loyal, ehrlich, fürsorglich und großherzig. Er hatte immer Verständnis und sagte mir andauernd wie schön ich doch sei...", hauche ich zum Schluss nur noch und schiefe erneut.

„Er war sicher ein wundervoller Mensch." Bestätigend nicke ich, das war er. Er war alles, was ich immer sein wollte. Er war einfach... Perfekt. „Und wenn er wirklich so fürsorglich war, wie du behauptest, dann wäre er jetzt sehr besorgt, wenn er dich hier im Regen sitzen sieht. Es ist spät und kalt, lass uns Heim gehen.", bittet er.

Lächelnd sehe ich ihn an. „Du kannst ruhig schon gehen, wenn dir kalt ist. Ich bleibe auch nicht mehr lange.", verspreche ich ihm, weswegen er ergeben seufzt und sich wieder aufrichtet. „Bitte gehe wirklich bald. Ich möchte morgen nicht dein Grab daneben sehen müssen.", wirft er ernst ein und legt mir seine Jacke um die Schultern.

„Wirst du nicht. Dankeschön für deine Gesellschaft, Fabius.", bedanke ich mich und zupfe das Hemd, wie die Jacke zurecht. Es ist eines seiner Hemden und mir damit viel zu groß. Doch er sagte immer, so sehe ich noch hübscher aus als ich es sowieso schon tue. Ein wenig hilflos und unschuldig, aber hübsch.

„Immer wieder gerne, Jade.", erwidert er und tritt zurück in die Dunkelheit, aus welcher er kam. Es muss mitten in der Nacht sein. Der Regen schlägt weiterhin auf mich ein. Meine Klamotten sind durchnässt, meine Knie voller Matsch, mir ist kalt und ich werde wohl krank. Und plötzlich stört es mich.

„But if you want to leave, you can. I'll remember you though.  I'll remember everyone that leaves." - Lilo

Once upon the time... [BoyXboy]Where stories live. Discover now