19. Ein alter Bekannter

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"Wow, wow, wow, warte mal ne Sekunde, Kleine."
Tony Stark hatte sich anscheinend so weit gefangen, dass er Worte formen konnte, nachdem er eine gefühlte Ewigkeit starr wie eine Statue dagestanden hatte und sich keinen Zentimeter bewegte hatte.
"Willst du mir gerade sagen, dass... dass du meine Tante bist?? Wie...wie alt bist du überhaupt?!"
Je länger er darüber nachdachte, desto absurder schien es ihm zu erscheinen.
Seine Augen wurden immer größer und größer und es war fast so, als wollte er meine Äußere Erscheinung ganz erfassen und verglich es gerade mit dem Bild, welches er von seinem Vater im Kopf hatte.
Es war ja auch verständlich.
Ich hatte nicht erwartet, dass Howard seinen Kindern von mir erzählen würde, doch irgendwie kränkte es mich dennoch.
Ich hatte nie darüber nachgedacht, wie es sein würde, wenn mein Bruder mal heiraten geschweige denn Kinder haben würde. Ich hatte es mir einfach nicht vorstellen können.
Für mich war es immer noch der Mann in seinen Mittzwanzigern, der auf der Bühne der EXPO mit einer 'Assistentin' knutschte.
Doch nickte ich, um nicht nur dazustehen und mit den Tränen zu kämpfen.
"Mein Name ist Elisabeth Stark. Ich wurde 28. Juni 1922 in New York City geboren..." Begann ich mit noch etwas  festerer Stimme, die jedoch mitten im Satz abbrach.
Wie alt war ich?
Zum Zeitpunkt meiner Entführung war ich 19 Jahre alt gewesen, doch jetzt??
Ich hatte weder eine Ahnung wie lange ich in der Hydrabasis gefangen gehalten worden war, noch ob der Zustand meiner offenbar 70 Jahre langen geistigen Umnachtung etwas an meinem Alter geändert hatte.
Verzweifelt blickte ich auf dem Boden umher.
Der Boden war schön, ein hellen Grau, wahrscheinlich aus feinstem Vulkangestein. Wirklich ein sehr schöner Boden... Ich wollte mir nicht einmal ausmalen wie viel der gekostet haben mochte. 
Doch beunruhigte mich die Tatsache, dass eben dieser Boden immer näher zu kommen schien.
Drehte ich durch?
Nein, definitiv. Ich könnte immer mehr Details erkennen, jeden kleinen Bröckel davon.
Es glich einem Blitz, als mein Körper auf die harte Oberfläche auftraf, als letztes meine Schläfe.
Denn in genau diesem Moment war mir ein Schmerz, so heftig durch mein Herz gefahren, wie ich ihn noch nie erlebt hatte.
Howard.
Ich bekam nur am Rande mit, dass die rotblonde Frau zu mir geeilt war und nun vorsichtig meinen Kopf hochhielt.
"Oh Gott, Tony, sag Bruce Bescheid!" Rief sie, doch drangen ihre Worte nur wie durch Watte zu mir durch.
Meine volle Aufmerksamkeit war auf Antony Stark gerichtet, der unbewegt dort stand und mich verwirrt ansah.
"M-mein Bruder..." Brachte ich heraus, doch zitterte meine Unterlippe so sehr, dass ich mich wunderte, dass er überhaupt ein Wort verstehen konnte.
"How-howard... I-ist er... Ist e-er..." Begann ich immer wieder, doch die Worte wollten nicht über meine Lippen weichen.
Am Rand bekam ich mit, wie mir die Frau eine Haarsträhne aus der Stirn strich und sanft mein Haar streichelte.
"Elizabeth?" Sagte sie leise und schon von ihrem Tonfall, wusste ich die Antwort.
Vor meinen Augen begann sich alles zu drehen, alles verschwamm zu einem unförmigen Etwas.
"Howard Stark ist vor fast dreißig Jahren bei einem Autounfall gestorben, zusammen mit seiner Frau Maria."
Leise weinte ich nochmal auf.
Das durfte nicht wahr sein. Es konnte nicht wahr sein.
Mein Bruder hatte immer eine Art Unantastbarkeit in meinen Augen gegenüber dem Tod besessen. Gerade wenn ich bedachte wie oft er schon durch die heftigsten Gewitter oder Gefechte geflogen war, ohne dass sein Flugzeug auch nur getroffen wurde.
So unfassbar war es nun für mich zu hören, dass ich mit meiner Annahme unrecht hatte.
Ich hatte als ich klein war immer gehofft, dass ich vor meinem Bruder sterben würde, als dass ich den Schmerz seines Todes nicht ertragen müsste. Ein unglaublich selbstsüchtiger Wunsch, das war mir auch mehr als bewusst, doch war damals der Tod auch so weit weg gewesen.
Zwar hatten wir beide einen doch eher gefährlicheren Job ergriffen, er noch viel mehr als ich, wofür er auch sorgte, doch rechnete ich nie damit, dass er mit seinen fast 30 Jahren sterben sollte.
Meine Augenlider zitterten nochmal kurz.
Leicht wie die Berührung eines Schmetterlings nahm ich etwas an meiner Wange wahr.
Eine große, kunstvolle Schneeflocke führte eine kleine Schaar an, die sich über meinem Kopf versammelten, wie ein Reigen zu einer nicht hörbaren Musik.
"Okay..." Hauchte ich leise, bevor mich eine gnädige Ohnmacht umfing.

『 Iced Angel 』➳ AvengersOù les histoires vivent. Découvrez maintenant