"Ich will das hier!"

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Katy hatte das Gefühl ihr wurde ins Gesicht geschlagen. Vollkommen geschockt starrte sie Raoul hinterher und wusste nicht was sie tun oder sagen sollte. Sie versuchte mit aller Kraft die Tränen zurück zu drängen und kniff die Augen fest zusammen. Die anderen standen um sie herum und verfolgten Raouls Abgang eben so fassungslos wie sie selbst.

„Raoul", sagte sie leise, obwohl sie wusste, dass er sie niemals hören konnte.

„Ich kümmere mich um ihn", sagte Zack plötzlich neben ihr, legte seinen Arm um ihre Schulter und drückte ihr einen Kuss auf den Scheitel. Dann rannte er zu seinem Auto, um Raoul hinterher zu fahren, der schon auf seine Maschine gestiegen war.

Raoul umklammerte seinen Lenker so fest, dass er Angst hatte er würde etwas zerbrechen, aber er war so wütend. Mit vor Zorn verschleiertem Blick suchte er sich einen Weg aus dem Gewirr der Straßen und fuhr zu einem Ort, an dem er allein sein konnte. Als seine Maschine knirschend auf dem Kiesparkplatz hielt hörte er wie ein Auto neben ihn fuhr. Er musste nicht aufsehen, um zu wissen das es Zack war.

Er zog den Helm aus und stellte seine Maschine auf den Seitenständer. Dann ging er ganz nach vorne an den Rand des kleinen Platzes. Direkt vor ihm fiel der Boden steil ab und endete zehn Meter weiter unten im Meer.

„Was zum Teufel sollte das gerade? So redet man nicht mit Frauen", rief Zack, als er ausstieg und Raoul erlebte ihn das erste Mal wirklich sauer. Zack packte ihn an der Schulter und drehte ihn zu sich herum. „Alter das bist nicht du. Was ist los mit dir?"

Raoul wusste nicht was er auf die Frage antworten sollte. Er wusste selbst, dass er sich wie das hinterletzte Arschloch verhalten hatte, aber er konnte einfach nichts dagegen tun. Er war so wütend.

Raoul senkte den Kopf und atmete tief durch. Er richtete den Blick auf die Weite des Ozeans und atmete wieder tief ein und aus. Maria hatte ihm immer gesagt, er solle das tun, wenn er so wütend war, dass er nicht denken konnte.

„Katy zu sehen ist schon schlimm genug. Ich kann fast nicht atmen, wenn sie in meiner Nähe ist. Aber zu sehen, wie leichtsinnig sie ist..." Raoul stockte, wusste nicht wie er den Satz beenden sollte. Zack blieb ruhig, ließ seinen Freund nachdenken.

„Mir vorzustellen, dass ihr etwas passiert, ist fast unerträglich. Der Drang sie zu beschützen ist immer da. Ich kann beinahe an nichts anderes denken. Und wenn sie dann sowas macht wie heute drehe ich einfach durch. Ich will sie unbedingt beschützen, aber ich kann nichts dagegen tun, dass sie das auch selbst für jeden ihrer Freunde unbedingt will."

Raoul atmete erleichtert aus. Er hatte nicht gewusst wie gut es tat die Worte auszusprechen. Zack stand neben ihm und blickte nachdenklich Richtung Horizont.

„Ich weiß du bist anders aufgewachsen als ich", begann Zack. Raoul spürte wie sein Freund ihn ansah. „Aber man, du kannst nicht in dieser ständigen Alarmbereitschaft leben. Du musst das loslassen, sonst zerfrisst es dich von innen. Und egal was du denkst, im Moment macht das Bedürfnis sie zu beschützen den Graben zwischen euch immer tiefer."

Raoul biss die Zähne zusammen. Er wusste Zack hatte recht, er musste das los lassen. Konnte nicht immer mit dem Schlimmsten rechnen, aber so war er aufgewachsen. Bis Miguel ihn aufgenommen hatte, war jeder Mensch potenziell gefährlich für sein Leben und damals war er erst vier. Danach hatte sich die MS seine Freunde geholt, hatte versucht ihn zu holen. Dann hatten sie sich seine Mutter geholt, Maria. Seit er denken konnte, war das Schlimmste was er vermutet hatte eingetreten, wie sollte er das jetzt einfach abschalten? Seine Vorsicht hatte ihn am Leben gehalten.

„Ich weiß nicht wie. Ich will es wirklich, aber ich weiß einfach nicht wie", antwortet er seinem Freund und Zack legte ihm eine Hand auf die Schulter.

Raoul & Katy - A never-ending storyWhere stories live. Discover now