Trauer

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Auf dem Weg ins Krankenhaus sprach ich kein Wort, obgleich Steve immer wieder versuchte auf mich einzureden. Thor hatte sich zurückgezogen, denn es war nun nicht mehr sein Problem.
Und jetzt standen wir hier. Natasha, Steve und ich, wir sahen durch eine kleine Glasfront zu, wie Nick von den Ärzten behandelt wurde. Sie wollten alle Kugeln aus seinem Oberkörper entfernen und dann hoffen, dass er nicht daran verblutet. Ich folgte streng jeder ihrer Bewegungen. „Er wird bestimmt durchkommen." versuchte mich Natasha zu beruhigen. „Das glaube ich erst, wenn ich es sehe." murmelte ich und lehnte mich gegen die Scheibe. Mein Griff um das Geländer verstärkte sich, als ich bemerkte, dass es im OP-Saal hektisch zuging. „Nein." flüsterte ich vor mich hin und sah den Ärzten zu, wie sie die Wiederbelebungsmaßnahmen einleiteten. Alles verlief in Zeitlupe doch die Zeit verging schneller als ich wollte. „Nick!" schrie ich, als die Ärzte einen Blick auf die Uhr warfen und begannen alles zusammenzupacken. Aufgelöst wollte ich losrennen, so selbstlos das auch war, und die Ärzte davon überzeugen, dass es noch zu früh war, um mit dem Wiederbeleben aufzuhören, doch Steve griff meinen Arm. „Lass mich los!" fauchte ich und riss meinen Arm aus seinem Griff. Schnell aber agierte er und stoppte mich, als ich die Türklinke berührte. Er zog mich an meiner Hüfte zurück und donnerte mich gegen eine Wand. „Jetzt beruhige dich!" brummte er. „Nein!" schrie ich und zappelte verzweifelt herum. Aus meiner Wut wurde schnell Trauer, sodass mir gleich Tränenflüßigkeit in die Augen stieg. Müde stoppte ich meine Wehr und rutschte zu Boden. Steve tat es mir gleich und ging vor mir in die Hocke. Weinend vergrub ich mein Gesicht in meinen Händen. Vorsichtig zog Steve diese aber weg. Seine Stirn legte sich gegen meine. „Das vergeht." sagte er bloß. „Ich brauche frische Luft." presste ich angestrengt hervor. Schwer atmend rannte ich, so schnell ich konnte, aus dem Krankenhaus hinaus. Draußen sank ich zu Boden. Ich schrie laut auf und plötzlich stieß ich eine Druckwelle von mir. Da ich nicht die Intention hatte, irgendwen zu verletzen, verpuffte sie förmlich in der Luft. Was war das denn bitte? Dachte ich und stand wieder auf. Steves plötzliche Nähe hat mich beinahe zur Kapitulation gebracht. Ich hatte mich wieder gesammelt und ging somit etwas beruhigter zurück ins Krankenhaus. Auf dem Weg dorthin kam mir Steve entgegen und fing mich ab. „Alles ok?" fragte er etwas besorgt. Ich nickte bloß. „Willst du dich noch verabschieden?". „Ja." murmelte ich daraufhin und folgte ihm in ein ruhiges Zimmer. Steve verließ den Raum auf meine Anweisungen wieder, sodass ich alleine sein konnte. „Ich bringe das zu Ende, was du angefangen hast." sprach ich und musterte seinen leblosen Körper. „Vielleicht mache ich es sogar ein bisschen besser.". Ein leichtes Lächeln schlich sich über meine Lippen. Meine Augen jedoch waren noch immer mit Tränen gefüllt. Lange Zeit stand ich noch neben ihm, bis ich ihn dann verließ.
„Wenn wir schneller gewesen wären, hätte er es vielleicht geschafft." dachte ich laut, als ich neben Steve im Auto saß. Natasha wollte noch im Krankenhaus bleiben und nun waren Steve und ich dazu gezwungen, alleine nach Hause zu fahren. „Das stimmt nicht." sagte er und sah mich mit einem schnellen Blick an, um ihn dann kurz danach wieder der Straße zuzuwenden. „Niemals hätten wir schneller sein können.". Ich ignorierte ihn, denn er sagte das bloß, um mir ein gutes Gewissen zu verschaffen. Er war zu gut und das war von vornherein klar. Doch eines war mir noch klar: Ich musste raus. Etwas anderes tun, als nur für andere zu arbeiten. Vielleicht sollte ich auch mal das machen, worauf ich Lust habe. Auf alle scheißen, die mich bisher herumkommandiert haben.
Direkt ging ich zu meinem Zimmer und packte das Wichtigste zusammen, um dann direkt zu verschwinden. „Wo gehst du hin?" fragte Steve entsetzt. „Weiß ich noch nicht. Ich muss hier raus." sagte ich entschlossen. „Denkst du, das ist das Richtige?". Bestimmt nickte ich und wollte ihm gerade meinen Rücken zudrehen. „Ich komme mit." kam es von ihm wie aus einer Kanone geschossen. „Nein, Steve. Man braucht dich hier.". „Nein, Natasha, Bruce, Tony, Clint und im schlimmsten Fall ist Thor auch da. „Cap, ich..." begann ich, doch er stoppte mich. „Egal was du tun willst, ich bin dabei.". Ergeben nickte ich dann. Eigentlich war ich sogar von Anfang an damit einverstanden, denn er brauchte das genauso sehr, wie ich es brauchte. Mit gepackten Sachen und unseren Uniformen stiegen wir in den Chevrolet. „Bist du sicher?" fragte ich den Captain noch einmal, woraufhin er nickte. Ich wusste, was das erste Ziel meiner Reise war: Kalifornien. Ich grinste etwas freudig und startete dann den Motor.
Wir fuhren bereits seit einigen Stunden, sodass die Sonne bereits untergegangen war. Plötzliche Müdigkeit überfiel mich, sodass ich rechts ran fahren musste. Ich sah auf den Beifahrersitz, da es seit einigen Minuten still war. Steve schlief. Sein Arm lehnte gegen die Scheibe des Fensters und sein Kopf bettete sich darauf. Ich lächelte bei dem Anblick. Nie hatte ich Captain America so ruhig erlebt. Gefühlt waren wir hier in der Wüste gelandet, denn rund um die Straße sah man nichts außer dürrer Landschaft. Also schaltete ich den Motor ab und legte meinen Kopf gegen die Lehne, bis ich dann einschlief.
Erschrocken schreckte ich auf, als sich etwas bewegte. Sonnenstrahlen verblendeten mir fast die Sicht. Langsam, dennoch spärlich, öffnete ich meine Augen. Ich lag immer noch in dem Sitz, aber nicht in meinem. „Guten Morgen." sagte Steve gut gelaunt, woraufhin ich ihn verwirrt ansah. „Du hast geschlafen und ich dachte, es ist gut, wenn wir schneller voran kommen, also habe ich dich auf den Beifahrersitz gelegt und bin weiter gefahren." erklärte mir der Mann. „Du hättest mich auch wecken könnten." gluckste ich noch schlaftrunken. Ich setzte mich dann ordentlich in den Sitz und schaute aus dem Fenster. „Wo sind wir?". „Grand Junction, Colorado." antwortete der Mann. „Woher weißt du...". „Instinkt." unterbrach mich der Mann. „Sagte Tony auch..." dachte ich laut und sank bei dem Gedanken an ihn, tiefer in den Sitz. Ohne Kommentare ließ Steve das im Raum stehen. Er konzentrierte sich aufs fahren und bog dann plötzlich in eine Seitenstraße. „Wir sollten eine Pause machen." schlug Steve vor und stieg aus dem Wagen. Ich tat es ihm gleich und kurze Zeit später betraten wir ein etwas zu teures Hotel, wenn ihr mich fragt.
„Warum hierher?" fragte ich den Mann, als er unser Zimmer aufschloss. Glücklicherweise hatte er ein Zimmer mit zwei Einzelbetten bekommen. „Es gehört einer Frau, die ich mal gerettet habe und sie sagte ich darf jederzeit hierher kommen.". „Captain America nutzt also Opfer aus.". „Das hast du jetzt gesagt." antwortete der Mann und erließ mir den Vortritt. Ich staunte nicht schlecht, als ich mich umsah. Die zwei Betten trennte bloß ein Nachtschränkchen und von dort hatte man einen unglaublich schönen Ausblick auf die Landschaft von Grand Junction.
„Du, Steve." begann ich nach einiger Zeit aus dem Fenster starren. Der Mann sah mich an. „Ich hab hier was für dich.". Ich kramte in meiner Tasche herum und hob ein Blister Tabletten aus meiner Jackentasche heraus. „Die hier.". Ich hielt dem Mann diese hin und er nahm sie an. „Fahren deinen Stoffwechsel runter. Sie verlangsamen also den Abbau von chemischen Stoffen wie Alkohol.". Fast schon diabolisch zwinkerte ich ihm zu. „Ich glaube nicht, dass ich die brauchen werde." lehnte der Mann ab. „Ich bin nicht weggefahren, um nur rumzusitzen, Steve.". Der Captain schluckte hart, seine Miene verweichlichte aber wieder. Dann steckte er sich die Tabletten, wenn auch widerwillig, ein.
„Was machen wir jetzt noch den ganzen Tag?" fragte mich der Mann, als wir in unseren Betten lagen. „Sei froh, dass wir heute nichts vorhaben." gab ich zurück. „Wie meinst du das?". Der Blonde legte sich auf die Seite und sah mich an. „Ich habe ein paar feindliche Basen ausfindig gemacht, die wir jetzt nach und nach auslöschen.". Ich weiß, ich zog das alles etwas ins Lächerliche, doch es tat gut. „Skye, du machst dir was vor.". „Was mache ich mir vor? Dass gerade jemand getötet wurde, der sowas wie ein Vater für mich war?" zischte ich. „Du versuchst dich verkrampft abzulenken." stellte er fest. „Richtig, Cap! Es ist mir aber egal, solange ich nicht daran denken muss. Halte mich davon ab und du bist tot." drohte ich. „Ich weiß nicht, Steve, wie du es ständig schaffst, an die schlechten Dinge zu denken, ohne dich abzulenken. Du solltest loslassen und mal ein Stückchen Freiheit genießen. Riechst du das? Mal nicht die verbrauchte Luft des Helicarriers oder eures Quartiers.". „Ich denke nicht daran, sondern ich versuche damit zurecht zu kommen.". „Das tust du nicht, Großer." antwortete ich lachend. „Ab heute machen wir, was wir wollen, bis wir wieder zurückkehren. Lass dich doch einmal fallen und hab Spaß." appellierte ich und stand mit Schwung aus dem Bett auf. Laut schnaufte der Mann, zeigte sich aber einsichtig. „Wie schaffst du das nur immer?" dachte er laut. „Wie schaffe ich was?". „Mich von allem zu überzeugen." antwortete der Mann. „Ich weiß, was das Richtige ist. Wir sollten uns ab jetzt aber bedeckt halten, bevor S.H.I.E.L.D. uns wieder einfängt." sagte ich rebellisch.
Der weitere Verlauf des Tages war sehr ruhig, bis wir uns schließlich nach stundenlangen Diskussionen schlafen legten.

Conflicts (Captain America FF)Where stories live. Discover now