acht🌱

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Ohne mich hetzen zu müssen, schloss ich mein Fahrrad schließlich auf dem Innenhof an und atmete kurz durch.
Hier würde ich erst in vier Zeitstunden wieder vorbeikommen, denn mein Studium sollte meine ungestörte Aufmerksamkeit erhalten.

Ich öffnete meine Augen, die ich für einen kurzen Moment geschlossen hatte und suchte die kleine Menge an Schülern nach Changbin ab, aber weil ich ihn auf dem Hof nicht finden konnte, beschloss ich einfach schon in den Hörsaal zu gehen.
Schließlich würde ich ihn spätestens dort sehen, die Vorlesung war für uns beide immerhin gleich relevant.

Ich hoffte nur, dass Changbin sich nicht erkältet hatte, sonst würde ich den Rest des Tages alleine verbringen.
Dabei bemerkte ich, dass diese Angst vollkommen unbegründet war, schließlich war es überhaupt nicht die Zeit für Erkältungen und als ich in den Saal trat, konnte ich ihn auch schon zwischen seinen Büchern erkennen.

Kurz nachdem ich mich auf dem Platz neben ihm niedergelassen hatte, begann auch schon der Professor mit dem Unterricht und sog meine Aufmerksamkeit auf wie ein Schwamm, denn während ich alles, was ich für wichtig hielt, aufschrieb, widmete sich Changbin einem kleinen Päckchen, dass er kurz vor der Stunde aus seiner Tasche gezogen hatte.

Nach der ersten Stunde fragte ich ihn dann, was er da die ganze Stunde schon trank, damit hatte ich ihn gestern nämlich nicht gesehen und neugierig wie ich war, musste ich natürlich alles wissen und hinterfragen, ich hoffte, Changbin würde mich dafür einfach nicht verurteilen.

Er zögerte einen Moment, fast so als hätte er meine Worte nicht verstanden, bis er verwirrt auf das kleine Päckchen in seiner Hand deutete, fragend, ob sich meine Frage darauf bezöge.

Und weil sie das tat, nickte ich sowohl aufmunternd, als auch neugierig, damit er mir endlich beantwortete, was ich wissen wollte.

Er zuckte nur kurz mit seinen Schultern und nahm einen Schluck aus dem Päckchen, bevor er mir auf die Frage unglaublich simpel antwortete:
„Ach das.. Das ist nur Milch."

Warum genau er die ganze Stunde lang an einfacher Milch trank und das vor allem so früh am morgen, wurde mir leider nicht beantwortet, weshalb ich nur skeptisch auf das Päckchen sah, das Changbin mittlerweile auf den Tisch gestellt hatte.

„Willst du auch was?",
Fragte er dann nach, offensichtlich hatte er meinen Blick falsch gedeutet.

Einen einzigen, kurzen Moment dachte ich sogar ernsthaft über seine Frage nach, während mein Blick noch immer auf die kleine Packung Milch gerichtet war.

Aber nein.
Das würde ich nicht tun, ich würde Changbins Milch nicht trinken, es gab viel zu viele Argumente dagegen, die mir alle nacheinander durch den Kopf schossen.

Das war Changbins Milch, ich hatte nicht das Recht zu zu trinken.

Wenn ich trinken würde, wo würde die Verpackung dann landen? Würde sie tatsächlich recycelt oder verbrannt?

Bilder von kleinen Kälber in schlechtem Zustand, die nach ihrer Mutter schrien-

Bilder von Milchkühen, deren Euter fast zu platzen schienen-

Spritzen, bis zum Rand gefüllt mit Antibiotika-

Hormone, damit diese verdammte Milch dem Menschen bekömmlicher war-

All das brannte sich in meinen Kopf.

Diese Milch war nicht für mich bestimmt.
Sie sollte dem Kalb gehören.

Der Gedanke an die ganze Laktose, die meinen Zuckergehalt vollkommen aus dem Rhythmus bringen würde, schnürte mir fast die Kehle zu.

Milch war ungesund und ich würde nie wieder auch nur einen einzigen Schluck trinken.

„Nein.",
Antwortete ich Changbin, während meine Hände sich zu Fäusten ballten und ich meinte dieses einzige Wort genau so, wie ich es sagte.

Nein.
Nie wieder.

Orthorexia - 42 || ChangLix ||Where stories live. Discover now