•Kapitel 29•

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Jungkook

„Bunny, kommst du? Wir verpassen sonst den Bus."

Tae und ich liefen schon ein paar Stunden durch London und nun wollten wir nach Notting Hill auf den langen Markt, der wirklich wundervoll sein sollte.

Ich aber machte die ganze Zeit noch Fotos von unserer Umgebung am Big Ben. Die Stadt war wirklich beeindruckend und groß. Ich liebte es die Zeit damit zu verbringen die Gebäude zu betrachten und ein paar Fotos für die Familie zu schießen.

Einige Leute waren in Eile, während sich andere gemächlich fortbewegten. Kinder hielten sich an den Händen ihrer Eltern fest, Hunde schnüffelten interessiert an manchen Leuten herum und die Autos fuhren alle auf der anderen Straßenseite.

Es war einzigartig.

Und eben das musste ich festhalten.

So bemerkte ich gar nicht, dass Tae schon vorauslief und ich mit ein paar Schritten rückwärts einer Person näher kam. Ich zoomte auf die große Uhr von Ben heran und machte ein schnelles Foto, welches ich mit einem Lächeln betrachtete, als ich diese Person anrempelte.

Erschrocken drehten wir uns zueinander um und sahen uns kurz an.

Es war eine junge Koreanerin, nicht viel älter als ich. Sie hatte langes blondes Haar und einen roten Lippenstift, der ihren Mund noch voller wirken ließ, und war nur einen Kopf kleiner als ich. Ihre Augen wurden von schwarzen Eyeliner umrandet und ließ ihre Iris nur noch dunkler wirken. Sie trug einen weinroten Blazer und ein schwarzes, knielanges Kleid, welches ihrer schlanken, aber nicht zu dünnen, Figur sehr schmeichelte.

Sie war wirklich schön, so weit ich es als Nicht-Heterosexueller sagen konnte.

Aber sie hatte auch irgendetwas vertrautes. Ich wusste nicht was es war, doch sie kam mir bekannt vor.

Ihr Gesicht...

Doch noch bevor ich sie weiterhin sprachlos und etwas verwirrt ansehen konnte, erinnerte ich mich daran, was gerade passiert war.

„E-Entschuldigen Sie!"

Ihr ebenfalls überraschtes Gesicht wandelte sich in ein sanftes Lächeln um und sie winkte ab.

„Kein Problem, ich habe auch nicht aufgepasst. Nur gut, dass keiner von uns umgefallen ist.", lachte sie leicht, woraufhin ich nervös mit einstieg.

„Geht es Ihnen denn gut? Ist irgendwas runtergefallen?", fragte ich trotzdem nochmal nach.

„Nein, alles bestens. Aber ich muss mich empfehlen, die Arbeit ruft!", lächelte sie mich freundlich an. „Die Touristen wollen immerhin ins Museum."

„Oh Sie arbeiten in einem Museum?"

Das wäre auch noch etwas, das ich mir gerne ansehen würde. Vielleicht würde Tae ja gerne mit mir dahin.

„Ja, im Natural History Museum. Es ist eines der besuchten Museen hier in London.", erzählte sie stolz, woraufhin ich ihr ein Lächeln schenkte.

„Das muss unglaublich sein! Ich werde es mir gerne mit meinem Freund ansehen."

„Ihren Freund?", fragte sie und zog eine Augenbraue nach oben, schien aber eher überrascht, als entrüstet.

„Ja, wir machen Urlaub hier. Er-"

„Kookie!", hörte ich meinen Blauhaarigen Schatz nach mir rufen und drehte mich in seine Richtung.

Er quetschte sich durch die Leute und erst da fiel mir auf, dass er sich wohl Sorgen gemacht haben musste, weil ich nicht gleich hinter ihm war.

„Tae!", rief ich ihm entgegen und hielt die Hand hoch, damit er mich finden konnte.

Erleichtert, aber immer noch bestürzt kam er auf mich zu und umarmte mich sofort, sodass er mit dem Rücken zu der netten jungen Frau stand.

Oh nein! Ich wollte nicht, dass er Angst hatte, mich aus den Augen zu verlieren. Ich wusste ganz genau, dass er darüber nachdachte, als ich seinen zitternden Körper spürte.

Ich legte meine Arme fest um seinen Rücken und hielt ihn bei mir. „Entschuldige, ich habe nicht aufgepasst und weiter Fotos gemacht. Ich hätte bei dir bleiben sollen.", flüsterte ich beruhigend an seine Schulter.

„Ich habe mir Sorgen gemacht.", meinte er schwer atmend.

Leicht nickte ich. „Ja, das hab ich mir schon gedacht, aber es ist alles gut."

Wir lösten uns voneinander und lächelten uns an. Tae legte seine Hände an meine Wangen und streichelte kurz darüber. Dann gab er mir kurz einen Kuss, bei dem ich die Augen schloss.

„Ich bin außerdem in jemanden reingerannt.", sagte ich und machte auf die junge Frau aufmerksam, die immer noch dastand. „Nochmals Entschuldigung. Wie heißen Sie noch glei-"

„Tiana!"

Taehyungs erschrockener Gesichtsausdruck fiel mir erst jetzt auf und als ich zu der Blonden sah, waren auch ihre Augen ungläubig geweitet.

„Tae?"

Verwirrt musterte ich ihre Gesichter. Also das fühlte sich nicht so prickelnd an nichts zu wissen, vor allem als sich Taes Ausdruck verdunkelte.

Sie kannten sich, so viel stand fest. Die Frage war nur: woher?

Zögerlich nahm ich die Hand meines Freundes, der seine Finger sofort mit meinen verschränkte.

Zum Glück, ich dachte schon, dass er einfach davonstapfen oder mich ignorieren würde. Obwohl das nicht mein TaeTae ist.

„Liebling, alles in Ordnung?", fragte ich ihn leise, sodass nur er es verstand.

„Nein, nichts ist in Ordnung.", knurrte er, sein Blick richtete sich starr geradeaus, er sah weder mich noch die junge Koreanerin an, die er Tiana nannte.

„Taehyung.", seufzte sie, nachdem sie sich anscheinend etwas gefasst hatte. Sie legte ihre Hände übereinander und guckte meinen Freund erwartungsvoll an. „Ich hätte nicht gedacht, dass du-"

„Dass ich in London bin?", schnaubte er.

Okay, so wie er sie ansah musste es irgendetwas schlimmes gewesen sein, dass sie verband. Dabei fiel mir allerdings nur eine Person ein und das wäre weniger gut...

„Dass du so gut aussiehst."

Schluckend verkrampfte ich mich. Ich wusste nicht mal, ob ich eifersüchtig sein durfte!

„Vergiss es, Tiana. Das zieht nicht bei mir. Das haben Mum und Dad vielleicht bei dir und Lee geschafft, aber nicht bei mir."

Also war sie doch seine Schwester!

Sie musste es einfach sein, denn jetzt fiel mir auch die Ähnlichkeit auf und warum sie mir so bekannt vorkam. Die beiden waren einander sinngleich vom Aussehen her, außerdem hatte mir Tae schon mal ein Foto von ihr gezeigt.

Ich hätte nur nie gedacht, dass ich mir ihr Gesicht einprägen müsste, weil wir einander tatsächlich begegnen würden. In London!

Sie lächelte schwach. „Immer noch der Alte, wie ich sehe."

Dann drehte sie sich zu mir und schaute zwischen uns beiden hin und her, bevor ihr Blick an unseren verschränkten Händen kleben blieb. Ihr Lächeln bröckelte kurz ein wenig, bevor sie sich wieder fasste und nach oben sah.

„Sag mir, Bruder, willst du mir nicht deinen Freund vorstellen?"

„Was geht dich mein Leben noch an, Nana?" Seufzend drehte er sich zu mir und blickte mir kurz zurückhaltend in die Augen. Aber als ich ihm  meine Aufmerksamkeit schenkte, sprach er wieder. „Kookie, das ist meine Schwester."

Stigma [TAEKOOK]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt